Konzeptioneller Diskurs
Schon im Januar 2003 fand in Vorbereitung des europäischen Meetings eine Sitzung der deutschen „biap“-Gruppe statt, um die Arbeit der Convention in Korfu zu unterstützen. Bei diesem Treffen wurde beschlossen, auf die Vorstellungen des neuen Präsidenten der Kommission 06, Thierry Renglet, Einfluss zu nehmen und die Arbeit nicht darauf zu beschränken, eine Empfehlung zum Verhalten des Hörbehinderten vor und nach der Versorgung zu geben. Solche Ratgeber gibt es schon massenhaft.
In diesem Jahr war als Tagungsland des der Convention des Bureau International d’AudioPhonologie (BIAP) Griechenland vorgesehen, da jeweils ein anderes Land der EU Schauplatz der Conventionen sein soll. Weil Korfu wegen des Tourismus eine gute Infrastruktur vorweisen kann, fiel die Wahl für den 24. April bis 3. Mai auf diese Insel.
Es gab aber sofort Probleme wegen des Ausbleibens der Touristen aus den bekannten Gründen – auch in Europa geht die Angst um und die Mittel werden kärglicher. Flüge wurden gestrichen, auf unserem Rückflug waren wir nur 16 Personen in einem Flieger, der über 300 Plätze verfügt.
Sonst aber war das Tagungsziel gut ausgewählt: Zwar ein Haus für Massentourismus, aber mit guten Seminar-Modalitäten und Räumlichkeiten.
In 2002 schon hatte das BIAP als Nachfolger von Dr. Yves Dejean, Professor an der Université de Montpellier, Salvadore Santiago, einen Physiker aus Spanien, zum Präsidenten gewählt. Frau Adoration Juarez Sanchez und Dr. Thomas Wiesner wurden Vizepräsidenten.
Da Prof. Dr. Peter Plath den Vorsitz der Kommission 06 – Hörgeräte – niedergelegt hatte, wurde diesmal sein Nachfolger, Thierry Renglet aus Belgien, tätig.
Als anstehende Aufgabe wurde die Überarbeitung der Empfehlung 06/ 01 besprochen. Diese Neufassung besteht darin, dass die neuen Normen und DIN-Vorschriften in diese Empfehlung aufgenommen werden sollen. Diese Arbeit hatte sehr effizient Dipl.-Ing. Reimer Rohweder ausgeführt, so dass einer Einstellung ins Internet nichts mehr im Wege steht.
Die neue Aufgabe der Kommission 06, die im vergangenen Jahr angenommen wurde, besteht darin, die Rolle des Hörbehinderten/Patienten bei der Anpassung zu definieren.
Bei der Mini-Convention in Paris im November 2002 war zunächst beschlossen worden, alles zu sammeln, was es über dieses Thema (Welche Aufgaben sind definiert? Welche Formulare, Fragebogen u.ä. sind üblich?) in den Mitgliedsländern schon gibt. Diese Übersicht sollte allen Mitgliedern der Kommission 06 zugänglich gemacht werden. Dr. Wiesner hatte in Deutschland zusammen mit Ahsen Enderle-Ammour diese Aufgabe übernommen.
So lag zum Sitzungsbeginn umfangreiches Material, aber keinerlei Entwurf für eine Empfehlung vor. Auch gingen die Meinungen über den Inhalt der Empfehlung weit auseinander. Th. Renglet legte einen Text vor, der mehr oder weniger das beinhaltete, was fast jeder Hersteller den Hörgeräte-Benutzern als Leitfaden zukommen lässt und zwar meist besser als dieser Text. Auf unseren Einwand hin, dass diese Empfehlung enthalten solle, was für den Hörpatienten sowohl beim HNO-Arzt als auch beim Hörgeräte-Akustiker gemacht werden muss (z.B. alle Schritte der Messungen und Anpassarbeiten), meinte Thierry Renglet, dies sei Aufgabe der AEA. Schließlich wollen wir damit erreichen, dass der Patient eine gute, mit allen Notwendigkeiten konzipierte Anpassung von einer schlechten unterscheiden kann. Da die deutsche Delegation der Meinung war, dass es sich hier um eine multidisziplinäre Aufgabe handelt, wurde kontrovers diskutiert und schließlich entschieden, dass die deutsche Delegation einen Entwurf erarbeiten soll, der auf einer Sitzung in Friedberg unter Mitwirkung von:
Andrea Bohnert, Audiologieassistentin an der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Uni Mainz,
Manfred Drach, Schwerhörigen-Pädagoge in Friedberg,
Ahsen Enderle-Ammour, Hörakustik-Meister,
Dipl.-Ing. Reimer Rohweder, Sachverständiger für Hörgerätetechnik, sowie
Dr. Thomas Wiesner, HNO-Arzt und Hörgeräte-Akustiker aus Hamburg, und
dem Berichterstatter entstehen wird.
Des Weiteren sollen die verschiedenen Fragebogen zur Anpassung und Feststellung der Zufriedenheit nach der Versorgung gesichtet werden und eventuell später in die Arbeit der Kommission 06 eingebracht werden. Es gibt also in den nächsten Conventionen viel zu tun.
Auch die übrigen Kommissionen haben neue Empfehlungen erarbeitet, die in Korfu verabschiedet werden konnten. Dies betrifft die Empfehlung 09/4 »Über die Sprachverständlichkeit in Klassenräumen«.
Das gemeinsame Europa auf dem Gebiet der Hörgeräte-Versorgung scheint – wie auf vielen anderen Schauplätzen – zunächst ein schwieriges Geschäft, vergleichbar, um im reizvollen Schauplatz Korfu zu bleiben, einem Eselsritt auf Berge: 5 Schritt voran, 2 Schritte zurück – aber die jeweils 3 Schritte Gewinn geben Grund zum Optimismus!
Autor: Herbert Bonsel