Völlig losgelöst
Da selbst die besten Hörgeräte heute immer noch kein 2. Gehör sind, wird für verschiedenste Anwendungen zahlreiches Zubehör angeboten, um den Menschen mit Hörminderung eine Erleichterung zu schaffen. Telefone, die so laut sind, dass ein Mithören für Normalhörende auch ohne Lautsprecher möglich ist, zusätzlich mit speziellem Induktionsfeld für die Benutzung der sogenannten Telefonspule, die, eingebaut ins Hörgerät, beste Verständlichkeit garantiert, wenn sie denn nur vorhanden ist.
Lichtblitz-Systeme für die Türklingel, die einen auch dann noch ansprechen, wenn die Hörgeräte zum Duschen gerade abgenommen wurden, und sogenannte FM-Anlagen sind nur einige Beispiele.
FM-Anlagen sind Funksender mit entsprechenden Empfängern, die mittels der sogenannten Frequenzmodulation (FM) ein Signal übertragen. Aus dem Autoradio hören wir täglich, wie gut FM-Funksender den „Mambo No.5“ übertragen können, insofern ist es naheliegend, diese Übertragungs-Qualität auch für die Hörgeräte zu nutzen. Was Frequenzmodulation ist soll hier nicht Thema sein, könnte aber eine interessante Bereicherung für den nächsten Spieleabend mit Freunden sein, wenn pantomimisch Begriffe dargestellt werden sollen.
Alle Hörgerätenutzer wissen, dass leider ab einer gewissen Entfernung andere Sprecher nicht mehr verstanden werden können. Je nach Art des Hörverlustes und in Abhängigkeit der Hörgeräte-Versorgung kann oft schon nach wenigen Metern nur noch erahnt werden, was gesagt wurde. Bei manch einem Redner kann dies eine angenehme Begleiterscheinung sein, meist ist es aber eher störend. In der Schule, z.B. wenn der Lehrer nach dem Beginn des 30-jährigen Krieges fragt, und freudestrahlend „10 Uhr, 45“ geantwortet wird. Da in Schulklassen oft eine schlechte Raumakustik herrscht, die das Verstehen zusätzlich erschwert, gleichzeitig aber die Lehrer oft über mehrere Bankreihen hinweg verstanden werden müssen, werden hier gerne FM-Funkanlagen eingesetzt, um die Hörgeräte in ihrer Funktion zu unterstützen.
Keiner versteht mich!
Gerade wenn ein fehlhöriges Kind nicht in eine Schwerhörigenschule, sondern in den Schulbetrieb der Normalhörenden eingeschult wird, ist mit besonderen Schwierigkeiten zu rechnen. Da hier die Lehrer meist nicht um die besonderen Hörbedingungen bei Nutzung von Hörgeräten wissen, wird vieles falsch gemacht. Ständiges Auf- und Abgehen (gibt es für Lehrer eigentlich auch Kilometergeld?) hat ständig wechselnde Lautstärke der Lehrerstimme am Hörgerätemikrofon zur Folge. Und wenn das Kind kein voll-automatisches Hörgerät trägt, hat es die Wahl, entweder nicht mehr mitzuschreiben und statt dessen wie ein Parkinson-Kranker ständig die Hände an den Lautstärkereglern auf und ab zu bewegen oder eben immer dann, wenn der Lehrer wieder weiter weg ist, auf seine salbungsvollen, inhaltsschweren Worte zu verzichten.
Auch die Angewohnheit vieler Pädagogen, mit dem Gesicht zur Tafel die Unterrichtszeit zu verbringen, kann speziell in der Oberstufe immer wieder beobachtet werden. Das mit Hingabe zelebrierte Herleiten endloser mathematischer Formeln – die dreifach gefaltete Fast-Fourier – Transformation mit Monte Carlo – Simulation bei spezieller Extremwert-Betrachtung unter Einbeziehung fluktuierender Randbedingungen – schon sind 45 Minuten vorbei und der Klasse musste nicht einmal in die Augen geguckt werden. Da die erklärenden Worte des Pädagogen im Kreidestaub auf der Tafel verschluckt worden sind, und dass das sonst so hilfreiche Absehen von den Lippen nicht möglich ist, wurde vergessen und ist für die/den Hörgeräte-Nutzer:in eine Katastrophe.
Das Sitzen auf der Fensterbank, besonders lässig, ermöglicht ausserdem den Blick nach draussen, kann auch immer noch als lehrertypisch eingestuft werden. Dabei sollten alle, die den Bio-Unterricht durchlaufen haben, wissen, dass sich unsere Augen, dank einer Art automatischer Belichtungsmessung, auf die jeweils hellsten Lichtintensitäten einstellen.
Und so wird dann mittels der Hell-/Dunkel-Adaption in den Augen der Schüler, auch bei direktem Ansprechen der Klasse, durch das helle Hintergrundlicht das schon erwähnte Absehen von den Lippen sicher verhindert werden.
Findet dann noch der Unterricht in besonders lärmintensiven Situationen wie in Sport oder Musik statt ist das normale Hörgerät völlig überfordert.
In allen diesen Situationen hilft die FM-Anlage. Der Lehrer bekommt den Sender, ein wenige cm kleines Kästchen, das an einem speziellen Gurt oder auch in der Hosentasche getragen wird. Gespeist von Akkus oder Batterien überträgt er die Lehrerstimme, die wiederum von einem am Revers getragenen Mikrofon aufgenommen wird. Genauso wie wir es aus zahlreichen Talkshows kennen, in denen der Moderator, ohne ein Mikrofon in den Händen halten zu müssen, bestens zu verstehen ist. Anders, als in der Talkhow sind jetzt allerdings nicht Millionen Fernsehzuschauer die Empfänger, sondern die Träger der Hörgeräte. Diese sind nämlich per Kabel mit den FM-Empfängern (auch am Gürtel) verbunden und erleben nun den Lehrer live und in bester Sendequalität. Und zwar auch wenn dieser gerade wieder auf Wanderschaft ist, rituelle Beschwörungen der Wandtafel vornimmt oder sich einfach nur auf der Fensterbank sonnt.
Der Vorteil: die Lehrerstimme ist immer so laut, als würde direkt ins Hörgeräte-Mikrofon gesprochen. Distanzen werden überbrückt, Nachhall und Störgeräusche im Klassenraum stören nicht und es gibt auch keine Pegelschwankungen beim Durchschreiten der heiligen Hallen.
Nun gibt es inzwischen FM-Anlagen, deren Empfänger so klein wie ein Eurostecker ist. Sehr zur Freude aller Anwender, da somit das extra Kästchen am Gürtel entfällt und auch kein sichtbares Kabel ins Hörgerät mehr nötig ist.
Und so werden diese Miniempfänger auch gerne von aktiven Hörgeräte-Trägern eingesetzt, um z.B. während einer Konferenz zu verstehen, warum der Aktienkurs im fernen Tokyo oder New York gerade explodiert. Dann wird nämlich das Funkmikrofon an den Vorstandsvorsitzenden gegeben, der freudig hineinspricht, weil er glaubt, die „Financial Times“ sitze vor ihm.
Für Schulklassen oder gerade für Schwerhörigen-Schulen sind allerdings umfangreiche Ausstattungs-Listen notwendig, damit unter diesen schwierigen Bedingungen eine FM-Anlage sinnvoll eingesetzt werden kann.
Die FM-Anlage in der Schule
Hier steht an vorderster Stelle möglichst grosse Reichweite, damit auch auf dem Sportplatz beim Sommerfest die Ansprache des Rektors und natürlich der Beitrag der Schülervertretung problemlos übertragen werden kann. Des weiteren ist eine freie Wahl der Sendefrequenz notwendig, da es beim Funkbetrieb häufig Einstreuungen anderer Signale geben kann. Diese können von „Störsendern“, also anderen Funkquellen wie weiteren FM-Anlagen oder Fernseh- bzw. Hörfunk-Stationen herrühren. Ebenso sind immer wieder Funklöcher zu finden. Das Phänomen kennt jeder Autofahrer: Radiohörend an der Ampel ist plötzlich der Empfang grausam schlecht und stark verrauscht – wird nur einen halben Meter vorgerollt, ist der Empfang wieder klar und deutlich.
Sowohl Funklöcher wie Störsender-Einflüsse lassen sich in der Praxis durch einfaches Umschalten der Sendefrequenz eliminieren.
Je nach Einsatzort sollten Kopf-, Kragen-, Konferenz- oder Revers-Mikrofone anschliessbar sein, und die Möglichkeit zum Team-Teaching (zwei Lehrer mit je einem Sender in einer Klasse) müssen ebenfalls gegeben sein. Kompatibilität zu bereits bestehenden FM-Anlagen, aber auch zu möglichst allen Hörgeräten, wie auch den immer häufiger genutzten Cochlea-Implantaten sollten eigentlich selbstverständlich sein. Zusätzliche Optionen wie Audioausgang am Empfänger, um das gesprochene Wort aufzunehmen (vorher um Erlaubnis bitten!), runden die immer noch nicht vollständige Liste ab. All diese Anforderungen lassen sich nur mit den „grossen“ FM-Anlagen, die auch nur 2 x 5 x 7 cm klein sind, erfüllen. Hier stört aber oft das Kabel.
Sei es bei Kleinstkindern, die sich im Kabelsalat verheddern, beim berühmten Zappelphilipp, der ständig das Kabel abreisst, oder auch nur beim pubertierenden Girlie, dem sowieso alles peinlich ist, was die Jungs abschrecken könnte. In all diesen Fällen hilft Telemagnetix.
Das ist nicht etwa ein unbeugsamer Gallier mit einem speziellen Anti-Kabel – Zaubertrank, sondern ein neues patentiertes Signalübertragungs-System.
Achtung Technik: TMX – Telemagnetix
Die US-Firma Phonic Ear, die als erste FM-Anlagen für Fehlhörige entwickelt hat und in diesem Segment weltweit der absolute Marktführer ist, hat TMX erfunden.
Mit Telemagnetix wird eine problemlose, störungsfreie Sendetechnik vorgestellt, die mit wenigen Komponenten auskommt, einen geringen Stromverbrauch hat und die nicht unter Lautstärke-Schwankungen leidet.
Das Prinzip ist relativ einfach
An den normalen Solaris-Empfänger, der alle vorgenannten Voraussetzungen für den Schulbetrieb hat, wird eine spezielle Kragen-Ringschleife angeschlossen. Diese enthält den TMX-Sender und kann wunderbar unter der Kleidung versteckt werden.
Am Audioschuh des Hörgerätes braucht nun nur ein TMX-Pin in der Grösse eines Eurosteckers angeschlossen zu werden, und schon ist drahtlos eine Verbindung zum Lehrer hergestellt, auch bei „ritueller Wandbesprechung“.
TMX für alle, für alle ab 0,9 Volt!
Mehr Spannung braucht der TMX-Pin nicht, mehr muss der Audioeingang nicht liefern.
Ganz wichtig: die anti-monopolistische Fraktion hat sofort bemerkt, dass dieser TMX-Pin in jeden Euroeingang eines jedes Hörgerätes passt.
TMX kann also gemeinsam mit allen Hörgeräten dieser Welt – Woodstock lässt grüssen – genutzt werden. Einzige Voraussetzung: Das Hörgerät muss einen Audioschuh haben, der die Batteriespannung für die TMX-Nutzung liefert. Und alle führenden Hörgeräte-Hersteller liefern bereits solche Audioschuhe. Die Techniker werden anmerken, dass die meisten Hörgeräte mindestens 1,0 Volt benötigen, um überhaupt sprechen zu können; TMX kann auch mit noch weniger Spannung Spannendes erzählen.
Wie TMX funktioniert
Die TMX – Kragen-Ringschleife arbeitet als ein Puls-Breitenmodulator. Grausames Wort!
Die Grundidee ist, dass eine fixierte Sendefrequenz mit einen 1 kHz Sinussignal von der Kragen-Ringschleife erzeugt wird. Im 40 kHz-Takt wird diesem Sinussignal ein in der Breite variierender Impuls zugemischt, das ist die eigentliche Puls-Breitenmodulation. Im 1 Sekunden-Takt wird diese Sendeleistung überprüft.
Der im Audioschuh des Hörgerätes sitzende TMX-Pin decodiert dieses puls-breitenmodulierte Signal. Da jetzt der eigentliche Signalinhalt in der Breite der einzelnen Pulse liegt ist die Intensität gleichgültig. Praktisch bedeutet dies, dass Leistungs-Schwankungen, wie sie durch Kopfbewegungen und die damit unterschiedlich guten Empfangsbedingungen hervorgerufen werden, keinen Einfluss auf die Signalübertragung haben.
Der Decoder entschlüsselt die Breite der einzelnen Pulse, wandelt diese Information um und im Hörgerät ist das normale Audiosignal zu hören.
Ist das nicht eine normale Kragen-Ringschleife?
Die typischen Induktionsschleifen, die – um den Hals getragen – ein Signal in das Hörgerät via Telefonspule liefern sollen, haben viele Nachteile. Die Induktionsspule im Hörgerät fängt den gesamten Elektrosmog der Umgebung auf und der macht sich mit Brumm-Geräuschen im Gerät bemerkbar. Insofern könnte die Telespule ein neues Einsatzfeld bei Esoterik-Seminaren finden, wenn dann die „Elektrosmog-freie“ Zone gesucht wird.
Gleichzeitig gibt es große Leistungs-Schwankungen bei Kopfbewegungen, weil die Empfängerspule nicht im optimalen Winkel zur Kragen-Ringschleife sitzt. Die Folge ist, dass in Deutschland solche Induktionsschleifen kaum noch eingesetzt werden.
Und da setzt TMX an. Keine Leistungsschwankungen, keine störenden Brummgeräusche. Rein messtechnisch betrachtet ist die Übertragungsqualität mit TMX die gleiche wie über ein Kabel – aber eben ohne Kabel.
Autor: Dipl.-Ing. Horst Warncke
Unser Versprechen: wieder stärker verbunden als normalhörend!