Gewährleistung und Garantie bei Hörgeräten (To be Insider in 6 Minute n)

Kein kleiner Unterschied

Am 7. Juli 1999 ist die „Richtlinie 1999/44/EG zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüter-Kaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter“ inkraft getreten. Die Regelungen dieser sogenannten Garantierichtlinie haben im Markt für Hörgeräte für eine gewisse Verwirrung gesorgt. Aus diesem Grund erscheint es sinnvoll, an dieser Stelle die Regelungen für Gewährleistung und Garantie bei Hörgeräten zu erläutern. Dabei ist besonders die Unterscheidung der Begriffe Gewährleistung und Garantie zu beachten.

Die Gewährleistung

Nach deutschem Kaufrecht haftet der Verkäufer einer Ware dem Käufer für die Mangelfreiheit der Ware. Dies bedeutet, dass die Ware bei der Übergabe an den Käufer dem vertraglich vereinbarten Soll-Zustand entsprechen muss. Weicht der tatsächliche Zustand der Ware vom vereinbarten Zustand ab, haftet der Verkäufer für diesen Mangel. Massgeblich ist hierfür der Zustand der Ware bei der Übergabe an den Käufer.

Nach den Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gilt für diese Haftung eine Frist von 6 Monaten. Macht der Käufer in dieser Frist einen Mangel geltend, hat er prinzipiell das Recht, vom Kauf zurückzutreten (Wandlung) oder den Kaufpreis entsprechend zu mindern (Minderung). Bei Serienprodukten kann der Käufer sich ausserdem auch für eine Ersatzlieferung entscheiden. Zu beachten ist aber, dass Waren oder Teile von Waren, z.B. Verschleißteile, die eine Lebenserwartung von < 6 Monaten haben, entsprechend kürzeren Gewährleistungsfristen unterliegen. Auch hier gilt aber, dass die Ware bei der Übergabe an den Käufer mangelfrei sein muss.

Daneben hat es sich in der Praxis eingebürgert, den Mangel im Wege einer Nachbesserung (Reparatur) zu beheben. Diese Möglichkeit bedarf aber einer Vereinbarung im Kaufvertrag. Die ursprüngliche Gewährleistungs-Frist verlängert sich um die Zeit, die für die Nachbesserung notwendig war. Schlägt die Nachbesserung auch beim 2. Versuch fehl, leben die ursprünglichen Rechte des Käufers auf Wandlung bzw. Minderung wieder auf.

Die Garantie

Im Gegensatz zur Gewährleistung handelt es sich bei der Garantie um eine freiwillige Zusatzleistung des Verkäufers. Die Ausgestaltung des Inhaltes und der zeitlichen Dauer der Garantie sind dem Verkäufer überlassen. Direkte gesetzliche Regelungen für die Garantie gibt es nicht. Allerdings ergeben sich aus dem Wettbewerbsrecht einige Einschränkungen für die Ausgestaltung von Garantien.

Eine Garantie deckt im Gegensatz zur Gewährleistung in der Regel auch Mängel ab, die erst nach der Lieferung der Ware an den Käufer auftreten. Wichtig ist es deshalb, die zeitliche Dauer der Garantie sowie Art und Umfang der Garantieleistungen zu kennen. Alle diese Elemente können vom Verkäufer frei festgelegt werden.

Die Aberenzung von Gewährleistung und Garantie

Im täglichen Leben werden die Begriffe Gewährleistung und Garantie nicht unterschieden. Im Geschäftsverkehr ist der Unterschied aber sehr wohl bedeutsam. Die Gewährleistung soll sicherstellen, dass der Käufer die vertraglich vereinbarte Ware erhält. Deshalb ist die Gewährleistung auch auf Mängel beschränkt, die bei der Übergabe der Ware an den Käufer bereits vorhanden waren, und gesetzlichen Regelungen unterworfen.

Mit der Garantie gibt der Verkäufer dem Käufer dagegen ein freiwilliges, weitergehendes Leistungsversprechen, das zeitlich und/oder inhaltlich über die Gewährleistung hinausgeht. In der Ausgestaltung dieses Leistungsversprechens ist der Verkäufer frei. Als Teil des Kaufvertrages ist dieses aber für den Verkäufer bindend.

Die EU-Richtlinie über Verbrauchsgüter-Käufe

Die seit Juli 1999 geltende EU-Richtlinie über Verbrauchsgüter-Käufe vereinheitlicht die Gewährleistungs-Ansprüche von Verbrauchern beim Kauf von Verbrauchsgütern. Die Regelungen der Richtlinie gelten demnach nur für private Endverbraucher, die Waren zur privaten Verwendung erwerben. Wie alle europäischen Richtlinien muss auch diese Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt werden, um in Deutschland rechtlich wirksam zu werden.

Diese Umsetzung in deutsches Recht muss bis zum 1. Januar 2002 abgeschlossen sein.

Solange die Richtlinie nicht in deutsches Recht umgesetzt ist, gilt deshalb die oben beschriebene Situation. Erst danach lassen sich die Auswirkungen der Richtlinie auf das Geschäftsleben in Deutschland beurteilen.

Die Auswirkungen werden wesentlich davon abhängen, wie der deutsche Gesetzgeber die Richtlinie in deutsches Recht umsetzen wird. Erst dann wird es möglich sein, über notwendige Änderungen im Geschäftsverkehr zu diskutieren.

Schon jetzt ist aber festzuhalten, dass die Richtlinie lediglich die Gewährleistungsfrist auf zwei Jahre verlängern wird. Nur hier ist gegebenenfalls eine Anpassung der geltenden Regeln zwischen den Herstellern von Hörgeräten und den Hörgeräte-Akustikern notwendig.

Auch eine verlängerte Gewährleistungs-Frist wird nur solche Mängel abdecken, die bei der Übergabe der Ware an den Käufer vorhanden waren. Die freiwilligen Garantien der Verkäufer sind von der Richtlinie dagegen nicht betroffen.

Für die Hörgeräte-Akustiker wie für die Hersteller von Hörgeräten wird es deshalb zukünftig notwendig sein, deutlich zwischen Gewährleistung und Garantie zu unterscheiden.

Autor: Hans-Peter Bursig

Hans-Peter Bursig ist stellvertretender Geschäftsführer des ZVEI, Fachverband Elektromedizinische Technik

 

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