Individuelle Bescheinigung der im europäischen Ausland erworbenen Berufsqualifikationen vom Jahr 2000 an
Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) bieten jungen Menschen vielfältige Möglichkeiten, ihre berufliche Erstausbildung und die Weiterbildung durch Auslandserfahrungen zu ergänzen. International erworbene Qualifikationen lassen nicht nur auf Selbständigkeit, Mobilität und Engagement schließen, sie verbessern auch die Chancen des Einzelnen auf dem Arbeitsmarkt, sind zudem ein Gewinn für die persönliche Entwicklung, beispielsweise für die Fähigkeit, über Ländergrenzen hinweg zu kommunizieren, zu kooperieren und andere Kulturen zu verstehen.
Forderung nach grenzüberschreitender Mobilität
Angesichts der wachsenden Verflechtung im europäischen Wirtschaftsraum wird die Forderung nach grenzüberschreitender Mobilität immer eindringlicher gestellt. Übereinstimmend verlangen Politiker wie Repräsentanten des Handwerks, bereits im Rahmen der Erstausbildung praxiserprobte Arbeits- und Lebens-Erfahrungen im europäischen Ausland zu sammeln, andere Sprachen und Berufswelten kennenzulernen.
Es ist deshalb erfreulich zu lesen, dass allein bei der Informations- und Beratungsstelle der Carl Duisberg Gesellschaft in Köln, einer gemeinnützigen Organisation für internationale Weiterbildung und Personalentwicklung, jährlich 50’000 Anfragen nach einer Auslandsfortbildung eingehen. Inzwischen absolvieren pro Jahr etwa 6’000 Jugendliche Maßnahmen zur beruflichen Aus- und Weiterbildung – oft von mehreren Monaten – außerhalb Deutschlands, um sie als Teile der eigenen Berufsbildung anerkannt zu bekommen. Diese Zahlen spiegeln ein lebhaftes Interesse an beruflichen Auslands-Erfahrungen, auch die Bereitschaft zur Mobilität.
Förderung und Dokumentation europäischer Berufsbildungsabschnitte
Der Rat der EU hat im Dezember 1998 beschlossen, die Mobilität von Personen in Europa zu fördern, die sich in einer dualen oder alternierenden Berufsausbildung befinden, also in einer zwischen Betrieb und Schule wechselnden Ausbildung. Zielgruppen sind unter anderem Auszubildende, Studierende an Berufsakademien, Fachhochschulen und Hochschulen.
Die genannte Entschließung betont nicht nur, wie wichtig die in Mitgliedsstaaten der EU abgeleisteten betriebsnahen Berufsbildungs-Abschnitte sind, sie fordert darüber hinaus, die vermittelten Kenntnisse und Fertigkeiten in die nationale Berufsausbildung zu integrieren. Unter »Europäischen Berufsbildungs-Abschnitten« werden jene Teile der Berufsbildung einschließlich der Lehrlingsausbildung verstanden, die in anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union absolviert werden.
Um die bei Auslandsaufenthalten durchlaufenen Aus- oder Weiterbildungs-Maßnahmen nachweisen zu können, wurde EU-einheitlich der »EUROPASS-Berufsbildung« geschaffen.
Er gilt für alle Formen der Berufsbildung, die einen betrieblichen Ausbildungs-Teil aufweisen. Auch Studenten und Hochschulabsolventen können den EUROPASS erhalten. Voraussetzung ist ein Praktikum.
Dem Bundesministerium für Bildung und Forschung zufolge ist die Nachfrage schon jetzt sehr groß, obwohl es freiwillig ist, das Dokument zu verwenden. (In der weiter unten genannten Broschüre des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sind auf den Seiten 32 und 33 die Ausgabestellen für die EUROPASS-Formulare aufgeführt; unter ihnen sind auch die Handwerkskammern, Industrie- und Handelskammern erwähnt.) Der EUROPASS wird zweifellos das Ausbildungsprofil seines Inhabers transparenter machen, die grenzüberschreitende Bildungsarbeit verbessern, europaweit die Attraktivität der beruflichen Auslands-Fortbildung erhöhen.
Inhalt und Gestaltung des Dokuments
Zu den Inhalten dieser einheitlich im DIN A 5-Format gestalteten, in allen Staaten der Europäischen Union geltenden Bescheinigung zählen
- die persönlichen Daten der/s Teilnehmer:in,
- die für die Ausbildung zuständige Einrichtung,
- die Art und Dauer der europäischen Berufsbildungs-Maßnahme,
- die Bezeichnung des Ausbildungspartners im Aufnahmeland,
- Name und Qualifikation des pädagogischen Betreuers, ferner
- die Bestätigung, dass die Eintragungen mit den entsprechenden Vorschriften im Herkunftsland übereinstimmen.
Jeder Ausbildungsabschnitt wird sowohl in der Sprache des Herkunfts- als auch des Gastlandes abgefasst, der entsprechende Eintrag trägt - die Unterschriften des Ausbildungspartners im Aufnahmemitgliedsstaat und des Teilnehmers.
Finanzierung von Austauschmaßnahmen
Vor allem das Berufsbildungs-Programm »Leonardo da Vinci II« der Europäischen Union unterstützt finanziell junge Berufstätige und andere, die beabsichtigen, Aus- und Weiterbildungs-Abschnitte im Ausland zu absolvieren. Ähnliches gilt für Programme wie »Sokrates«, die EU – Gemeinschafts-Initiativen oder bilaterale Bildungsprogramme. Sie alle vergeben unter anderem Stipendien an Auszubildende und junge Arbeitnehmer, die sich im europäischen Ausland qualifizieren, ihre Sprachkompetenz erweitern, Einblick in die Arbeitswelt des Gastlandes verschaffen und Verständnis für fremde Kulturen gewinnen wollen. (Der EUROPASS bescheinigt auch alternierende Auslandsaufenthalte ohne Anbindung an EU-Programme. Es müssen lediglich die Kriterien für den EUROPASS erfüllt sein.)
Autor: Hans Winter
Weiterführende Literatur
Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.): Der EUROPASS – Berufsbildung, Bescheinigung von Auslandsaufenthalten (kostenlos), Bonn 1999.
Carl Duisberg Gesellschaft e.V.: Weiterbildung ohne Grenzen 2000, Angebote zur beruflichen Qualifizierung im Ausland, 14. Auflage (kostenlos), Köln 2000.