Gespräch mit Ruzicka, Präsident der Starkey Labs (To be Insider in 20 Minute n)

Audio Infos: Herr Ruzicka, was ist Ihrer Meinung nach das Besondere an Starkey in den U.S.A. und weltweit? Warum sollte ein Schwerhöriger Ihr Produkt kaufen und nicht ein anderes?
Ruzicka: Es ist das Bemühen aller unserer Niederlassungen, wo immer sie sich in der Welt befinden, einen besseren Sevice zu bieten als der Wettbewerb. Der Service steht bei uns an erster Stelle. Wir glauben nämlich, dass der Kunde denjenigen Lieferanten bevorzugt, von dem er das Gefühl hat, dass er sich am meisten für ihn einsetzt.

Audio Infos: Es wird aber oft gesagt, dass Starkey in den letzten 5 Jahren hinter den Wettbewerb zurückgefallen ist, gerade weil es sich hauptsächlich auf den Service und das Marketing konzentriert hat. Die europäischen Hersteller zum Beispiel haben in der Zeit mehr Wert auf die Technologie gelegt.
Ruzicka: Das ist Schnee von gestern. Wir haben in den letzten Jahren damit begonnen, uns ganz auf die Entwicklung unserer technologischen Kompetenz zu konzentrieren. Und die steht wieder ganz im Dienste unserer Mission, dem Service an unseren Kunden!

Audio Infos: Was haben Sie denn unternommen, um technologisch weiter zu kommen?
Ruzicka: Wir haben unser Budget für Forschung und Entwicklung beträchtlich erhöht. Vor 5 Jahren hatten wir dafür nur 10 Millionen $ pro Jahr ausgegeben. Das haben wir jetzt verdoppelt.

Audio Infos: Was für eine Philosophie verfolgen Sie dabei?
Ruzicka: Die ist recht einfach. Sie stützt sich auf die Wissenschaft vom Hören. Wenn eine neue Technologie nicht das Ergebnis einer qualifizierten Forschungsarbeit auf diesem Gebiet ist und einer klinischen Uberprüfung nicht standhält, verfolgen wir sie nicht weiter. Wir haben eine ebenso einfache Philosophie, was den Markt betrifft: jeder Kunde, der eine Hörberatung wünscht, ist für uns ein Kandidat für ein hochwertiges Digitalgerät. Darum bieten wir diesbezüglich eine breite und ausgewogene Produktpalette an.

Audio Infos: Haben Sie damit Erfolg?
Ruzicka: Wenn Sie die letzten fünf Jahre betrachten, dann haben wir auf technologischem Gebiet einen guten Job gemacht. Nehmen wir die U.S.A., dort liegt die Marktdurchdringung für digitale Geräte bei 60%. Unser Programm ist aber bereits zu 80% digitalisiert. Wir sind da die Schrittmacher und haben hierzulande den größten Marktanteil.

Audio Infos: Wir haben den Eindruck, dass Starkey auf dem Markt für HdO-Geräte aktiver werden will. Ist das richtig?
Ruzicka: Ja, wir haben die HdO-Geräte in der Vergangenheit etwas vernachlässigt. Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass wir in 36 Ländern der Welt vertreten sind und HdO-Geräte auf vielen Märkten einen großen Anteil haben. Natürlich können wir uns weiter darauf konzentrieren, ein Custom-Made – Hersteller zu sein. Aber ich denke, es ist der richtige Weg, wenn wir uns als Hersteller breiter aufstellen.

Audio Infos: Gilt das auch für die Implantat-Technologie? Viele Ärzte glauben ja, dass dort die Zukunft liegt.
Ruzicka: Wir müssen sehen, dass es zwischen den Märkten für Implantate und Hörgeräte heute mehr Gemeinsamkeiten gibt als vor 20 Jahren. Wenn es unser Ziel ist, technologisch führend zu sein, dann müssen wir uns überlegen, wie wir diese Entwicklung für uns und den Markt nutzen können. Wir werden deshalb verstärkt darüber nachdenken müssen, was wir auf diesem Gebiet leisten wollen und können.

Audio Infos: Der U.S.-Markt hat in den letzten Jahren kein Wachstum mehr gehabt. Wie erklären Sie sich das?
Ruzicka: Ich glaube, dass die starken Schwankungen an den Börsen einen Einfluss auf das Konsumverhalten der Menschen gehabt haben. Wir haben in der Tat einen Zusammenhang zwischen der Börsenentwicklung und dem Wachstum unserer Industrie festgestellt. Das schnelle Marktwachstum in den 90er Jahren stand im Zusammenhang mit den guten verfügbaren Einkommen der Verbraucher. Der Marktrückgang der letzten Zeit hat etwas damit zu tun, dass viele Menschen aufgrund der Aktienkurse einen Teil ihres Vermögens und ihrer Rente verloren haben.

Audio Infos: Gibt es Anzeichen für eine Markterholung?
Ruzicka: Ja. Wir haben im Juli ein Plus von 11 % gegenüber dem Vorjahr gehabt. Das sind die offiziellen Zahlen unseres Industrieverbandes, [der Hearing Industries Association, Inc.] Wir sind zuversichtlich, dass sich unsere Wirtschaft erholen und wieder wachsen wird.

Audio Infos: Seit einiger Zeit wird der Markt in den U.S.A. mit allen möglichen Starter-Hörgeräten überschwemmt. Dämpft das nicht die HIA-Zahlen?
Ruzicka: Das ist für uns nie ein ernsthaftes Thema gewesen. Die Geräte haben auch nie die Marktbedeutung erreicht, für die sie konzipiert worden sind. Ich bin schon seit 26 Jahren bei Starkey und habe schon so viele Starter-Geräte gesehen, die zunächst immer viel Wirbel gemacht haben und dann wieder schnell vom Markt verschwunden sind. Wir beschäftigen uns lieber damit, dem Verbraucher eine für ihn rundum zufriedenstellende Versorgung zu bieten, und zwar hinsichtlich der Gerätequalität und des Service.

Audio Infos: Ihr Marktanteil liegt in den USA bei 25 % und weltweit bei 18 %. Er hat sich als relativ stabil erwiesen…
Ruzicka: Wir haben immer eine große Stabilität gehabt. In den letzten 2 Jahren haben wir sogar noch dazu gewonnen. Unsere Strategie war immer, Produkte zu entwickeln, die den Servicegedanken des Unternehmens stützen. Das zeigt seine Wirkung, denn wir wachsen immerhin in einem Industriezweig, der in den U.S.A. stagniert.

Audio Infos: In Deutschland ist der IdO-Anteil in den letzten Jahren von 35 % auf 22 % abgerutscht. Davon sind sogar die Fachleute überrascht, die eigentlich einen Siegeszug der IdO´s vorausgesagt hatten.
Ruzicka: Dafür sind mehrere Gründe verantwortlich. Wir beobachten zum Beispiel, dass immer dort, wo der Endverbraucher sehr stark in den Entscheidungsprozess involviert ist, der IdO-Anteil sehr hoch ist. Das ist zum Beispiel in Österreich, Japan, Nordamerika und Mittelamerika der Fall. Dann spielt auch die Frage der Kostenübernahme in den einzelnen Ländern eine Rolle. HdO-Geräte sind da etwas im Vorteil.

Audio Infos: Hat nicht auch die technologische Entwicklung die Gewichte verschoben?
Ruzicka: Sicher, die Geräte sind heute mit denen von vor zwanzig Jahren nicht mehr vergleichbar. Aber ich bin der Meinung, dass der wichtigste Faktor des Marktwachstums die Miniaturisierung der Geräte gewesen ist und nicht die Technologie. Die Einführung der IdO-Geräte, vor allem der ReaganEffekt, hatte dem Markt den entscheidenden Impuls gegeben. Programmierbare Geräte und Kompressionsgeräte hat es damals zwar auch schon gegeben, aber das ist vom Endverbraucher nicht so wahrgenommen worden wie die Miniaturisierung. Der 2. große Impuls für den Markt war mit der Einführung der CIC-Geräte verbunden, und auch da ging es um den Wunsch des Kunden nach Diskretion.

Audio Infos: Ein anderes Thema: Es hat Gerüchte über ein Zusammengehen von Starkey und Oticon gegeben.
Ruzicka: Es stimmt, dass wir mit Oticon zusammen einige Dinge entwickelt haben. Darin haben einige Leute den ersten Schritt zu einem Merger gesehen. Aber Tatsache ist, dass Starkey ein privates Unternehmen ist. Sein Inhaber, [William] „Bill“ Austin, hat schon vor langer Zeit festgelegt, was mit der Firma passieren soll, wenn er einmal nicht mehr da ist. Es ist sein Lebenswerk. Manche Leute spielen Golf, andere gehen lieber angeln. Er setzt sich lieber für schwerhörige Menschen ein. Die Möglichkeiten, Starkey zu übernehmen, sind also minimal. Wir sind eher daran interessiert, andere Firmen zu übernehmen, wenn es Sinn für uns macht.

Audio Infos: Wo kamen die Gerüchte denn her?
Ruzicka: So etwas wird meistens von Analysten aufgebracht, die einfach davon überzeugt sind, dass eine Firma an einem bestimmten Punkt und zu einer bestimmten Zeit reif sein müsse für eine Übernahme. Aber so einfach ist das nicht, den Bill ist ein starkes Individuum, der seine Arbeit liebt und nichts bedeutet ihm mehr als sie.

Audio Infos: Das ist sicherlich ein Stück der Identität von Starkey, das Einzelunternehmertum und der noch aktive Inhaber und Gründer.
Ruzicka: Ja, weil ich das operative Geschäft leite, kann sich Bill ganz seinen Patienten und der Stiftung widmen. Außerdem kümmert er sich noch um das Marketing für den U.S.-Markt. Wenn er den Wunsch hätte, seine Firma zu verkaufen und eine beträchtliche Summe Geld einzustreichen, dann könnte er es zweifellos sofort tun. Aber das interessiert ihn nicht.

Audio Infos: Was soll denn werden, wenn es ihn nicht mehr gibt?
Ruzicka: Dann würden die Angestellten die Firma übernehmen, und zwar die gesamte Belegschaft. Jeder kann dann einen Anteil der Firma kaufen. Dafür gibt es bereits einen genauen Plan.

Audio Infos: Das ist eine ungewöhnliche Vereinbarung mit der Belegschaft. Wie ist es dazu gekommen?
Ruzicka: Weil Bill sich selbst als einen Angestellten betrachtet. Er ist sich bewusst, dass es hier sehr viele Mitarbeiter gibt, die seine Arbeit teilen und den Erfolg des Unternehmens mit ihm zusammen verursacht haben. Mit der Nachfolgeregelung will er sicherstellen, dass sie seine Arbeit fortsetzen können.

Audio Infos: Ist der Status des privaten Unternehmens eigentlich ein Vorteil?
Ruzicka: Ja, zum Beispiel weil die Entscheidungsprozesse sehr einfach sind. Ich leite das Unternehmen und treffe die kurzfristigen und langfristigen Entscheidungen. Bill ist dabei mein Aufsichtsrat. Wir arbeiten schon sehr lange gut zusammen und ich respektiere natürlich sein Recht, in bestimmten Bereichen auf meine Arbeit Einfluss zu nehmen. Die Freiheit, ohne ein Veto der Anteilseigner Entscheidungen für die Zukunft treffen zu können, ist für uns ein großer Vorteil. Auf der anderen Seite haben wir natürlich nicht die Unterstützung und Refinanzierungs-Möglichkeit eines börsennotierten Unternehmens. Aber ich denke, wir haben jetzt unseren Weg gefunden und nicht die Absicht, davon abzugehen.

Audio Infos: Was war Ihr Ziel, als Sie Präsident des Unternehmens wurden?
Ruzicka: Als ich 1998 Präsident wurde, war mein wichtigstes Anliegen, Starkey zu einem technologieorientierten Unternehmen zu machen. Dabei sollte die Qualität unseres Service aber keineswegs vernachlässigt, sondern voll aufrecht erhalten und auf andere Unternehmensbereiche übertragen werden, jedoch auf der Grundlage einer fortgeschrittenen Technologie.

Audio Infos: Welche Probleme gab es dabei zu überwinden?
Ruzicka: Keine Arbeit ist je zu Ende, aber bis hierher haben wir schon viel geleistet, und das sieht man an unseren heutigen Produkten. Vor 1998 hatten wir nicht die Mittel, Produkte für den Weltmarkt zu entwickeln. Wir haben die Geräte nur für den U.S.-Markt gemacht und gehofft, sie würden sich ebenso gut in Deutschland und anderswo verkaufen lassen.

Audio Infos: Und was hat sich seitdem geändert?
Ruzicka: Das Ziel unserer Forschungs- und Entwicklungs-Abteilung ist, Produkte zu entwickeln, die für die ganze Welt geeignet sind. Lange Zeit hatten wir nur dafür gearbeitet, den 2. oder 3. Platz einzunehmen und nicht so sehr darauf geachtet, ob das auch technologisch fortschrittlich war. Heute haben wir unseren Blick auf den weiten Horizont gerichtet. Wir haben eine große Gruppe von Wissenschaftlern beschäftigt und eine Halbleiter-Fabrik in Colorado Springs auf die Beine gestellt, wo 25 Ingenieure Chips designen. Wir haben ein Forscherteam hier in Minneapolis und arbeiten mit vielen Universitäten zusammen. Dieses technologische Fundament zeigt sich dann in Form unserer neuen CIC´s und HdO´s. Wir haben jetzt einen sehr straffen Entwicklungs-Fahrplan, der ein hohes Maß an Professionalität widerspiegelt.

Audio Infos: Wie kommt es, dass Starkey trotz der starken Konkurrenz aus Europa immer noch so gut am Markt vertreten ist?
Ruzicka: Weil Starkey sich immer wieder selbst neu erfunden hat. Wenn Sie zurückblicken, dann werden Sie feststellen, dass wir in unseren Anfangsjahren sehr stark im Marketing waren. Mit dem Reagan-Boom haben wir dann die Notwendigkeit gesehen, alle unsere Energien in die Produktion und die Qualität zu stecken. Das ist uns auch sehr gut gelungen. Aber wenn man eine gute Produktion hat, dann will man plötzlich noch mehr Produkte im Programm haben. Das hat uns dazu gebracht, noch mehr Kapazitäten für die Konstruktion bereit zu stellen, und uns schließlich zu dem gemacht, was wir heute sind: ein technisch und technologisch starkes Unternehmen. Deswegen sage ich:

Jede Firma, die überleben will, muss sich selbst neu erfinden.

Jerry Ruzicka,
Präsident der Starkey Laboratories, Inc.

Und ich glaube, dass haben wir auch getan, indem wir immer neuen Herausforderungen begegnet sind und es immer verstanden haben, uns weiter zu entwickeln. Ich hoffe, unsere Kunden spüren das.

Audio Infos: Mr. Ruzicka, wir danken Ihnen für das Gespräch.

 

 

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Autor: Thomas Keck

Thomas Keck ist durch seinen Beruf als Hörsystemakustiker bestens mit der Präzision und Sorgfalt vertraut, die sowohl für die technische Arbeit als auch für den direkten Kundenkontakt erforderlich sind. Sein Werdegang zeugt von einer kontinuierlichen Entwicklung und einem hohen Maß an Fachwissen, unterstrichen durch den Meisterbrief und die Selbstständigkeit. Er verfolgt seine Interessen mit Leidenschaft und widmet sich einer Vielzahl von Aktivitäten, von Musik über die Beschäftigung mit Oldtimern bis hin zur Werteschätzung der Bibel. Thomas bewundert Menschen, die in ihrem Feld Spitzenleistungen erbringen, wie diverse Musiker und Schauspieler. Dies deutet auf eine hohe Wertschätzung für Expertise und handwerkliches Können hin.

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