Olaf Michel: „Morbus Menière und verwandte Gleichgewichtsstörungen“; Thieme Verlag, Stuttgart-New York, 1998, 298 Seiten, ISBN 3-13-104091-2. Zu beziehen über den Buchvertrieb des Median-Verlages.
Die anfallsartig auftretende Trias von Schwindel, Hörminderung und Ohrgeräusch wurde von Prosper Menière als eigenständiger otologisch verursachter Symptomenkomplex erkannt und dem Fachpublikum in der Gazette médicale de Paris 1861 vorgestellt. Es ist das Verdienst von Privatdozent Dr. med. Olaf Michel, die seither zahlreich erschienenen Veröffentlichungen zum Thema in einer in dieser Form einmaligen deutschsprachigen Monographie zusammengestellt zu haben, die neben den medizinischen Aspekten der Erkrankung auch deren kulturhistorische Bezüge in äußerst interessanter Form vorstellt. So wird der Leser nicht nur in die korrekte Schreibweise des M. Menière eingewiesen, ein unter Otologen heias diskutiertes Thema, er erfährt auch von biographischen Berichten über:
- Julius Caesar,
- Martin Luther,
- Jonathan Swift und
- Vincent van Gogh,
die diese als vermutliche M. Menière-Erkrankte ausweisen. Der medizinische Hauptteil des Buches wird anatomisch und physiologisch eingeleitet, gefolgt von einer dezidierten Beschreibung des endolymphatischen Hydrops sowie experimenteller Forschungsansätze zur pathogenetischen Klärung des M. Menière. Die Beschreibung klinischer Erscheinungsformen nimmt Bezug auf die aktuellen diagnostischen Verfahren audiovestibulärer Störungen, wobei verwandte, d.h. vermutlich mit dem M. Menière assoziierte Krankheitsbilder ebenso umfassend Berücksichtigung finden wie die differential-diagnostisch abzugrenzenden Erkrankungen. Die pathogenetischen Modellvorstellungen des M. Menière werden nachfolgend weiter spezifizierend herausgestellt, bevor die breite Palette verlassener, diskutierter und zur Anwendung empfohlener konservativer und chirurgischer Therapiemodalitäten in kritischer Form vorgestellt werden. Dem Problemkreis medizinischer Begutachtung widmet der Autor ein eigenes Kapitel. Insgesamt bietet die Monographie dem schnellen Leser äußerst informative tabellarische Übersichten zur Orientierung an, während der speziell interessierte Leser annähernd 50 Seiten Literaturangaben für weitergehende Recherchen nutzen kann. Für die Praxis hilfreich sind auch die vom Autor zusammengestellten Post- und Internet-Adressen, der mit dem M. Menière befassten Informationsdienste und Hilfsorganisationen.
Die hier vorgestellte Monographie spannt einen grossen Bogen von den historischen Ursprüngen des Symptomenkomplexes, über dessen bisherige Erforschung und klinische Erscheinungsformen bis hin zu den vieldiskutierten und weiterhin aktuellen Behandlungsformen. Aufgrund der Übersichtlichkeit ihrer Konzeption ist diese sehr fachkompetent geschriebene und spannend zu lesende Monographie für ein breites Fachpublikum eine ausserordentlich empfehlenswerte Lektüre.
Quelle: Christiane Neuschaefer-Rube
Unser Versprechen: wieder stärker verbunden als normalhörend!