2. Staffel der HörTour erfolgreich beendet (To be Insider in 8 Minute n)

»Ich dachte nicht, dass ich so schlecht höre…«

»Früher habe ich gehört wie ein Luchs. Darauf war ich immer stolz. Aber jetzt haben meine Kinder gesagt, ich soll mal meine Ohren überprüfen lassen, und wahrscheinlich haben sie recht. Deshalb finde ich’s gut, dass Sie heute hier auf dem Südermarkt kostenlose Hörtests anbieten.«

Nicht jeder geht so offen mit dem Thema Hörtest um, wie die 59-jährige technische Angestellte aus Flensburg. Und doch nutzten 150 Flensburger die Gelegenheit zum Hörtest, als das Hören-Mobil der Fördergemeinschaft Gutes Hören (FGH) den nördlichsten Standplatz der Hörtour 2003 erreicht hatte. Da die Nachfrage in Bezug auf Hörtests in den beiden schallisolierten Kabinen des Mobils sehr groß war, ließen etwa ebenso viele Passanten ihr Gehör am Schnellhörtester überprüfen. Bei den Kabinen-Hörtests zeigte sich, dass 45 % der Getesteten nicht optimal hören.

Damit lagen die Flensburger sogar besser als die meisten anderen Städte. Werte um 70 % – mit leichter, mittlerer oder erheblicher Hörminderung – waren keine Seltenheit in deutschen Innenstädten. Natürlich haben diese Zahlen keinen Anspruch auf Repräsentativität. Denn Menschen, die sich für einen Hörtest interessieren, sind immerhin offen für das Thema oder ahnen sogar, dass sie hier ein Problem haben könnten. Dennoch: Viele kamen, um sich bestätigen zu lassen, dass sie doch noch ganz gut hören. Diesen Gefallen konnte man ihnen leider nicht immer tun. Ein 73-jähriger aus Meinigen war sichtbar enttäuscht: »Ich dachte nicht, dass ich so schlecht höre. Zwar habe ich letztens bei einer Kabarettvorstellung oft nicht mitlachen können, weil ich nicht alles verstanden habe. Aber ich dachte wirklich, das läge an der schlechten Aussprache des Kabarettisten. Meine Tochter hat mich heute überredet, hierher zu kommen. Und ich bin richtig schockiert über das Ergebnis: Die Akustikerin hat gesagt, dass ich hochgradig schwerhörig bin.«

Natürlich war der Mann kein Einzelfall. Die meisten Hörminderungen zeigten sich bei den Testpersonen jenseits des 60. Geburtstages: Hier wurden in den unterschiedlichen Städten in einer Spanne von 58 bis 95 Prozent Hörprobleme festgestellt. Ein erschreckendes Ergebnis. Was sich zunächst wie nackte Theorie anhört, wirkte sich für die Partner der Fördergemeinschaft Gutes Hören oft sehr konkret aus. Denn überraschend viele Personen mit auffälligem Testergebnis folgten dem Rat der Akustiker und gingen noch am selben Tag ins Fachgeschäft, um dort in aller Ruhe einen ausführlichen Hörtest zu machen – alte ebenso wie junge. So auch ein 40-jähriger Hobby-Schütze aus Zwickau: »Als ich in der Zeitung von dieser Hörtest-Aktion hier gelesen habe, bin ich extra in die Stadt gefahren. Ich hab› ja schon geahnt, dass meine Ohren nicht mehr so ganz in Ordnung sind und wollte es heute einfach mal wissen. Mein Testergebnis ist leider schlechter ausgefallen, als ich dachte. Mein linkes Ohr hat scheinbar eine starke Hörminderung. Ob das vom Schießen im Sportverein kommt? Ich wüsste nicht, wovon sonst. Ich gehe jetzt jedenfalls sofort in den Hörakustik-Laden, und lasse dort meine Ohren noch mal richtig testen.«

Der Zwickauer war kein Einzelfall. Die spontane Rückmeldung vieler FGH-Hörakustiker zeigt, dass eine Menge der Getesteten innerhalb weniger Tage mit dem Hörtest-Pass in der Hand ihr Fachgeschäft aufgesucht haben.
Dass der kostenlose Hörtest auch täglich beim Hörakustiker zu haben ist, wussten – wie so oft – die wenigsten. Denn ganz offensichtlich fällt es leichter, gemeinsam mit vielen anderen Passanten in der Schlange vor dem Hören-Mobil zu stehen, als ein Hörakustiker-Institut zu betreten.

Generationen-Treffpunkt Hören-Mobil

Häufig besuchten auch ganze Familien das Hören-Mobil. Da kam die Oma mit den Enkelkindern, der Papa mit seinem jugendlichen Sohn oder die 30-jährige Tochter mit der 60-jährigen Mutter. Typisch ist der 68-jährige Rentner aus Limburg, der ganz offensichtlich von seiner Frau überredet worden war, einen Hörtest vornehmen zu lassen: »Meine Frau meint, dass ich mal einen Hörtest machen sollte. Sie sagt, dass ich den Fernseher immer so laut drehe. Ich finde gar nicht, dass das so laut ist. Jetzt wollten wir beide mal gucken, was bei einem Hörtest rauskommt.«

Nicht nur die Hörtests, auch die Musik-Lautstärke-Tester, das Hörquiz und das Hör-Memory kamen bei den Menschen gut an. Eine äußerst rüstige 87-jährige Greifswalderin: »Ich finde Ihr Angebot ganz bemerkenswert. Schade, dass es so etwas früher noch nicht hier gab.« Viele kamen nicht zufällig zum Standplatz. Manche hatten den Zeitungsausschnitt mit der Anzeige in der Hand und fragten gezielt nach bestimmten Angeboten. In 2003 hatte die FGH auf Großplakat-Werbung in den Städten verzichtet und stattdessen Anzeigen in der jeweiligen Lokalpresse geschaltet. Diese Rechnung ging auf. Denn offenbar wird die Zeitung doch aufmerksamer gelesen als Plakate. Das merkte man auch daran, dass die Namen der beteiligen Hörakustiker einigen schon vor den Hörtests bekannt waren. Nach dem Test wissen die Menschen dann ohnehin, an wen sie sich demnächst vertrauensvoll wenden können.

Tausende beim Hörtest

Begeistert vom Angebot im und am Hören-Mobil waren auch die Schulklassen, die in diesem Jahr wieder zahlreich die Hörtour besuchten. Für die Schüler:innen wurde das Hören zum Erlebnis, wenn es darum ging, beim Hör-Memory zusammengehörige Geräusche zu erraten oder zu testen, wie laut die Musik aus dem eigenen Discman tönt.

Ein 17-jähriger Lehrling aus Schorndorf war richtig betroffen, nachdem er den Pegel seines tragbaren CD-Players messen ließ: »Ich hätte nie gedacht, dass ich Musik bei 120 Dezibel höre. Hier steht, dass da schon die Schmerzgrenze liegt. Das ist richtig gefährlich. Hoffentlich habe ich mir noch keinen Hörschaden geholt.« Die kostenlosen FGH-Ohrstöpsel für den nächsten Disco-Besuch hat der Musik-Fan sofort eingesteckt – für sich und seine Freunde.

Die 2. Staffel der erfolgreichen Hörtour der Fördergemeinschaft Gutes Hören startete nach der großen Hitze des deutschen Jahrhundert- Sommers. Bei angenehmen Temperaturen und strahlendem Sonnenschein bot das Hören-Mobil am 25. August in Schleswig wieder seine Serviceleistungen rund ums Hören an. Das Angebot der Fördergemeinschaft kommt gut an. Innerhalb der 6 Wochen Hörtour hatten Menschen in 28 Städten die Möglichkeit, beim Einkaufsbummel ganz Ohr zu sein. Nach dem Ende der Tour am 2. Oktober in Schweinfurt haben rund 10’000 Menschen erfahren, wie es um ihre Ohren bestellt ist. Ebenso erfolgreich war das Hören-Mobil im Frühjahr bereits in 12 Städten in Bremen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen unterwegs.

Autorin: Martina Stein-Lesniak