Psychologie im Beratungs- und Anpassungs-Gespräch der Hörakustik
Ein Fall aus der Praxis
Der ältere Patient sollte sein erstes Hörgerät bekommen. Bislang eineinhalb Stunden dauerte das Gespräch und der Patient tat sich mit dem Thema spürbar schwer. Seine ihn begleitende Frau gab sich große Mühe, dem Hörakustiker beim Abbau der Bedenken und Unsicherheiten Hilfestellung zu leisten.
Was war geschehen? In einem etliche Jahre dauernden schleichenden Prozess hatte sich das Hörvermögen 10 des Patienten so verringert, dass eine aktive Teilnahme an der alltäglichen Kommunikation für alle Seiten zu einer großen Belastung wurde. Der Patient kapselte sich immer mehr ab, lächelte, Verständnis vorspielend, lachte, wenn andere lachten oder schüttelte den Kopf, wenn andere dies taten, auch wenn er die Inhalte der Gespräche oft nur bruchstückhaft verstand. Seine Lebendigkeit wurde immer mehr von einer vorsichtigen Zurückhaltung und zeitweisen Resignation überlagert.
Dabei war der Patient erst 67 Jahre alt und ansonsten gesund. Beim durch seine Frau initiierten Gang zum HNO-Arzt hatte dieser nach den Untersu- chungen und Tests dem Patienten ein Hörgerät verordnet. Zögerlich und voller Vorurteile kam der Patient zum Hörgeräte-Akustiker Dieser erklärte die unterschiedlichen Möglichkeiten, die moderne Hörsysteme heute bieten.
Man hätte diesen Punkt sehr schnell zum Abschluss bringen können, wenn nicht die Grundeinstellung des Patienten von Skepsis geprägt gewesen wäre, so dass er tatsächlichen oder geahnten Nachteilen immer wieder nachging. Allen Veränderungen gegen- über reagierte er sehr zurückhaltend, teils abwehrend.
Der Hörakustiker hatte behutsam argumentiert und dann ein Gerät für ein einwöchiges Probetragen ausgesucht und empfohlen.
Die psychologische Situation
Nicht das Anpassen des Hörgerätes, das Angebot des Ausprobierens im Alltag, die Auswahl des Typs und der Preis bereiteten solche Bedenken; hier konnte der Akustiker dem Patienten ein ganzes Füllhorn von Argumenten, Fakten und Erfahrungen zur Entscheidungsfindung bieten.
Es war die psychologische Situation, in der sich der Patient verfangen hatte und die seine Entscheidungs-Bereitschaft merkbar beeinflusste.
Mit der Hörbehinderung eingerichtet!
Im Laufe der vielen Jahre hatte sich der Patient mit seiner Hörbehinderung in seinem Leben eingerichtet. Er hatte schon einiges über Hörgeräte gehört, und nicht nur positives. Seine Gefühlslage war zwiespältig, zum einen die Aussicht, wieder besser seine Umwelt verstehen zu können, zum anderen war da aber auch ein großes Misstrauen dem ganzen Vorgang gegenüber und eine diffuse Angst vor den Veränderungen, die sein Leben betrafen.
»Ich komme doch eigentlich ganz gut klar!« sagte er deshalb auch des öfteren zu seiner Frau. Sie hatten sich im Verlauf der vielen gemeinsamen Jahre aufeinander eingestellt. Man verstand sich »blind«. Kein Thema oder Problem, über das man sich noch nicht ausgetauscht hatte. Dass die durch seinen schleichenden Hörverlust verursachte Alltagsbelastung mittlerweile fast ausschließlich von seiner Frau zu tragen war, drang nicht wirklich so richtig bei ihm durch. Und für das Fernsehen hatte er sich doch schon einen Kopfhörer zugelegt!
Er hatte für sich Strategien und Möglichkeiten entwickelt, mit seiner Behinderung zu leben. Da dies ein langsamer, aber permanenter Prozess ist, hatte er nicht gemerkt, dass eine Reduzierung seines alltäglichen Lebens eingetreten war. Da er sowieso nicht mehr alles mitbekam, zog er sich immer mehr in sich selbst zurück. Die Gefahr bestand, dass er sich in eine depressive Gemütsverfassung fallen ließ und nur noch »anwesend« war, aber nicht mehr an normalen Gesprächen, an Klatsch und Tratsch, an Diskussionen oder Streitgesprächen mit Familienmitgliedern und/oder Freunden teilnahm. Er beteiligte sich nicht mehr an den alltäglichen Problemen, gleich ob man lachte, weinte, wütend war oder nur einen Scherz machte. Er drohte immer mehr in ein großes trauriges Loch zu fallen.
Die geschilderte Situation des Patienten ist kein Einzelfall. Sie kann stellvertretend für viele andere unterschiedliche Lebenssituationen stehen.
»Der kriegt ja doch nicht mehr alles mit«…
…war die früher gängige Beschreibung eines hörbehinderten Menschen. In Folge wurde er dann oftmals nur noch mit einer jeden Buchstaben besonders betonenden wortreduzierten Sprache und lauter Stimme akzentuiert angesprochen. Das Leben dieser Menschen vereinsamte immer mehr und nahm nicht selten kauzige Züge an. Diese Fälle gehören heute (hoffentlich!) der Vergangenheit an.
Bei jungen Menschen ist die Akzeptanz eines Hörgerätes in aller Regel kein so großes Problem. Sie haben von früh an gelert, damit umzugehen und verhalten sich im Alltag so selbstverständlich natürlich, dass es die Umwelt meistens schnell übersieht oder überhaupt nicht bemerkt. Natürlich gibt es auch Lebenssituationen, in denen das Tragen eines Hörgerätes psychische Probleme bereitet. Besonders bei Kindern und Heranwachsenden müssen die Bezugspersonen darauf achten, dass von der Umwelt keine negierenden Einflüsse dauerhafte psychologische Schäden verursachen. Selbstverständlich können für eine 18 Jahre junge Hörgeräteträgerin deprimierende Erlebnisse im Hinblick auf ihr Selbstbewusstsein auftreten, z.B. bei der Suche nach einem langfristigen Partner.
Das Durchschnittsalter der hörbehinderten Patienten…
…liegt derzeit bei ca. 65 Jahren, mit steigender Tendenz. Ein Akustiker ist meistens nur halb so alt, wenn überhaupt. Sein Erlebnisumfeld sieht anders aus als das des älteren Patienten. Die fachlich technischen Elemente in Beratung und Anpassung sind auf Grund der qualifizierten Aus- und permanenten Weiterbildung kein Problem.
Schwierigkeiten bereitet aber sehr oft das »sich Hineinversetzen« in die besonderen Lebensumstände älterer Patienten. Verfügt ein Hörgeräte-Akustiker doch meist nur über wenige Informationen über den Patienten, muss er stark in Beobachtung, Beratung und Betreuung investieren, zumal in diesem »technologisch« geprägten Beruf psychologisches Feingefühl oft nicht oder noch nicht genug ausgebildet ist.
Ein vorausdenkendes Verhalten des Akustikers im Beratungsgespräch bietet die Chance, feinfühlig die Sorgen und Ängste vorab einzufangen und voraushandelnd anzusprechen. Für das positive Gesprächsklima ist es wichtig, dass der Patient erst gar nicht in eine zweifelnde oder ablehnende Phase gerät. Das »emotionale« vorherige Abholen an möglichen kritischen Voreinstellungen oder Meinungen ist ein wichtiger Schritt, um den Patienten positiv an das Tragen eines Hörgerätes heranzuführen.
Die Vorstellungskraft der Patienten mit den Möglichkeiten eines Hörgerätes zu koppeln, erfordert eine bildhafte und erlebnisreiche Sprache. Praktische Situationen können so »vorweggenommen« werden. Der Akustiker kann beim Patienten die Vorfreude wecken und auf Überraschungen vorbereiten. Der Patient muss sich im Gespräch vorstellen können, wie sein neues Hörgerät sein Leben verändern kann. Ein Hörakustiker ist immer auch ein wenig Psychologe. Hierzu bedarf es einer ständigen praktischen Weiterbildung an dem Thema.
Ein Hörakustik-Fachgeschäft kann nur dann alle Möglichkeiten zur optimalen Betreuung und langfristigen Bindung seiner Patienten nutzen, wenn sich die Mitarbeiter mit dieser Thematik beschäftigen.
Psychologische Werkzeuge
Wer die Werkzeuge des psychologischen Umgangs mit seinen Patienten beherrscht, kann einfühlsam mit Ängsten, Bedenken und zögerlichem Verhalten umgehen. Die Verhaltensmerkmale sind facettenreich und sehr individuell. Sie reichen von Scham über Traurigkeit bis zum persönlichen Ignorieren einer Hörbehinderung. Sich als Akustiker in diesem Motivumfeld sicher und positiv zu bewegen, bedarf einer ständigen Arbeit an sich selbst und an den psychologischen Werkzeugen. Der Begriff »Werkzeug« soll suggerieren, dass dahinter keine theoretischen Lerninhalte stehen, sondern ausschließlich praktische Werkzeuge, die in einer bestimmten Kommunikationssituation unmittelbar einsetzbar sind, nicht als feste Verhaltensweise antrainiert, sondern als integrierter Bestandteil des eigenen Verhaltens abgerufen werden können. Wie beim Gebrauch eines Werkzeugs üblich, muss man die Handhabung üben.
Motive und Verhalten
Welche Motive das Verhalten von bevorzugt älteren Patienten beeinflussen können, ist aus der folgenden Übersicht auszugsweise ersichtlich:
- Die Orientierung an eigenen Lebenserfahrungen und Normen, Wertvorstellungen, Moral und Leitbildern der Gesellschaft
- Die Verhaltensmuster im Umgang mit anderen Menschen
- Das Kommunikationsverhalten in Gesprächen mit Einzelpersonen und Gruppen
- Das Nachlassen der geistigen und körperlichen Fähigkeiten im Alter
- Die Ängste vor Behinderungen und einer möglichen Hilflosigkeit
- Die Angst vor dem Verlust der eigenen Würde
- Die Angst vor sozialer Kälte und Vereinsamung
- Das »Einschleifen« von speziellen Denkmustern älterer Menschen
- Der intellektuelle Umgang mit neuen Anforderungen
- Die Akzeptanz oder Nichtakzeptanz des Älterwerdens
- Die stärkere Abwägung von Entscheidungen und Alternativen
- Die Bevorzugung von besonderen Verhaltensweisen im Alltag
- Die Bedeutung des sozialen Umfelds
- Der Grad der Integration in eine Familienstruktur und die Art des Umgangs mit Familienmitgliedern, Freunden, Bekannten und Fremden
- Die individuellen Wohnverhältnisse
- Das allgemeine Konsumverhalten
- Das Verhalten bei anstehenden Investitionen, z.B. beim Kauf eines Hörgerätes.
Die Priorität der jeweiligen Aspekte variiert individuell von Mensch zu Mensch.
Wie kann ich meinen Patienten überzeugen?
Ein Beispiel aus der Praxis
»Puh, wann entscheidet er sich endlich?« Der Hörgeräte-Akustiker seufzte innerlich auf und zeigte dabei nach außen sein tapferstes Lächeln. Der ältere Herr, der vor dem Akustiker saß, konnte sich einfach nicht entscheiden. Ein Gerät zur Probe – aber welches? Fragend schaute der nette Herr seine Frau an, um sich Entscheidungshilfe für die Auswahl eines Probe-Hörgerätes zu holen. Mehr als eineinhalb Stunden wurde nun schon gemessen, präsentiert, erklärt, ausprobiert, diskutiert, gefragt, geantwortet, ausgesucht, beschlossen und wieder verworfen. Dass Unsicherheit im Spiel war, zeigte sich deutlich. Bei den Auswirkungen auf seinen Alltag und sein Kommunikationserleben, der zukünftigen täglichen Beschäftigung und damit auch Abhängigkeit von einem Hörsystem und natürlich auch im Hinblick auf den Preis wollte der ältere Herr nichts falsch machen.
»Wie kann ich meinen Patienten überzeugen? – Wie komme ich an ihn ran?« Diese Fragen gingen dem Akustiker durch den Kopf.
Ist Ihnen dies nicht auch schon einmal passiert? Es ist nur allzu verständlich, dass innere Aufmunterung gut tut, wenn sich ein Patient selbst nach intensivster Beratung nur zögerlich entscheiden kann. Sicherlich ist dies kein Einzelfall! Eine Vielzahl der Beratungsgespräche läuft in der Praxis ähnlich ab.
In unseren Trainings für Hörgeräte-Akustiker schildern uns die Teilnehmer viele solche Situationen. In praktischen Rollenspielen werden diese aufgegriffen, durchgespielt und anschließend auf Aufbau, Ablauf, Verhalten, Reaktionen, Präsentations- und Gesprächstechnik und auf eine Optimierung des gesamten Beratungsgespräches und des eigenen Verhaltens hin analysiert.
Mehr Informationen über seine Patienten
Wer aber über seine Zielgruppe, seine Patienten, möglichst viel Informationen besitzt, kann sich besser in diese Zielgruppe eindenken. Er kann mit Situationen, wie wir sie beispielhaft geschildert haben, besser umgehen, weil er mit größerer Wahrscheinlichkeit abschätzen kann, wie sich ein älterer Patient verhält. Eine realistische Voreinstellung über den wahrscheinlichen Ablauf eines Beratungsgespräches lässt dem Akustiker mehr Raum, aktiv das Gespräch beeinflussen zu können.
Sprache und Körpersprache
In der Kommunikation zwischen Patient und Akustiker gibt es zwei Möglichkeiten des Kontaktes. Zum einen auf der sprachlichen und zum anderen auf der körpersprachlichen Ebene. Diese beiden Ebenen agieren immer gleichzeitig.
Auf der sprachlichen Ebene wird mehr eine bewusste Handlung vollzogen, es wird also etwas Konkretes gesagt, ein Hörgerät beschrieben oder es werden Argumente ausgetauscht.
Über die Körpersprache nehmen wir weitere Signale wahr, z.B. das kritische Hochziehen der Augenbrauen, ein Interesse signalisierendes Vorbeugen des Oberkörpers oder eine leichte Schrägneigung des Kopfes, das Signalisieren von Sympathie. Diese mehr unbewussten Signale werden fast »automatisch« vom Gesprächspartner aufgefangen und beeinflussen das Gesamtgespräch emotional entscheidend.
Wie entsteht Sympathie?
Unsere Wahrnehmungskanäle nehmen sehr schnell eine Vielzahl von Informationen über unseren Gesprächspartner auf. Warum dauert es manchmal nur Sekundenbruchteile, bis wir einen Menschen als sympathisch einschätzen, während in einem anderen Fall sofort eine tiefe Abneigung vorhanden ist? Der berüchtigte »Erste Eindruck« entscheidet oft darüber, ob ein Patient überhaupt bereit ist, den Argumenten des Akustikers zuzuhören oder nicht. Konkret befragt, warum ein Mensch als unsympathisch eingeschätzt wird, kann dies meistens nicht eindeutig faktisch erklärt werden. Es wird herumgedruckst, ein ungutes »Bauchgefühl« angegeben, der Kopf eingezogen oder eine abwehrende Handbewegung gemacht. Die Entscheidung fällt rein emotional.
Sympathie entsteht auf Grund vielschichtiger Informationen, die beim Kontakt mit anderen Menschen aufgenommen werden. Diese Informationen werden mit den eigenen Erfahrungen (siehe oben: Motive und Verhalten!) verknüpft und zu einem Bild, einem »Eindruck oder einer Einstellung«, relativ erinnerungsstabil, abgespeichert.
Es liegt in der Verantwortung des Akustikers, sich dieser möglichen »Vor-Einstellungen« der Patienten bewusst zu werden, natürlich mit kritischem Blick auf die eigenen »Vor-Einstellungen«.
Wer sein Auftreten und sein Erscheinungsbild so anpasst, dass ein möglichst breites Spektrum an Patienten positiv angesprochen wird, kann entscheidend etwas für seine erfolgreiche Wirkung und Akzeptanz tun.
Der Griff zum Ohr des Patienten – die direkte Berührung!
Ist die Körpersprache in aller Regel »unbewusst und beobachtend«, so kommt bei Hörgeräte-Akustikern noch eine besonders intensive Form der Körpersprache hinzu, nämlich der direkte körperliche Kontakt, das Berühren, Anfassen, Anprobieren, Hineinstecken und Herausnehmen.
Die Nähe zum Patienten…
…löst unbewusste Reaktionen und Reflexe aus.
Es gibt eine wichtige Regel: Je näher man an Körper und Seele eines Menschen herangeht, um so empfindsamer muss man vorgehen.
Ein Beispiel: Der für den Akustiker selbstverständliche Griff an den Kopf und zum Ohr des Patienten, um Untersuchungen, Anpassungen und Einstellungen durchführen zu können, löst bei diesen eine mehr oder weniger sensible psychologische Reaktion aus, die teils automatischen Charakter hat, also nicht oder nur sehr schwer vom Bewusstsein her beeinflusst werden kann. Der Hörakustiker unterschreitet die persönliche Intimsphäre, die etwa im Umkreis des ausgestreckten Armes angelegt ist.
Wer in diese intime Distanzzone eindringt, löst automatisch eine gesteigerte Aufmerksamkeit aus
Auf der körpersprachlichen Ebene kann dies durch ein: »Sich im Stuhl nach hinten lehnen«, ein »Sich aufrichten im Sitz«, einem Verändern der Körperhaltung (z.B. Arme vor dem Oberkörper verschränken etc.), einem Wechsel des Gesichtsausdrucks oder einem Ausweichen des Blickkontaktes zu beobachten sein.
Sprachlich drückt sich das Eindringen in die Intimzone oft in einer abgehackten und verlegenen, in einer höheren Frequenz artikulierten Wort- und Satzwahl aus. Die Stimme verändert sich gegenüber der normalen Modulation. Die ungewohnte Nähe führt zu dem inneren Druck, »etwas sagen zu müssen«, Um diesen Druck zu mildern, werden intimere Details erzählt, z.B. »… dass es gut ist, dass man sich heute Morgen die Ohren gewaschen hat«, etc.
Eine humorige Einlage ist ein probates Mittel, um ein Lachen zu provozieren und somit die Lösung einer Anspannung herbei zu führen. Relativ selten hingegen kommt es während dieser Phase des »Eindringens in die Intimzone zu aggressiven Äußerungen. Es sei denn, man findet den Akustiker unsympathisch, aber dann würde man ihn von Anfang an nur sehr sperrig in die Intimzone eindringen lassen.
Psychologische Faktoren…
…kommen somit ins Spiel, die sowohl eine positive Öffnung als auch eine Blockierung des Patienten zum Ergebnis haben können. Dabei reagiert jeder Patient anders. Keine Reaktion ist vorhersehbar, zumindest nicht solange, wie durch den Kontakt und die Kommunikation untereinander ein halbwegs verlässliches Verhaltensmuster zu erkennen ist. Der Aufbau von Vertrauen und einer stabilen Beziehungsebene ist daher ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Patienten. Dazu muss man sich aber gerade am Anfang des Kontaktes viel Zeit lassen und weitgehend den Patienten sprechen lassen, ihn durch geschickte Fragen zum Erzählen bringen und ihm durch aktives Zuhören ein sicheres und vertrauenbildendes Gefühl vermitteln. Nur durch geschulte Sinne und ein sensibles und vorsichtiges Vorgehen kann der Hörgeräte-Akustiker lernen, diese Situationen positiv erinnerungsstabil für den Patienten zu gestalten.
Lassen Sie den Patienten reden!
Beobachtet man Beratungsgespräche, kann man feststellen, dass gerade am Anfang eines Gesprächs der Akustiker zu viel Redezeit beansprucht. Zur raschen Akklimatisierung des Patienten an die Umgebung und Person des Akustikers ist es aber wichtig, dass dieser möglichst viel von sich erzählen kann. Dadurch wird die positive Kontaktaufnahme zur Umgebung des Hörakustik-Fachgeschäftes und zum Akustiker im speziellen gefördert, Bedenken und Ängste werden abgebaut. Es dauert eben einige Zeit, bis sich Menschen an neue Umgebungen und Personen gewöhnen und diese akzeptieren. Durch das sprachliche Agieren des Patienten wird eine mögliche anfängliche Zurückhaltung abgeschwächt bzw. aufgelöst.
Der Akustiker sollte sich sprachlich zu Beginn des Kontaktes bewusst zurücknehmen. Ein jeweiliger 50:50-Gesprächsanteil wäre ideal. Der Patient soll sich öffnen und von sich erzählen, der Akustiker hört aufmerksam zu und kann immer dann Fragen stellen, wenn etwas besonders interessant, unverständlich oder unklar ist. Dem Patienten werden dadurch mögliche Berührungsängste genommen. Das ist so wie mit dem »In den dunklen Keller gehen« oder »Pfeifen im Walde«! Indem man laut spricht oder singt, nimmt die Angst ab. Der Vorteil besteht für den Akustiker auch darin, dass immer dann, wenn der Patient redet, er diese Zeit zur Analyse des Gesprächs und zur Vorbereitung seiner weiteren Vorgehensweise nutzen kann.
Die zeitliche Investition in diese erste Phase des Vertrauensaufbaus kommt ihm im weiteren Verlauf des Gespräches zugute, da durch eine größere Vertrautheit mögliche (bewusste und unbewusste) Blockaden und Bedenken viel schneller aufgelöst werden. Im weiteren Verlauf des Gespräches wird man die investierte Zeit mehr als wieder herausholen, bei gleichzeitigem positivem weiterem Verlauf des Gesprächs.
»Ich bin doch keine Sozialstation!«
Das Mitteilungsbedürfnis vieler Patienten bereitet etlichen Akustikern durchaus praktische Schwierigkeiten. »Ich bin doch keine Sozialstation!« ist eine häufig geäußerte Reaktion auf die Frage, wie die Gesprächsanteile, die außerhalb der Hörakustik die persönliche Situation des Patienten betreffen, in den Griff zu bekommen sind. Dabei sind auch diese Gesprächsanteile ein wichtiger Bestandteil zum Aufbau einer positiven Beziehungsebene zwischen Patient und Akustiker. Dass da schon mal der rote Faden des eigentlichen Anliegens verloren geht und der Akustiker ungeduldig wird, ist verständlich.
Durch bestimmte sanfte Gesprächstaktiken und Fragestellungen kann ein überzogenes Mitteilungsbedürfnis so es gesteuert werden, dass der Patient sehr wohl das positive Gefühl behält, dass ihm zugehört wird und man sich um sein Anliegen und seine Person kümmert.
Jeder Hörakustiker muss sein eigenes kommunikatives Werkzeug zum souveränen Umgang mit diesen empfindsamen Situationen entwickeln. Es gibt keine standardisierten Verhaltensweisen. Jedes Gespräch ist ein Unikat, unverwechselbar, niemals identisch und deshalb so wertvoll.
Die Fähigkeit zur Kommunikation…
…ist den meisten Menschen nicht in die Wiege gelegt. Wie viele Kompetenzbereiche, muss auch die kommunikative Fähigkeit trainiert und ständig weiter entwickelt werden.
In den Verbänden und Organisationen des Berufsstandes werden etliche Weiterbildungsmöglichkeiten zu dieser Thematik angeboten.
Ein Training bietet die Möglichkeit (quasi mit Netz und doppeltem Boden), etwas Neues zu lernen und praktisch auszuprobieren. Ein Training muss sich immer in einer lockeren, konzentrierten und angstfreien Atmosphäre abspielen. Ein aufgezwungenes Verhalten wird bei der ersten praktischen Bewährungsprobe in einer Stresssituation verworfen. Nur wenn die praktisch ausprobierten Methoden und Techniken als erfolgreich erlebt und als Bereicherung der eigenen Persönlichkeit empfunden werden, haben diese eine Chance, langfristig die persönlichen kommunikativen Fertigkeiten zu ergänzen. »Nichts ist so erfolgreich wie der Erfolg!« Wer erfolgreich ist, hat auch mehr Spaß an der Arbeit, ist motiviert und entwickelt Ehrgeiz, in jedem Gespräch mit einem Patienten sein Bestes zu geben.
Zum Spaß an der Arbeit gehört auch die persönliche Befriedigung, wieder einem Patienten zu einem Stück Lebensqualität verholfen zu haben. Mit immer mehr kommunikativen Werkzeugen und erfolgreichen praktischen Erfahrungen ausgestattet, werden selbst komplizierte Anforderungen mit Leichtigkeit und Freude zum herausragenden Ereignis für beide Seiten.
Autor: Norbert Berndt
Dipl.-Betriebswirt Norbert Berndt, der Autor dieses Beitrags, ist nach Abitur, Studium der Betriebswirtschaft und Psychologie in Essen, Düsseldorf und Bochum, Trainer und Coach der Firma Personality Training GbR, die er gemeinsam mit Dipl.-Päd. Petra Berndt leitet. Er ist Autor von Artikeln und Büchern zum Thema und hat 5 Jahre Beratungs- und Trainings-Erfahrung in der Hörakustik.
Info@personalitytraining.com
»Die Zukunft in der Hörakustik sieht positiv aus!«
Eine ungewöhnliche Aussage in dieser recht schwierigen Zeit einer drohenden Rezession und allgegenwärtiger Depression.
Die Erfahrung lehrt, wer in guten Zeiten in seinen Bemühungen für eine optimale Kundengewinnung und Patientenbindung in seinen Anstrengungen nicht nachlässt, wird auch in schlechten oder konkurrenzintensiven Zeiten die Nase vorn haben.
Und weil man nicht den Fehler anderer nachmachen sollte, wie dies z.B. deutsche Großbanken getan haben, die sich erst aller Privatkunden und Mittelständler als quasi »unrentable Kostenverursacher« entledigen wollten und etwas später bei drehender Markt- und Konjunktur-Situation genau diese Kunden wieder in die Arme schließen wollten. »Es war doch alles nicht so gemeint…!«
Gerade die günstigen Prognosen sind Ansporn, die ständige Weiterentwicklung aller Mitarbeiter in ihrer Verkaufs-Kommunikation zur Kundengewinnung und Patientenbindung permanent voranzutreiben und als Erfolgsgaranten zu betrachten.