Deutsche Städte im Hörtest (To be Insider in 7 Minute n)

Eine Idee mit durchschlagendem Erfolg

Die Hessisch-Niedersächsische Allgemeine in Kassel hat es getan, das Darmstädter Echo, die Ostsee-Zeitung (Rostock) und die Nürnberger Nachrichten ebenso. Diese und weitere 6 Tageszeitungen haben bis heute auf Initiative des Forum Besser Hören ihre Stadt einem öffentlichem Hörtest unterzogen. Und entsprechend groß darüber berichtet.
Bis heute wurde eine Gesamt-Auflage von circa 1.8 Millionen erreicht. Weitere Zusagen bzw. Interessenbekundungen liegen vor. »Die Idee zu der Hörtest-Serie ist sehr plakativ und damit denkbar einfach«, so Silke Brandes vom Forum Besser Hören. »Dies sehen wir als wichtigsten Grund dafür, dass die Tageszeitungen so ›bereitwillig‹ auf unseren Vorschlag aufgesprungen sind und noch immer aufspringen.«

Der Grundstein für die Idee »Deutsche Städte im öffentlichen Hörtest« wurde durch den Publizistik-Preis 2002 gelegt. Damals gab es für Monika Felsing einen 2. Preis für ihre Serie »OhrZeit« im Bremer Weser Kurier. Gemeinsam mit der Public Health – Studentin Annelie Stöppler, selbst beidohrige HdO-Trägerin und Initiatorin der Aktion, anderen Hörgeräte-Träger:innen und Normalhörend:innen untersuchte die Redakteurin über insgesamt 7 Teilabschnitte (7 Veröffentlichungen) öffentliche Bremer Einrichtungen wie Gerichte, Postämter, Museen, Theater, Kinos, Cafés und Restaurants. Die Tests wurden von Schwerhörigen durchgeführt, die mit Hörgeräten versorgt sind, ihre individuellen Bedürfnisse bildeten somit das Nadelöhr für die spätere Beurteilung. Die Resonanz der Leser war laut Aussage der Redaktion überwältigend, Leserbriefe türmten sich im Verlagsgebäude, es schien, als würde ganz Bremen über die Hörfreundlichkeit der Freien Hansestadt diskutieren.

Adaption einer bewährten Idee

Warum also eine solch erfolgreiche Idee nicht adaptieren? Das Forum Besser Hören entwickelte ein Konzept, mit dem bundesweit Tageszeitungen mit attraktiver Auflage und hoher regionaler Bedeutung effizient und doch individuell angesprochen werden konnten. »Wir haben selbstverständlich im Vorfeld sowohl mit Frau Felsing als auch Frau Stöppler gesprochen und ihr grundsätzliches Einverständnis eingeholt«, so Silke Brandes. »Sie waren glücklicherweise nicht nur begeistert, dass die Idee bundesweit weitergetragen werden sollte, sondern zudem ausgesprochen kooperativ.« So konnte das Forum Besser Hören auf ihre Test-Systematik zurückgreifen, die 3 grundsätzliche Schwerpunkte unterscheidet:
Die Raum-Akustik,
die technischen Voraussetzungen wie Induktionsschleifen etc. und
den Umgang von »Mensch zu Mensch«. Vor allem der letzte Punkt gab der Idee die entscheidende Würze, kommt es doch für Schwerhörige wie auch Normalhörende immer ganz entscheidend auch auf die Umgangsformen an.

Schaut einen der Schalterbeamte beim Sprechen an oder guckt er nach hinten, während er redet? Reagieren Mitarbeiter geduldig und aufmerksam, wenn man selbst Inhalte nicht gehört oder verstanden hat? Sind Mitarbeiter im Theater über ausgewiesene Plätze für Schwerhörige informiert?

Die einzelnen Hörtests entstanden in enger Zusammenarbeit zwischen lokal ansässigen Schwerhörigen, der Redaktion und dem Forum Besser Hören. In den meisten Fällen waren die lokalen Schwerhörigen-Vereine Feuer und Flamme für die Idee und kümmerten sich umgehend um potenzielle Testpersonen aus der jeweiligen Stadt. Schließlich erfordern die Rundgänge Zeit und ein unvoreingenommenes Wesen. In einem Vorgespräch wurden die zu testenden Einrichtungen bestimmt und das ungefähre Vorgehen festgelegt.
»Die Aktion hatte nie zum Ziel, die Einrichtungen zu überrumpeln oder vorzuführen«, erläutert Silke Brandes. »Vielmehr wollen wir sensibilisieren und Entscheidungsträger in den Einrichtungen darüber aufklären, mit welchen Mitteln eine deutlich hörfreundlichere Atmosphäre geschaffen werden kann. Zum Vorteil aller!«

Hörfreundlichkeit ist relativ

Jede Stadt hatte ihre Stärken, aber auch ihre Schwächen. Insofern ist eine generelle Zusammenfassung der Ergebnisse nicht möglich und auch nicht angebracht. Die hörfreundlichste Stadt gibt es (bislang) nicht. Schließlich kann eine schlechte Akustik (wie auf den meisten Bahnhöfen) – die noch dazu nicht durch digitale Anzeigen ausgeglichen wird – durch freundliches, sensibles und informiertes Personal weitgehend wettgemacht werden, so dass der Gesamteindruck dennoch positiv ist. Eine Induktionsspule (wie es sie mittlerweile in vielen Kirchen gibt) kann vorhanden sein, muss jedoch nicht eingeschaltet sein oder funktionieren. Die Raumakustik im Café zum Beispiel kann vorbildlich sein, eine Kommunikation aufgrund zu lauter Nebengeräusche (Hintergrundmusik) ist dennoch unmöglich.

»Die differenzierte Berichterstattung ohne pauschale Verurteilungen war beabsichtigt«, so Silke Brandes abschließend. »Schließlich ging es darum, ins Gespräch zu kommen, Verbesserungspotenziale in jeder Stadt individuell auszuloten und Normalhörende für die Belange der Schwerhörigen zu sensibilisieren.« Dies ist bereits jetzt über die Medien-Kooperationen erreicht worden. Und weitere stehen ja noch aus.

Autorin: Silke Brandes

Siehe auch: www.forumbesserhoeren.de

 

 

Autor: Thomas Keck

Thomas Keck ist durch seinen Beruf als Hörsystemakustiker bestens mit der Präzision und Sorgfalt vertraut, die sowohl für die technische Arbeit als auch für den direkten Kundenkontakt erforderlich sind. Sein Werdegang zeugt von einer kontinuierlichen Entwicklung und einem hohen Maß an Fachwissen, unterstrichen durch den Meisterbrief und die Selbstständigkeit. Er verfolgt seine Interessen mit Leidenschaft und widmet sich einer Vielzahl von Aktivitäten, von Musik über die Beschäftigung mit Oldtimern bis hin zur Werteschätzung der Bibel. Thomas bewundert Menschen, die in ihrem Feld Spitzenleistungen erbringen, wie diverse Musiker und Schauspieler. Dies deutet auf eine hohe Wertschätzung für Expertise und handwerkliches Können hin.

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