Presse-Meeting in München (To be Insider in 10 Minute n)

Im ansehnlichen Ambiente des Hotels „Bayerischer Hof“ in München hatte Siemens Audiologische Technik (S.A.T.) zu einer Pressekonferenz geladen, die primär für die Präsentation von »Signia« gedacht war, aber auch sonst noch einige Neuigkeiten und Informationen zu bieten hatte.

So stellte sich mit Dr. Roger Radke, 37, der seit Januar 2000 berufene neue Geschäftsführer von S.A.T. (und damit Nachfolger des die hierarchische Leiter in Deutschlands Nobel-Konzern weiter gestiegenen Dr. Valentin Chapero), erstmals der Öffentlichkeit vor.

Sodann referierte Dr. Wolfgang Sohn, Psychologe an der privaten Universität Witten/Herdecke, über seine von S.A.T. in Auftrag gegebene Studie zum Stand der Schwerhörigkeit in Deutschland und wurde auf Nachfragen einiger Pressekollegen bezüglich der Preise für digitale Hörsysteme überaus deutlich:

„Ich bin auch Ingenieur und habe zudem Erfahrungen als Allgemeinmediziner. Da fallen mir immer wieder die Preise für gegenüber Hörgeräten primitiven Hilfsmitteln auf. So kostet eine Gehhilfe für Behinderte etwa 2’500 Mark und ein mit einem schlichten Allerwelts-Motor betriebener Badewannen-Lifter über 3’000 Mark…“
Ausserdem plädierte er dringlich für die binaurale Versorgung: „Einem Fehlsichtigen zunächst ein Monokel anzubieten, würde auch als unsinnig empfunden werden…“

Prof. Dr. Jürgen Kießling, Leiter der Audiologie an der HNO-Klinikum der Justus-Liebig-Universität Gießen, äusserte dann Gedanken zu technischen Fortschritten, die Schwerhörigen wirklich helfen: »HighTech schafft Lebensqualität.« Wir zitieren auszugsweise aus seinem Referat:

…Die Untersuchung von Dr. Sohn zeigt, dass etwa 15.6 Millionen Bundesbürger unter einer interventionsbedürftigen Hörstörung leiden. Die meisten davon haben die Hörstörung in beiden Ohren. Für die grosse Mehrzahl der Schwerhörigen (14-15 Millionen) kommt eine Versorgung mit Hörgeräten infrage, da für sie weder medikamentöse noch operative Hilfe möglich ist. Dieser beträchtlichen Zahl stehen weniger als 2 Millionen Hörgeräteträger in Deutschland gegenüber.
Diese auffällige Diskrepanz hat vielerlei Ursachen. Zum einen ist das Phänomen Schwerhörigkeit und damit auch die Verwendung von Hörhilfen in unserer Gesellschaft schon von Alters her mit einem Stigma behaftet, das trotz aller Bemühungen nur langsam abgebaut werden kann. Ferner stellt die Kompensation der üblicherweise auftretenden Hörprobleme eine überaus komplexe Aufgabe dar, die von Hörgeräten bisher nur in Teilen erfüllt werden kann. Die überwiegende Mehrzahl der Betroffenen leidet unter einer sogenannten Innenohr-Schwerhörigkeit, die nicht nur leiseres, sondern auch falsches, verzerrtes Hören bedeutet. Dies verursacht besondere Probleme beim Verstehen von Sprache, was von den Betroffenen besonders beklagt wird und leicht zu einer sozialen Isolation führt. Ganz besonders treten diese komplexen Kommunikationsprobleme in geräuscherfüllten Hörsituationen und bei mehreren Gesprächspartnern auf. Speziell in solchen anspruchsvollen akustischen Umgebungen stossen Hörgeräte traditionell an ihre Grenzen.
Durch die Einführung digitaler Signalverarbeitung in Hörgeräten bieten sich nun neuartige, vielversprechende Möglichkeiten, diese Grenzen zu verschieben und Hörgeräteträgern signifikant verbesserte Kommunikations-Hilfen zur Verfügung zu stellen. So können die typischen Bedürfnisse und Wünsche des Endverbrauchers wie natürliches Hören von Sprache, Musik und Umweltgeräuschen, gutes Kommunikations-Vermögen in geräuscherfüllten Hörsituationen, gutes Kommunikations-Vermögen bei mehreren Gesprächspartnern, keine akustische Rückkopplung („Pfeifen“), Tragekomfort, attraktives Design („möglichst unsichtbar“), hohe Zuverlässigkeit von den Hörgeräten der jüngsten Generation deutlich besser erfüllt werden, als das bisher möglich war.
Mithilfe mehrkanaliger Equalizer- und Kompressions-Systeme, wobei die Kompressionswirkung in benachbarten Frequenzbändern in intelligenter Weise verkoppelt ist, gelingt eine differenzierte Abbildung der Eingangsdynamik in die individuelle Restdynamik, was primär eine lautheitsgerechte Schallwahrnehmung im gesamten Frequenzbereich zur Folge hat. In geräuscherfüllten Hörsituationen sorgt eine kontinuierliche Modulationsanalyse unabhängig in mehreren Frequenzbändern für eine Anhebung der Sprachkomponenten gegenüber unmodulierten Störschallanteilen, d.h. der spektrale Kontrast wird erhöht. In Ergänzung dazu kann durch Analyse der Zeitstruktur auch der temporale Kontrast verschärft werden. Der Wirkungsgrad dieser beiden Algorithmen kann individuell kombiniert werden, was zu einer Klangverbesserung und Störschallreduktion beiträgt. Noch wirkungsvoller kann unerwünschter Störschall von hinten durch optionale Aktivierung eines effizienten Richtmikrofons (Doppelmikrofon-Technologie) unterdrückt werden. Unerwünschte Rückkopplungen können z.B. durch adaptives, schmalbandiges Ausfiltern der Rückkopplungsfrequenzen in jeder Lebenssituation signifikant reduziert werden.
(…) An verschiedenen internationalen Instituten werden klinische Studien mit Signia durchgeführt – darunter auch in Gießen und Oldenburg. Obwohl es noch zu früh ist, statistisch gesicherte Resultate über diese Studien mitzuteilen, sind die ersten informellen Eindrücke der Studienteilnehmer positiv bis sehr positiv. Wissenschaftliche Untersuchungen mit dem Siemens-Hörgerät der ersten digitalen Generation, Prisma, ergaben konkrete, quantifizierbare Verbesserungen für den Hörgeräteträger. Besondere Vorteile bewies dieses Gerät in störschallbehafteten Situationen, wie zum Beispiel bei der Konversation im Stimmengewirr oder im Auto: Der Verständlichkeitsgewinn durch Zuschalten des Richtmikrofons betrug im Mittel über 17 Versuchspersonen 4.2 Dezibel, was einem Gewinn an Sprachverständlichkeit von bis zu 80 % entspricht und darüber entscheiden kann, ob eine Konversation überhaupt nicht oder vollständig verfolgt werden kann. Aufgrund der weiteren technologischen Fortschritte bei Signia ist ein Übertreffen dieser Ergebnisse realistisch.
Angesichts dieses technologischen Fortschritts, der dem Endverbraucher einen konkreten Zusatznutzen bringt, dürfen zwei Dinge nicht ausser Acht gelassen werden: Zum einen ist unser Gehör ein hochempfindliches und komplexes Sinnesorgan, das leicht durch zu grosse Lautstärken, aber auch durch Krankheiten und Degenerations-Prozesse geschädigt werden kann. Auch mit den modernsten und leistungsfähigsten HighTech-Hörgeräten kann ein einmal eingetretener Innenohr-Schaden nur gelindert, nicht aber geheilt werden. Zum anderen tritt zumeist eine beidohrige Hörstörung auf, bei der in aller Regel eine Hörgeräte-Versorgung beider Ohren angezeigt ist. Nur wenn auf beiden Ohren gehört wird, kann das menschliche Gehirn die auditorischen Leistungen erbringen, die wir in unserer modernen Kommunikations-Gesellschaft dringend benötigen: räumliches Hören, Richtungshören und insbesondere die Separation von Nutz- und Störschall. Damit ist klar, dass die Vorzüge der modernen Hörgerätetechnik nur bei beidohriger Versorgung, sofern es die Hörstörung fordert, bestmöglich ausgenutzt werden können. (…)

Nachfolgend sprach Fred Zöls, Produktmanager Signia bei S.A.T., unter dem Titel „Entschieden für das Wesentliche“ über die Philosophie der Signalverarbeitung bei „seinem“ neuen Hörsystem. Wir haben mit Zöls vereinbart, dass er für uns ein sich im Wesentlichen auf gedankliche Vorgaben, technologische Lösungen und praktischen Niessnutz des Trägers kaprizierendes Manuskript zum »Signia« für eine der nächsten Ausgaben erarbeitet. Nicht unwichtig schien uns am Rande der Hinweis, dass es sich bei »Signia« um ein wahrhaft europäisches Produkt mit HighTech aus Deutschland handelt: Die Halbleiter-Chips und der Contrast-Algorithmus wurden bei S.A.T. in Erlangen entwickelt. Die notwendigen Analog-Digital – Wandler wurden im Zentrum für Mikroelektronik in Dresden hergestellt und der digitale Chip wird bei der Infineon Technologies AG (ehedem Siemens Halbleiter) in München sowie einem weiteren Standort in Frankreich gefertigt. Und wichtig schien uns auch in der nachfolgenden Diskussion mit den Medienvertretern der Hinweis von Klaus Nagel (S.A.T.), dass der Computer an sich „dumm“ sei und erst die Programmierung durch den Hörakustiker sowie dessen Nachsorge das erstrebte Hörerlebnis schaffe. Übrigens, Endverbraucher-Preise für das Hörsystem wurden – anderslautenden Gerüchten zum Trotz – bei dem Münchner Medien-Treff nicht genannt.

Mindestens ebenso gut wie der Besuch der Presseveranstaltung war auch die Resonanz – bereits am Abend des 1. Februar brachte das 2DF in seiner Sendung „heute“ einen Beitrag zur Schwerhörigkeit in Deutschland und der neuen Art, hören zu können…

Autorin: Christina Osterwald

 

Autor: Thomas Keck

Thomas Keck ist durch seinen Beruf als Hörsystemakustiker bestens mit der Präzision und Sorgfalt vertraut, die sowohl für die technische Arbeit als auch für den direkten Kundenkontakt erforderlich sind. Sein Werdegang zeugt von einer kontinuierlichen Entwicklung und einem hohen Maß an Fachwissen, unterstrichen durch den Meisterbrief und die Selbstständigkeit. Er verfolgt seine Interessen mit Leidenschaft und widmet sich einer Vielzahl von Aktivitäten, von Musik über die Beschäftigung mit Oldtimern bis hin zur Werteschätzung der Bibel. Thomas bewundert Menschen, die in ihrem Feld Spitzenleistungen erbringen, wie diverse Musiker und Schauspieler. Dies deutet auf eine hohe Wertschätzung für Expertise und handwerkliches Können hin.

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