Joachim M. H. Neppert: „Elemente einer akustischen Phonetik“, 4., vollständig neu bearbeitete Auflage. 349 Seiten, 86 Abbildungen und 18 Tabellen. Erschienen 1999 bei Helmut Buske VerlagsGmbH in Hamburg. Kartoniert. ISBN: 3-87548-154-2. Im Buchvertrieb des Median-Verlags erhältlich.
Das inzwischen in vierter, vollständig neu bearbeiteter Auflage erschienene Buch „Elemente einer Akustischen Phonetik“ von Joachim Neppert ist auf dem besten Weg, zum Klassiker der einführenden Literatur in die Phonetik zu werden. Ursprünglich entstanden aus Manuskripten für die Lehre am Phonetischen Institut der Universität Hamburg, ist es nach wie vor ausgerichtet auf die Belange von Studierenden verschiedenster Fachbereiche, die sich mit der Phonetik befassen. Mit beeindruckender Klarheit und Einfachheit wird das Themengebiet dem Leser nahegebracht, und selbst schwierige Begriffe werden häufig unter Zuhilfenahme von Beispielen aus der Musik anschaulich erläutert.
Bereits in der Einleitung wird deutlich, dass die Phonetik ein interdisziplinäres Forschungsgebiet ist. Wer sich damit befassen will kommt nicht umhin, sich grundlegende Kenntnisse
der Akustik,
der analogen und digitalen Signalanalyse,
der Anatomie und Physiologie der Sprechwerkzeuge sowie
des Hörorgans und – nicht zuletzt –
der Psychologie der Wahrnehmung anzueignen.
In den ersten beiden Kapiteln des Buches, die sich mit den psycho-akustischen Grundlagen sowie der Registrierung, Analyse und Interpretation von Sprechschall befassen, und auch im 9. und letzten Kapitel über Hören und Wahrnehmen gesprochener Sprache (welches man durchaus hätte vorziehen können), werden diese Grundlagen vermittelt.
Innerhalb dieser »Umrahmung« wird nun die eigentliche Phonetik erarbeitet. Ein Kapitel lehrt uns
wie Vokale entstehen,
wie die Glottis als Klanggenerator arbeitet,
was Formanten sind und
wie sie durch Lippenrundung, Kieferwinkelöffnung und Verengungen im Ansatzrohr beeinflusst werden.
Ein zweites befasst sich mit den Konsonanten: Frikative, Nasale, Liquiden und Approximanten, um nur ein paar Begriffe zu nennen, nichts bleibt hier unangesprochen. Und ganz wichtig: die Erläuterung der für das Sprachverstehen so bedeutsamen Transitionen, d.h. der Veränderung der Formantlage beim Übergang von Konsonanten zu Vokalen und umgekehrt.
Weitere Kapitel geben uns detailliert Auskunft über prosodische und suprasegmentale Merkmale des Sprechens sowie über die Stimmhaftigkeit. Hierbei werden Begriffe wie Intonation, Akzent, Ton, Quantität und Junktoren behandelt, aber auch para-linguistische, prosodische Merkmale wie Stimmung, Situation, Alters- und auch Gesundheits-Merkmale.
In einem Kapitel über die Akustik des linearen Sprechverlaufs wird insbesondere der Begriff der Ko-Artikulation erläutert und dessen Ursachen diskutiert.
Und schliesslich verbleibt noch ein Kapitel welches sich mit den akustischen Indizien der Sprechlaute befasst oder, anders formuliert, mit der Frage, an welchen akustischen Merkmalen wir welche Laute erkennen. Hier werden überwiegend klassische Untersuchungen zur Sprachperzeption vorgestellt, von denen man einmal gehört haben sollte. Aber „klassisch“ heisst hier leider auch alt, um nicht zu sagen veraltet. Zwar weist der Autor darauf hin, dass diese Untersuchungen praktisch alle mit synthetischem Sprachmaterial gemacht wurden und dass neuere Studien mit natürlich produzierter Sprache nur bedingt zu Übereinstimmungen führten, aber dabei belässt er es auch. Es bleibt dem Leser überlassen, sich aus der Bibliographie hierzu weitere Literatur zu suchen.
Allerdings ist er gänzlich auf externe Literatur angewiesen, falls er eine Darstellung der Anatomie der Sprechwerkzeuge – einmal abgesehen von einer Abbildung eines Sagitalschnitts des Ansatzrohres – oder des Kehlkopfs sucht. Dies ist um so erstaunlicher, da das Buch andererseits eine Abbildung des Hörorgans, ja sogar der zentralen Hörbahn beinhaltet.
In künftigen Auflagen wäre es deshalb wünschenswert, dass zusätzlich geeignete Abbildungen der Sprechwerkzeuge aufgenommen werden. Unterstützend für das Verständnis der Materie würde sich auch die Darstellung des Phonetischen Alphabets mit zahlreichen Beispielen im Anhang – am besten ausklappbar – auswirken.
Ungeachtet dessen hinterlässt das Buch einen überaus positiven Eindruck. Durch sein umfassendes Literaturverzeichnis sowie sein exzellentes Stichwortverzeichnis, bei dem die einzelnen Schlagworte zum leichteren Auffinden im Text kursiv gedruckt wurden, wird es nicht nur zum Lehr- und Lern-Buch sondern auch zum hilfreichen Nachschlagewerk, das man sich gerne griffbereit ins Bücherregal stellt.
Quelle: Doktor Armin Stock
Der Rezensent ist wissenschaftlicher Assistent am Institut für Psychologie der Universität Würzburg, In seiner Dissertation befasste er sich mit der Verständlichkeits-Relevanz, von Frikativ-Transitionen. Darüber hinaus ist er durch eine umfangreiche epidemiologische Studie über Aspekte des Tragens von Hörgeräten bekannt geworden.
In seiner aktuellen Forschung untersucht Dr. Stock in einem neuen Themengebiet den Einfluss der Intentionalität menschlichen Handelns auf den Erwerb verhaltenssteuernden Wissens.
Unser Versprechen: wieder stärker verbunden als normalhörend!