Von optischen und akustischen Täuschungen…
Das Softwarehaus IPRO feierte im September 2002 das 25-jährige Bestehen der Firma und die neue Software winIPRO. Aus diesem Anlass fanden in Köln, Berlin und Aalen Jubiläumsfeierlichkeiten statt. Die Berichterstatterin hat sich für die Veranstaltung in Aalen entschieden, da dort abends ein Besuch in einem privaten Museum für optische Täuschungen auf dem Programm stand.
Veranstaltungsort in Aalen war die dortige Fachhochschule, die traditionell auch über einen Fachbereich Optik verfügt. Die Eingangshalle dominiert aber der Maschinenbau in Form einiger großer alter Dampfmaschinen mit riesigen Schwungrädern und einer Vielzahl mechanischer Bauteile.
Martin Himmelsbach, Geschäftsführer von IPRO, begrüfte die Besucher der Jubiläumsfeier, die hauptsächlich der Optik gewidmet war. In seinem anschließenden Vortrag präsentierte er die IPRO-Firmengeschichte. Gründer der Firma war Manfred Gärtner. Er hatte das Ziel, Computer für alle Menschen nutzbar zu machen und individuelle Softwarelösungen anzubieten. Sein Motto war »Fair sein und gewinnen«. Der erste Firmensitz bestand aus dem Gästezimmer seiner Wohnung, die sich in einem Haus in dem idyllischen Städtchen Magstadt befand.
Bereits wenige Jahre nach der Gründung von IPRO kam es zu einer Fokussierung auf die Augenoptik und 1982 war das erste Programm für Brillenmacher fertiggestellt. IPRO wuchs und damit auch die Zahl der Mitarbeiter; so dass im Laufe der Zeit immer wieder Umzüge in größere Räumlichkeiten erforderlich waren.
Die 1. Corporate Identity bildete der Werbeslogan:
»Die freundlichen Gärtner«
1989 übernahm IPRO den Vertrieb der Software der Firma Welm für die Hörgeräte-Akustik und erschloss sich so ein 2. Standbein.
1991 beschloss der Firmengründer, Manfred Gärtner, sein Unternehmen in andere Hände zu geben. Die Entscheidung fiel auf die international tätige Berner Firma Haag-Streit AG. IPRO ist schon lange in der Schweiz, Österreich und Luxemburg vertreten, seit 1992 in Frankreich und seit 1999 auch in England. Während in Frankreich bereits 100 Anwender mit der IPRO-Software arbeiten, ist in England erst ein Anfang mit 12 Kunden gemacht.
In den anschließenden Vorträgen wurde die neue Software winIPRO vorgestellt, und einige mit IPRO zusammenarbeitende Firmen aus der Optik präsentierten ihre Produkte und stellten dar, wie die Kommunikation zwischen ihrer Software und winIPRO funktioniert.
winIPRO ist eine neue, auf Microsoft Windows basierende Software, die den Vorteil hat, dass Optik und Akustik in einem Programm integriert sind und damit auch in einer Datenbank gespeichert werden. So finden sich in einem Kundeneintrag z.B. Daten über die Brille sowie zur Hörgeräteversorgung. Ein weiterer Vorteil ist das Bausteinprinzip von winIPRO. Jeder Optiker-/ Akustiker-Kunde hat die Möglichkeit, sich sein Softwarepaket individuell zusammenzustellen. Die einzelnen Bildschirme sind übersichtlich gestaltet. Die Symbole sind deutlich größer als bei anderen Windows-Programmen üblich, so dass auch ältere Anwender, die bereits eine Lesebrille benötigen, sie gut erkennen können. Für die Optik ist ein elektronisches Glas-Bestellwesen integriert. Für die Vernetzung von Filialen mit dem Hauptgeschäft verfügt die IPRO-Software über eine eigene Netzwerk-Software und verschiedene Softwarebausteine für die Datenvernetzung. Für die lückenlose Überwachung des Auftragsbestandes steht das neue Programm winIPRO ASÜ zur Verfügung, das über eine einzige Oberfläche auch bisher eigenständig verwaltete Bereiche integriert. Da bei jeder Software auch mal Fehler auftreten, bietet IPRO zur schnellen Hilfe eine Ferndiagnose an, die eine maximale Sicherheit bietet, um zu verhindern, dass unbefugte Zugriffe auf einen Computer stattfinden. Ein weiterer Baustein ist winIPRO-SMS, mit dem Kundenbenachrichtigungen per SMS oder eMail verschickt werden können, z.B. dass die Brille fertig ist. IPRO-Barcode kann die von den Herstellern auf den Handelswaren aufgebrachten Barcodes direkt verarbeiten und stellt zur einfacheren Auftrags-Überwachung noch zusätzliche so genannte Operationsbarcodes zur Verfügung z.B. »Aufträge auf Gläser vorhanden setzen«. Zum Einlesen der Hersteller-Barcodes steht ein schnurloser Funk-Leser zur Verfügung, der eine Reichweite von 25 Metern hat. WinIPRO-Akustik unterstützt Noah 2 und ist für Noah 3 vorbereitet. Neben den üblichen Anpassdaten speichert es auch Otoskopiebilder. Beim Verkauf eines speziellen Hörgerätes schlägt das Programm die passenden Zubehörteile dazu vor. Dies sind nur einige Beispiele für die vielfältigen Möglichkeiten, die winIPRO bietet.
Begleitet wurde die Veranstaltung von einer kleinen Industrieausstellung, bei der aber ausschließlich Optik-Firmen vertreten waren. Es fand sich auch einiges, das für Hörakustiker interessant sein könnte. Da ist einmal eine kleine preiswerte Ultraschall-Reinigungsbox Ultra Clean der Firma Metzler MailShop zu nennen, die für die Reinigung von Brillen vorgesehen ist, aber auch für Otoplastiken oder Schmuck einsetzbar und für den Kunden zu Hause geeignet ist. Interessant ist auch LOOK4, ein internationales Branchenbuch für die Augenoptik im Internet, das für Optiker und deren Kunden vorgesehen ist. Hier können sich die Optiker mit einer eigenen Website präsentieren. Die Oberfläche von Look4 steht in verschiedenen Sprachen zur Verfügung und bietet viele zusätzliche Funktionen wie z.B. eine Suchfunktion, auch global, und einen Übersetzungsservice. Bei Interesse wäre es auch möglich, die Hörgeräte-Akustik in LOOK4 zu integrieren.
Abends ging es dann per Bustransfer zum privaten Museum für optische Phänomene, das Prof. Lingelbach in einer Scheune eingerichtet hat. Lingelbach ist Professor für Optik an der FH Aalen und hat im Rahmen verschiedener Diplomarbeiten viele merkwürdige und sehenswerte Objekte bauen lassen. Da gab es z.B. einen Kasten, in den man durch eine spezielle Optik hinein schauen konnte und darin einen kleinen Affen sah, der auf einem Stuhl saß. Öffnete man den Deckel dieses Kastens und schaute man von oben hinein, waren nur einzelne Stäbe, ein kleines Brett und ein Affe zu sehen, die scheinbar beliebig angeordnet waren. Der ägyptische Pharao Ramses schien die Besucher mit seinen Blicken ständig zu verfolgen, ganz gleich, wo sie standen. Dann ging es weiter zu einem Raum, in den man durch ein Fenster hinein sehen konnte. Befand sich jemand darin und ging von der rechten Ecke in die linke, schien er abwärts zu gehen und wurde dabei immer kleiner. An einer Wand hingen runde Scheiben, die rotieren konnten. Auf einer war eine Spirale abgebildet, die an beiden Enden aufgewickelt war. Drehte sich die Scheibe, schienen sich die Enden der Spirale immer ab- und wieder aufzuwickeln. Auf einer anderen rotierenden Scheibe war eine Elypse abgebildet. Rotierte diese Scheibe, schien sie zu »eiern«, obwohl sie rund war. In einer Ecke lag ein rechteckiges rotes Brett. Einige Meter weiter befand sich eine spezielle Optik und mitten dazwischen ein Stuhl ohne Sitz. Setzte sich jemand auf dieses Brett und betrachtete man diese Anordnung durch die Optik, so wanderte das Brett zusammen mit der Person, die darauf saß, auf den leeren Stuhl zu. Dies sind nur einige Beispiele für die vielen interessanten Objekte, die es zu bewundern gab. Zusätzlich waren viele bekannte Bilder mit optischen Täuschungen ausgestellt, z.B. mit »falschen« Perspektiven, die die Größenverhältnisse zwischen Personen oder Objekten verfälscht zeigen, so wie auch Bilder von Escher, z.B. mit Treppen, die immer aufwärts zu führen scheinen und trotzdem kreisförmig verlauten. Konzentrische Kreise schienen spiralen zu sein und parallele, gerade Linien sahen gekrümmt aus. Der Spieltrieb der Besucher wurde durch viele Geduldsspiele geweckt, die auf einem Tisch auslagen.
Nach einem guten, reichhaltigen Abendessen hielt Prof. Dr. Bach von der Universitäts-Klinik Freiburg – Klinik für Augen-Heilkunde einen interessanten Vortrag über optische Täuschungen und lieferte Erklärungen für viele der gezeigten Objekte und Bilder. Optische Täuschungen entstehen oft dann, wenn wir etwas sehen, das mit dem, was unser Gehirn im Laufe des Lebens gelernt hat, nicht zusammenpasst. Der Grund, warum uns z.B. Ramses mit den Augen verfolgt, liegt darin, dass sein Gesicht nach innen gewölbt ist und seine Augen vorstehen. Unser Gehirn hat aber gelernt, dass ein Gesicht immer nach außen gewölbt ist und kann deshalb das Gesehene nicht deuten. Beim Hören gibt es ähnliche Effekte, z.B. wenn wir einen schalltoten Raum betreten und einen Druck auf den Ohren empfinden. Hier hat unser Gehirn gelernt, dass in einem Raum immer Reflektionen von den Wänden zurückkommen und kann den Höreindruck in einem schalltoten Raum nicht richtig einordnen. Sehr interessant ist die Homepage von Prof. Bach, die unter der Internetadresse www.michaelbach.de besucht werden kann.
Alles in allem war die Jubiläumsveranstaltung von IPRO sehr interessant und die Fahrt nach Aalen hat sich gelohnt.
Wie inzwischen zu erfahren war, wird auch an der Fachhochschule in Aalen ein neuer Studiengang für Hörakustik eingerichtet, für den als Voraussetzung eine abgeschlossene Lehre erforderlich ist und der mit dem international anerkannten Bachelor of Science (Hörakustik) abschließt. Ein Studium der Optik kann zusätzlich integriert werden.
Autorin: Ulrike Seifert-Kraft