In memoriam Berend de Boer (To be Insider in 7 Minute n)

Am 12. März 2000 ist in Eindhoven der langjährige Fabrikchef der Philips Hörgeräte: Berend – oder wie wir ihn nannten »Ben« – de Boer wenige Tage vor seinem 77. Geburtstag gestorben.

Der 1923 geborene Dozent für Physik, Mechanik und Elektrotechnik war für unsere Branche ein Mann des Aufbruchs – der ersten Stunden – der Europäischen Hörgeräte-Industrie. Viele heute selbstverständliche Details von und in Hörgeräten stammen von ihm oder wurden zumindest von ihm vorgedacht.

Man kann wohl sagen, sein Leben beherrschten Hörgeräte.

Als ich vor 26 Jahren den Hörgerätebereich von Philips in Hamburg über- nahm, lernte ich den lebensfrohen, freundlichen, engagierten und durchsetzungsfreudigen »Ben« kennen. Da er eine klare Vorstellung von dem besaß, was er wollte, und eine eigene, manchmal auch eigenwillige Meinung hatte, gab es natürlich auch schon mal Diskussionen zwischen uns bei abweichenden Ansichten. Aber immer war ein Übereinkommen um der Sache willen mit ihm möglich. Und so wurden aus Kollegen langjährige Freunde.

Zum Beispiel Anfang der 80er Jahre kam es zwischen uns zu Meinungsverschiedenheiten, als wir in Hamburg die Standard-Hörgeräte aus Eindhoven veränderten, in Hochton- und Tiefton-Versionen. Da wir ihre Daten in unseren Dokumentationen veröffentlichten, wollten auch andere ausländische Kollegen diese Geräte haben. Eindhoven wollte sie aber nicht liefern und so gab es intern Ärger – und es dauerte eine ganze Zeit, bis ich »Ben« von der Notwendigkeit der Umbauten überzeugen konnte.

Ich erinnere mich noch gut an unser letztes Gespräch darüber. Er war extra nach Hamburg gekommen, um mir diese Umbauten auszureden. Nachdem er es engagiert versucht hatte, sagte er dann, nachdem ich ihn doch noch hatte überzeugen können: »Okay, lassen wir den Streit, sag mir, was Du für Komponenten von mir haben willst, Du bekommst sie.« Damit war der Streit zwischen uns beigelegt, er hielt sein Wort und jahrelang hat er mir dann die benötigten Teile besorgt.

Er setzte sich immer voll für das ein, was er für richtig hielt, und entwickelte dabei ein erstaunliches Organisationstalent. Zum Beispiel ließ er Teile seiner Hörgeräte in verschiedenen Abteilungen des Konzerns, die ihm nicht unterstanden, fertigen. Und es funktionierte trotzdem perfekt. In meinen Augen eine Meisterleistung.

In früherer Zeit hat Berend de Boer auch oft über neue Techniken und Problemlösungen in unseren Medien (wie der »Hörakustik« – Anm. d. Red.) berichtet. Er war zudem ein kompetenter und gern gesehener Kollege in Ausschüssen und internationalen Gremien, beispielsweise den Normausschüssen und er war bis zum Schluss ein treuer Besucher unserer Hörgeräte-Akustiker – Kongresse. Er kannte fast jeden und fast jeder kannte ihn.
Nach seinem Rückzug aus der operativen Tätigkeit bei Philips fand sein ungebrochenes Engagement für Schwerhörige und für die Prophylaxe vor Hörschäden in der Entwicklung von Lärmschützern ein kreatives Betätigungsfeld…
Ich und mit mir viele Freunde aus Deutschland freuten sich, ihn bei seinen Kongress-Besuchen jedes Mal wieder zu sehen. Seine positive Lebenseinstellung, sein urwüchsiger Humor, seine Fairness bei aller Eigenwilligkeit, verbunden mit der freundlichen, lebensklugen Art, sich zu geben, machten die Zusammenarbeit und das Zusammensein mit ihm sehr angenehm, und so blieben wir auch nach unserer Pensionierung weiterhin in freundschaftlicher Verbindung. Erst sein für alle Freunde so plötzlicher Tod setzte unserer Freundschaft ein Ende.

Autor: Ingo Döscher

(Mit dem Autor trauert auch die Redaktion des Median-Verlages um einen vieljährigen vertrauten Freund und immer kompetenten Mitarbeiter.)