Wolfgang Wendlandt: Sprachstörungen im Kindesalter. Materialien zur Früherkennung und Beratung. 3. aktualisierte Auflage, Thieme, Stuttgart 1998, 138 Seiten, ISBN 3-13-778503-0.
Die 3., nun überarbeitete Auflage innerhalb so kurzer Zeit weist darauf hin, welch grosser Bedarf an praxisrelevanten Arbeitsmaterialien und Modellen zur Früherkennung und Beratung bei Störungen des Sprechens und der Sprache im Kindesalter besteht. Da „Sprachexperten“ meist erst dann gefragt werden, wenn das Kind bereits „in den Brunnen gefallen ist“ formierte sich ein interdisziplinäres Expertenteam zu einer „Arbeitsgruppe Prävention“ mit dem Ziel, Informationen aus der Fülle von vorliegenden Fachbüchern zu bündeln und aufzuzeigen, wie Eltern, psychosoziale Fachkräfte und Ärzte erkennen können.
- …ob eine kindliche Sprach- und Sprech-Auffälligkeit vorliegt,
- …ob es sich um eine Störung handelt, bei der eine Beratung bzw. eine Behandlung des Kindes notwendig ist und
- …in welcher Weise eine gezielte Sprachförderung bei den betroffenen Kindern durchgeführt worden kann.
Um dieses Ziel zu erreichen, wurde Fachwissen aus den Bereichen
- Logopädie,
- Sprachheilpädagogik,
- Psychologie,
- Pädagogik und
- Medizin
in übersichtlicher und anschaulicher Weise zusammengestellt, so dass die vermittelten wissenschaftlichen Erkenntnisse auch von Laien sehr gut nachzuvollziehen sind. Der 1. Teil bietet eine kurze Einführung,
gefolgt von Teil 2, der Materialien zur Früherkennung und Beratung enthält, diese sind als Grundlage für Informations-Veranstaltungen geeignet und vermitteln Basiswissen über
- die kindliche Sprachentwicklung,
- die Bedeutung des Hörens für das Sprechen,
- Störungen des Sprechens und der Sprache sowie
- deren Ursachen,
- Sprachförderung,
- Sprachauffälligkeiten bei ausländischen Kindern und
- Hinweise zu Fachleuten,
- Institutionen und
- Finanzierung.
Im 3. Teil werden Übungen dargestellt, die zur Eltern-Gruppenarbeit und zum Multiplikatoren-Training eingesetzt werden können, um die Inhalte einzelner Bausteine von Teil zwei anschaulich und einprägsam erfahrbar zu machen. Die konkret gefassten Anweisungen zu den einzelnen Übungen lassen die fundierte Praxiserfahrung sichtbar werden, die bei deren Zusammenstellung Pate stand; gleichzeitig ermuntern sie dazu, selbst Erfahrungen in der präventiven Arbeit zu sammeln.
Im 4. und letzten Teil wird über die Entwicklung der Materialien und ihren bisherigen Einsatz berichtet, gefolgt von 5 Literaturlisten zu verschiedenen Themenschwerpunkten. Selbstverständlich fehlt am Ende dieses didaktisch hervorragend aufgebauten Buches nicht ein Sachverzeichnis, so dass beim Leser fast keine Wünsche offen bleiben. Aus dem Blickwinkel meiner systemischen und ressourcenorientierten therapeutischen Grundhaltung wurde mir die verhaltens-therapeutische und gesprächs-psychotherapeutische Sichtweise des Autors, die das Buch wie ein roter Faden durchzieht sehr deutlich. Als Kritik sei genannt, dass dabei die ganzheitliche Sichtweise des Sprachgeschehens als zirkuläre, eben sich wechselseitig bedingende Interaktion des sprachlich-kommunikativen Handelns zu kurz kommt. An einigen Stellen gelang es mühelos, die systemische Sichtweise in Gedanken zu ergänzen; sie fehlte aber an anderen Stellen spürbar, so bei den Ausführungen zum Spracherwerb, als auch bei der Auswahl der Übungen. Dennoch kann diese Kritik kaum den Wert dieser überaus lesenswerten, informativen und gut strukturierten Arbeit schmälern, die zur Genüge das selbstgesetzte Ziel erfüllt, eine Lücke zwischen Experten, psychosozialen Helfern und Laien zu schliessen, und somit jedem an dem Thema kindlichen Spracherwerbs Interessierten empfohlen wird.
Quelle: Ursula Bülow-Beermann
Unser Versprechen: wieder stärker verbunden als normalhörend!