Durchsetzungs-Fähigkeit fußt ganz wesentlich auf diesen Verhaltenselementen.Will ein Hörakustiker erfolgreich handeln, sollte er also tunlichst 2 Pferde vor seinen Wettbewerbskarren spannen:
Solides Fachwissen und die Fähigkeit, mit seinen Mitmenschen in ihnen und der Situation angemessener Weise umgehen zu können. Goethe hat das einmal sehr treffend in die Aufforderung gekleidet: »Das ›Was‹ bedenke, mehr bedenke das ›Wie‹.« Mit den Worten der Kommunikations- und Verhaltens-Psychologie ausgedrückt, liest sich das heute so: Zielgerichtete menschliche Aktivitäten spielen sich stets auf 2 Ebenen ab:
Auf der Sach- (Was? = Kopf)
und der Beziehungsebene (Wie? = Gefühl).
Und wer einmal ganz bewusst die Reaktionsweisen der Menschen um sich herum und auch seine eigenen unter diesem Aspekt beobachtet und analysiert, dem wird rasch deutlich: Der, wie die Amerikaner sagen, Tipping Point, der entscheidende Ansatz- und Durchbruchs-Punkt für den Erfolg also, der liegt schwerpunktmäßig auf der Beziehungsebene. Stimmt das ›Wie‹ nicht, entwertet das die Qualitäten des ›Was‹ erheblich. Was im Übrigen nicht nur für die Wirtschaft gilt.
Allerdings, warnt der Hamburger Psychologie-Professor Friedemann Schulz von Thun vom Arbeitskreis Kommunikation und Klärungshilfe, im Beruf verkehrt sich diese Erkenntnis gegenwärtig oft ins Gegenteil: Schlechtes ›Was‹ wird durch aufdringlich-freundliches ›Wie‹ kompensiert, z.B. schlechte, schlampige Sach-Betreuung bei der Bank, aber aufwendige Erkundigung nach Urlaub etc.«
Was aber auch für Schulz von Thun, der sich u.a. durch seinen dreibändigen Taschenbuch-Bestseller ‹Miteinander reden› (Rowohlt Verlag) einen Namen gemacht hat, an der grundsätzlichen Tatsache nichts ändert: Die fachliche »Potenz«, die Angebots-Qualität eines Betriebes kann noch so gut sein, stimmt die emotionale Anmutungs-Qualität des Hauses oder, wie es im modernen Wirtschaftsvokabular heißt, seine Stakeholder-Qualität nicht, gibt es zu allen seinen ganz alltäglichen Problemen noch ein gewichtiges zusätzliches Problem!
Und so mahnt denn auch Dr. Bernd Meier, im Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln für den sozialen und wirtschaftlichen Wandel zuständig: »Der richtige Umgang mit den sogenannten Stakeholdern – zu deutsch: Anspruchsgruppen, also Kunden, Mitarbeitern, Aktionären, Geschäftspartnern sowie der öffentlichen Meinung – sollte daher neben der Sicherung hoher Angebots- resp. Produkt-Qualität und einer reibungslosen Arbeitsorganisation wichtiger Teil einer modernen Management-Strategie sein.«
Vor diesem Hintergrund sollte deutlich werden, dass – um ein ständig im Hintergrund lauerndes alltägliches Konfliktpotential anzusprechen – eine Beschwerde oder Reklamation selten mit eindimensionalen Erklärungen aus der Welt geschaffen wird. Soll die Zufriedenheit wieder hergestellt, der Weiterempfehl-Effekt gewahrt und die Verbundenheit mit dem Betrieb gesichert werden, ist es notwendig, Verstand und Gefühl anzusprechen. Und dazu ist die in nüchterner Professionalität argumentierende kühle Sachlichkeit, die leider nur zu oft in unwirsche Rechthaberei ausartet, kaum das richtige »Werkzeug«!
Deshalb ist für Christine Scheitler, Spezialistin für Sozialkompetenz aus dem hessischen Wetzlar, »unter den heutigen sozio-ökonomischen Bedingungen der beinharte Macher auch nicht mehr der Erfolgstyp schlechthin!« Etwas zu machen, initiativ zu werden, so ihre Argumentation, sei eine Sache. Damit aber auch Anklang zu finden, auf Gegenliebe(!) zu stoßen und dadurch tatsächlich etwas zu bewirken und Erfolg zu haben, eine ganz andere.
Scheitler, die in Kooperation mit dem REFA-Verband für Arbeitsgestaltung, Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung, Darmstadt, eine gefragte dreiteilige Seminarreihe (Näheres dazu unter eMail) zur Sozialkompetenz entwickelt hat, beschäftigt sich mit ihrem Thema auch wissenschaftlich. Neben einem Lehrauftrag im Fach »Soziale Kompetenz« an der Fachhochschule Frankfurt widmet sie sich dort zusammen mit Prof. Dr. Herbert Wagschal auch der weiteren Erforschung »dieses Öls im Getriebe der Mensch-Mensch-Beziehungen — nicht nur — in der Wirtschaft«.
Fazit ihrer intensiven Beschäftigung mit dem vielschichtigen Thema: Der Betriebs- oder Geschäfts-Inhaber beziehungsweise der Manager, der sich – bewusst oder unbewusst – als Macher begreift und so agiert, ist tendenziell eher der Kräfteverschleißer. Zuverlässiger gelingt es dem situativ einfühlsam zu Werke gehenden Bewirker, Kräfte auf sich selbst verstärkende Weise zu mobilisieren, Potentiale zu entwickeln, Menschen in seinen Bann zu ziehen, die Belegschaft zu begeistern und eine unverwechselbare Atmosphäre zu schaffen, die Kunden anspricht und bindet.
Und um diese Atmosphäre zu schaffen, sollte stets bedacht werden, wie Hans H. Hinterhuber, Professor und Vorstand des Instituts für Unternehmensführung an der Universität Innsbruck und der Schweizer Berater Eric Krauthammer gemeinsam betonen, »dass kurzfristig die durchschnittliche Wirkung der Kommunikation etwa 7%, der Körpersprache 54 % und des Tons und der Form 39 % ist!«
Das heißt mit anderen Worten: Der beste Inhalt kann durch negative Bewegungen oder durch einen negativen Unterton im Gespräch zunichte gemacht werden. »Langfristig«, so Hinterhuber, »steigt natürlich die Bedeutung des Inhalts der Kommunikation.« Was Hinterhuber und Krauthammer zu der Aufforderung veranlasst: »Unsere Aufgabe besteht darin, unsere Wirkung auf unsere Partner zu steigern, indem wir Inhalt, Körpersprache, Ton und Form bewusst und positiv einsetzen.«
Für die Braunschweiger ärztliche Psychotherapeutin Dr. Herta Wetzig-Würth erfährt dadurch »die berufliche Qualifikation eine doch merkliche inhaltliche Erweiterung.« Wurde bislang von einem Betriebsinhaber oder einer Führungskraft erwartet, hart zu arbeiten, verlangten die heutigen Arbeitsumstände als wesentliche Erfolgsvoraussetzung unbedingt auch, an sich selbst intensiv zu arbeiten.
»Wir leben nicht mehr im Zeitalter unhinterfragter Selbstverständlichkeiten«, macht die auch in der Gruppenarbeit erfahrene Therapeutin deutlich. » Wer seinen Betrieb einigermaßen sicher durch die rasanten Veränderungsprozesse unserer so genannten postindustriellen Zeit mit all ihrer Beliebigkeit, gleichzeitig aber auch ihren ins uferlose wachsenden hohen Erwartungs- und Anspruchs-Haltungen steuern möchte, sollte bedenken: Die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter, die Treue der Kunden steht heute nicht mehr einfach zur Verfügung. Beides will und muss demzufolge bewirkt, das heißt durch ein entsprechendes Verhalten hervorgerufen, lebendig erhalten und zielorientiert gepflegt werden!«
Wer hier versagt, so ihre eindringlich zur Selbstbesinnung auffordernde Schlussfolgerung, ist als Unternehmer, Vorgesetzter oder Fachkraft nicht mehr den Umständen angemessen qualifiziert: »Niemand bestreitet, dass solides, aktuelles Fachwissen das Fleisch in der Suppe ›Betriebserfolg‹ ist. Nur, niemand sollte auch vergessen: Das Feuer, auf dem diese Suppe gekocht und genießbar gemacht wird, das ist die Fähigkeit, mit anderen umzugehen!«
Und selbst der Professor für Kriminologie und Erziehungswissenschaften an der Fachhochschule Hamburg, Dr. phil. Jens Weidner, der für eine gepflegte positive Aggression im Management plädiert, lässt keinen Zweifel an der Tatsache: Ein fachlich noch so kompetenter Unternehmer ohne menschliches und situatives Einfühlungsvermögen ist fehl an seinem Platz, ist nicht nur eine beachtliche Störgröße, sondern ein potentieller Gefahrenherd für das Unternehmen.
Und so warnt Weidner denn auch unmissverständlich vor emotionaler Begriffsstutzigkeit: »Vor allem männliche Führungskräfte – und die machen derzeit in den Unternehmen über 90 % aus – sehen sich als Meister rationaler Lösungsmechanismen und technokratischer Kommunikation. Bei emotionalen Konflikten zeichnen sie sich dagegen durch eine ausgeprägte Begriffsstutzigkeit aus!«
Und das, so Weidner, sei bitter, »zumal ein Großteil firmeninterner Probleme auf der emotionalen Seite angesiedelt sind.« Jeder kennt das »aus Vorstandssitzungen, bei Präsentationen oder in Leitungsbesprechungen«, bringt der ebenso scharfzüngige wie scharf beobachtende Hamburger Professor die Problematik auf den Punkt: »Die rationale Problemlösung liegt auf der Hand, aber irgendwie läuft der Gruppenprozess dazu verquer. Intelligenz (IQ) plus emotionale Intelligenz (EQ) gilt daher als zukunftweisende, aber noch nicht eingelöste Erfolgsformel.«
Wissen zu haben, konstatiert denn auch die mit den tieferen Schichten und Nöten der menschlichen Persönlichkeit vertraute Analytikerin Wetzig-Würth, reiche in einer egozentrierten Gesellschaft mit knallharten Wettbewerbsbedingungen nicht mehr aus. Nur wer es auch ›rüberbringen‹, wer damit überzeugen und für sich einnehmen könne, habe die Trümpfe in der Hand! Und diese Sicht auf die Dinge ist für die erfahrene Therapeutin auch eine Frage der Arbeitsökonomie und damit der persönlichen Entlastung.
So fordernd unsere Hochleistungs- und Hochgeschwindigkeits-Wirtschaft mit ihren inzwischen mitunter doch recht eigenwilligen Spielregeln auch sei, »in vielen Fällen ist die allenthalben beklagte Stressbelastung nachweislich mit ein heftig hausgemachtes Problem«, erläutert Wetzig-Würth: »Wer unklug mit sich selbst und anderen umgeht, erhöht zwangsläufig seine geistig-seelische Arbeitsbelastung, verpulvert Kräfte, die ihm anderweitig dann einfach fehlen, brennt aus eigenem Verschulden aus!«
Arbeiten am Rand der psycho-physischen Erschöpfung und damit auch der ständigen Gefahr, in wichtigen Situationen falsch zu reagieren, ist folglich kein Schicksal, dass geduldig ertragen werden muss. Auch Christine Scheitler weiß aus dem Feedback auf ihre Seminararbeit: »Wer etwas für seine Sozialkompetenz tut, wird deutlich situationsstabiler und reaktionssicherer!«
»So, wie Dauerstress einen Menschen bis zur Handlungsunfähigkeit lähmen kann«, erläutert sie, »führt umgekehrt das Bewusstsein, mit Menschen und Situationen umgehen zu können und dadurch auch sich und die Dinge besser unter Kontrolle zu haben, zu einer enormen inneren Entspannung und Reduzierung des psychischen Leistungsdrucks!« Und wer entspannter arbeitet, das hat wohl jeder schon an sich beobachtet, arbeitet konzentrierter, zügiger, besser; kurz, erheblich effizienter. Nicht zuletzt auch deshalb, weil ihm gleichzeitig entlastende und beflügelnde Synergieeffekte zuwachsen.