Verein aus Tutzing organisiert jedes Jahr Hilfstransporte
Auch AOK Sachsen-Anhalt sammelt mit
Viele hörgeschädigte Kinder in Osteuropa leben in einer Welt der Stille. In ihrer Heimat sind Hörgeräte Mangelware. Hilfe leistet – wie die »ÄrzteZeitung« vom 4. Februar 2003 berichtete, unter anderem der Akustiker-Meister Dirk Michelmann aus Staßfurt. In seiner Werkstatt repariert der 40-jährige gemeinsam mit fünf Elektronikspezialisten gebrauchte und defekte Geräte, die deutsche Träger nicht mehr benötigen. Im russischen Kaliningrad haben sie jetzt beispielsweise behinderte Kinder einer Internatsschule mit gebrauchten Hörgeräten versorgt.
In einer Werkstatt in Staßfurt werden die Geräte repariert
Seit Mitte der 90er Jahre betreibt Michelmann seine Werkstatt zur Reparatur von Hörgeräten. Er besetzte damals eine Marktnische, setzt heute bis zu 50 Geräte täglich wieder in Gang. Hörakustikbetriebe in Deutschland und Österreich sind seine Kunden.
Seit nunmehr 2 Jahren repariert er auch Geräte für den Verein »Osteuropa-Hilfe« im bayerischen Tutzing, die dann in Hilfstransportern gen Osten gehen. »Wir leben in einer Überfluss-Gesellschaft«, sagt er. »Da muss doch ein Brosamen für Bedürftige abfallen. Es tut mir in der Seele weh, was die Leute manchmal so wegwerfen.«
Ein Hörsystem kostet in Deutschland bis zu 3’000 Euro. Solche Summen sind in Russland für viele unerschwinglich. »Zwar schreitet die technische Entwicklung der kleinen Wunderwerke schnell voran, aber auch ältere Geräte halten oft noch Jahre«, sagt Michelmann. »Wir tauschen hier ein paar Verschleißteile aus, und die Geräte funktionieren wieder, zumindest für diesen sozialen Zweck. Ein kleiner Schritt mit großer Wirkung. 10-12 % der menschlichen Wahrnehmung macht das Hören aus. Gerade für die Entwicklung der Intelligenz bei Kindern ist Hören immens wichtig.«
Für die Sammlung der Geräte und den Transport an ihren Bestimmungsort sorgt der Verein »Osteuropa-Hilfe«, den der Hörgeräte-Akustikermeister Peter Gsinn aus Tutzing am Starnberger See in Bayern leitet. »Herr Michelmann leistet für uns wertvolle Arbeit«, sagt Gsinn. »Ohne ihn hätten wir es schwer.«
Ein oder zwei Mal im Jahr fährt Gsinn mit einem Hilfstransport gen Osten, eben in das frühere Königsberg, aber beispielsweise auch in die Ukraine.
Der erste Hilfstransport schon vor 10 Jahren
Mehr als 4’000 Hörgeräte wechselten so bisher den Träger. »Als wir vor 10 Jahren zum 1. Mal in das Internat für Hörbehinderte in Kaliningrad kamen, war es dort ganz still. Jetzt lärmen die Kinder herum, weil sie nicht mehr taub sind«, berichtet Gsinn. »Wir bringen die Geräte nicht einfach nur hin, wir passen sie den Kindern in Zusammenarbeit mit Ärzten auch fachgerecht an.«
Auch Michelmann sammelt in seinen Filialen in Staßfurt, Dessau und Oschersleben gebrauchte Hörgeräte für Osteuropa. Jetzt will ihn die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) Sachsen-Anhalt unterstützen und auch in ihren Kundenbüros Sammelbehälter aufstellen. »Die Idee, so zu helfen, ist einfach gut«, sagte Sprecherin Christiane Riedel. »Warum wegwerfen, was mit relativ geringem Aufwand wieder funktionstüchtig gemacht werden kann?«
Autor: Stefan Kruse
Kontakt: Peter Gsinn,
Hauptstraße 26,
D-82327 Tutzing