Heribert-Späth – Preis für Gabi Gromke
»Was ich mache, ist doch eigentlich selbstverständlich« findet Gabriele Gromke, deren Leipziger Hörgerätezentrum mittlerweile 25 Mitarbeiter:innen in 8 Filialen beschäftigt. Die Jury des Heribert-Späth – Preises sah das anders. Als »vorbildhaft« beurteilte sie das Aus- und Weiterbildungskonzept der Leipzigerin und hat sie unter 60 Bewerbern 1999 zur Gewinnerin des Heribert-Späth – Preises gekürt. Der vom Zentralverband des Deutschen Handwerks initiierte Preis ist mit 5’000 Mark dotiert und wird seit 1997 jährlich vergeben. Nachfolgenden Beitrag aus der Feder von Gisa Klönne drucken wir mit freundlicher Erlaubnis aus der Zeitschrift »IKK Profil NEWS« 1/2000 nach – Red.
Ausgezeichnet wurde Gabriele Gromke für die attraktiven und vielseitigen Möglichkeiten, die sie den Beschäftigten zur beruflichen Entwicklung bietet, und wegen der Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Medien. »Meine Lehrlinge müssen sofort ran, rumsitzen ist das Schlimmste für Auszubildende«, erklärt die Hörgeräte-Akustiker – Meisterin ihre Ausbildungs-Philosophie. »Ich sage den Leuten nicht, wann sie etwas machen sollen, sondern nur, was sie machen sollen.«
Beispielhafte Aus- und Weiterbildung
Gabriele Gromke setzt sich dafür ein, dass jeder Lehrling zusätzlich zum Ausbildungsstoff und entsprechend seinen Fähigkeiten ein Spezialtraining absolviert. Dieses Spezialtraining wird ihm auch finanziert. Später können die Gesellen dann etwa als Gebärdendolmetscher arbeiten, kennen sich besonders gut mit Tinnitus oder mit Hörgeräten für Kinder aus. »Man muss gerne mit Menschen arbeiten«, beschreibt die Unternehmerin die für sie wichtigste Voraussetzung für die Lehrlings-Ausbildung und »man muss die Leute auch machen lassen. Wenn ich kein Vertrauen hätte, könnte ich ja auch nie in den Urlaub fahren.« Wichtiger als gute Noten ist ihr als Einstellungskriterium deshalb, »dass die Chemie stimmt«.
Zu den Weiterbildungs-Angeboten für Mitarbeiter gehören Kongressbesuche und Seminare der Hörgeräte-Hersteller sowie Schulungen, in denen die Persönlichkeit der Angestellten berücksichtigt wird, und in denen sie lernen, ihre individuellen Stärken, z.B. bei der Kundenbetreuung, weiter auszubauen.
»Ich bin froh, dass ich die jungen Leute habe!«
»Handwerks-Meister wie die Preisträgerin«, so urteilte die Jury des Heribert-Späth – Preises, »helfen dabei mit, dass Jugendliche nicht vor einer vermauerten beruflichen Zukunft stehen. Gabi Gromke bietet bildungsbereiten und leistungsfähigen jungen Leuten attraktive Aufstiegs- und Einkommens-Möglichkeiten.« Attraktiv ist die Ausbildung für Jugendliche bei ihr nicht zuletzt deswegen, weil die Auszubildenden hier rasch in Entscheidungen eingebunden werden, die das ganze Unternehmen betreffen.
»Ich bin froh, dass ich junge Leute habe, dadurch muss ich mich selbst z.B. mit neuen Medien beschäftigen«, sagt die Unternehmerin. So ist beispielsweise der 1999 vom sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr mit dem »DigiSAX« ausgezeichnete Internetauftritt des Hörgerätezentrums (www.HGZ-Gromke.com) u.a. auf Initiative eines Lehrlings zustande gekommen. Auch die Pflege der Homepage obliegt den jungen Leuten. Ein weiteres positives Ergebnis dieser Digitalisierung ist die Vernetzung der Filialen per eMail, die durch den schnellen Informationsfluss wiederum zur Verbesserung der Organisation im Unternehmen beigetragen hat.
Weiterbildung lag Gabriele Gromke schon immer am Herzen
Eigentlich wollte Gabriele Gromke einmal Lehrerin werden, absolvierte aber nach dem Abitur in der damaligen DDR zunächst eine Ausbildung zur Audiologie- / Phoniatrie-Assistentin, spezialisierte sich auf Hörgeräte und fand Gefallen an dem Beruf. Nach der Wende entschloss sich die langjährige Angestellte der Leipziger Poliklinik e.V. zum Schritt in die Selbständigkeit. »Ich habe mich verantwortlich gefühlt«, sagt sie. Also hat sie einen Kredit aufgenommen, einige Räume der ehemaligen Poliklinik gemietet und das »Hörgerätezentrum Gabriele Gromke« gegründet.
Wichtigste Voraussetzung für unternehmerischen Erfolg
»Fachkenntnisse hatte man«, erzählt sie rückblickend. »Doch Marketing, Ökonomie und vor allem den Umgang mit den Kunden – das musste man lernen.« Also verordnete die Jungunternehmerin sich und ihren damals 6 Mitarbeiter:innen Seminare, z.B. im Bereich Kundenservice. 1990 hat Gabriele Gromke, entsprechend des nun auch in Ostdeutschland geltenden Handwerksgesetzes, an ihrem 40. Geburtstag die Prüfung zur Hörgeräte-Akustiker – Meisterin bestanden.
Auch die Renovierung der ehemaligen Poliklinik-Räume stand ganz im Zeichen von Kunden- und Mitarbeiter-Freundlichkeit. Als Selbstverständlichkeit empfindet es Gabriele Gromke damals wie heute, dass sie Gewinne regelmäßig in die Modernisierung des Betriebes investiert.
Ein gutes Betriebsklima ist ihrer Meinung nach die wichtigste Voraussetzung für Mitarbeitermotivation und unternehmerischen Erfolg. Von den 7 Lehrlingen, die die Ausbildung im Hörgerätezentrum absolviert haben, sind 5 heute noch im Unternehmen beschäftigt. Auch ihre Tochter ist Hörgeräte-Akustiker – Meisterin geworden und leitet inzwischen eine der Filialen.
Vom Heribert-Späth – Preis hatte Gabriele Gromke zwar beim Surfen im Internet erfahren, doch die Bewerbung hat dann ihre Tochter heimlich abgeschickt. Dass sie gewonnen hat, freut die Akustikerin nicht nur für ihr Unternehmen, sondern auch für die gesamte Hörgeräte-Akustikerbranche, die sie als stellvertretende Obermeisterin der Bundesinnung vertritt und in deren Funktion sie auch für die Aus- und Weiterbildung zuständig ist. Gabi Gromke gehört seit deren Gründung auch der Bundes-Innungskrankenkasse direkt gesund als Verwaltungsmitglied an.
Und was sie mit der Preissumme macht? Keine Frage, dass sie das Preisgeld »in das Betriebsklima investiert« hat, mittels einer Überraschungsparty für alle Mitarbeiter.
Autorin: Gisa Klönne
Der Heribert-Späth – Preis wird seit 1997 alljährlich bundesweit ausgeschrieben, um das Ausbildungs-Engagement handwerklicher Unternehmer zu würdigen. Namenspatron ist der Ehrenvorsitzende des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH). Der Heribert-Späth – Preis ist mit 5’000 Mark dotiert und wird jeweils im November eines Jahres auf der Schlussfeier des Praktischen Leistungswettbewerbs der Deutschen Handwerksjugend verliehen. Im Vorfeld informiert der ZDH alle Handwerks-Organisationen und bittet sie, mögliche Preisträger vorzuschlagen. Die Betriebe können sich auch selbst bewerben. Positiv gewertet werden neben Innovation und Vorbildcharakter in der Lehrlings-Ausbildung auch betriebliche Fördermaßnahmen für Frauen, Ausländer oder auf dem Arbeitsmarkt Benachteiligte wie Langzeit-Arbeitslose oder schwer vermittelbare Jugendliche. Die Jury besteht aus Vertretern des ZDH und der Stiftung Begabtenförderung im Handwerk e.V.