Während eines Besuches bei den Starkey Laboratories in Minneapolis trafen wir den amerikanischen Filmstar Leslie Nielsen. Wir nutzten die Gelegenheit und befragten ihn zu seinen Hörgeräten und den Schwierigkeiten, mit einem Hörverlust Theater zu spielen, zu filmen und Filme zu synchronisieren.
Audio Infos: Herr Nielsen, Sie tragen 2 Hörhilfen. Wann haben Sie zum ersten mal welche bekommen?
Nielsen: Das war vor ungefähr 20 Jahren. Aber ich muss zugeben, ich habe sie 5 Jahre später bekommen, als es eigentlich erforderlich gewesen wäre. Als mir zum ersten Male auffiel, dass etwas mit meinem Gehör nicht stimmt, habe ich das zunächst verdrängt. Ich sagte mir: „Ich brauche so etwas noch nicht. Es geht auch so noch ganz gut.“ Aber als Schauspieler kommt man in Schwierigkeiten, wenn jemand bei den Proben etwas sagt und man ihn ständig bitten muss, es noch einmal zu wiederholen.
Audio Infos: Was war Ihr Eindruck, als Sie die Geräte zum ersten mal aufsetzten?
Nielsen: Ich war ja nicht wirklich taub. Mein Gehör wurde nur langsam schlechter. Insofern waren die Hörgeräte nicht gerade ein Erweckungserlebnis. Sie klangen damals noch nicht besonders gut und waren mir auch zu klobig. Das ist nicht zu vergleichen mit den heutigen Geräten, die einen viel besseren Klang haben und komplett im Ohr verschwinden.
Audio Infos: Sie sagen, als Schauspieler muss man immer gut hören können. Aber wenn Sie auf der Bühne stehen, dann kennen Sie doch Ihren Text?
Nielsen: Selbst wenn man ein Stück schon 100 mal gespielt hat, sind die Stichworte des Partners wichtig. Es gibt aber Situationen, da sieht man den Partner nicht und kann nicht von seinen Lippen ablesen. Besonders wenn man Komödien spielt wird es schwierig, weil es da sehr auf das genaue Timing ankommt.
Audio Infos: Tragen Sie die Geräte auch, wenn Sie filmen?
Nielsen: Ja, sicher. Heute ist das kein Problem mehr. Aber vor zwanzig Jahren, als ich meine ersten Hörgeräte hatte, musste mich der Kameramann bei den Nahaufnahmen immer daran erinnern, sie abzunehmen. Andernfalls hätte man die auffälligen Geräte deutlich auf der großen Leinwand gesehen.
Audio Infos: Wie war das, als Sie zum 1. mal beim Ohrenarzt waren?
Nielsen: Der hat mir die Leviten gelesen, weil ich versucht hatte, mir selber den Ohrenschmalz zu entfernen. Das konnte er an den kleinen Verletzungen sehen, die das verursacht hatte. „Sie sollen nicht immer an Ihren Ohren herumspielen!“, wies er mich zurecht. Wohl um mir eine Lektion zu erteilen, führte er seine Untersuchung dann etwas üppig durch. Das hat richtig weh getan. Ich in nie wieder zu diesem Arzt gegangen! Dann lernte ich einen besseren kennen, der mich gründlich untersuchte und mir zur Hörgeräten riet.
Audio Infos: Und wie war Ihr erster Kontakt mit einem Hörgeräte-Spezialisten?
Nielsen: Das war ein Institut in Los Angeles. Die hatten nur diese auffälligen Geräte, die man hinter dem Ohr tragen musste, die mir aber ziemlich unangenehm waren. Aber was sollte ich machen? Es gab keine anderen und ich brauchte sie für meine Arbeit.
Audio Infos: Aber dann lernten Sie Bill Austin, den Inhaber von Starkey kennen…
Nielsen: Ja, ich war gerade Ehrenvorsitzender des BetterHearing Instituts, weil ich mich offen zu meinen Hörgeräten bekannte. Bill rief mich an und schlug vor, zwei kleine Geräte für mich zu machen, die man direkt im Ohr tragen könne. Ich war natürlich sofort einverstanden.
Audio Infos: Sind die heutigen Geräte denn wirklich besser?
Nielsen: Na und wie! Meine neuen Geräte sind digital, sie verarbeiten den Schall viel besser und können mit dem Computer auf meinen Hörverlust programmiert werden. Man braucht auch nicht mehr mit dem Finger laut und leise zu stellen, das macht das Gerät jetzt automatisch. Ich muss aber gestehen, dass ich es manchmal ganz praktisch fand, die Geräte bei einigen Gesprächspartnern einfach leiser stellen zu können (lacht)!
Audio Infos: Verstehen Sie mit den Geräten immer alles, also jedes einzelne Wort?
Nielsen: Nein, nicht immer. Manchmal muss ich nachfragen. Die Geräte können eben nicht das natürliche Gehör ersetzen. Aber dennoch sind sie mir eine enorme Hilfe, ein normales Leben zu führen.
Audio Infos: Und wie ist das, wenn im Hintergrund Lärm ist?
Nielsen: Es geschieht nicht oft, aber manchmal, wenn ein Restaurant sehr voll ist, keinen Teppichboden hat und in der Küche das Geschirr klappert, dann stelle ich die Geräte lieber ab.
Audio Infos: Die Audiologen sagen, dass man sein Gehör durch das Tragen von Hörgeräten zwar nicht restaurieren, aber vor dem weiteren Verfall bewahren kann. Können Sie das bestätigen?
Nielsen: Mein Gehör ist tatsächlich besser geworden, jedenfalls wenn ich die Geräte benutze.
Audio Infos: Einige Schauspieler nehmen die Geräte heraus, wenn sie ein Publikum vor sich haben…
Nielsen: So eine Situation hatte ich auch schon mal. Da stand ich in Wien in einem englischsprachigen Theater auf der Bühne. Ich musste sehr viel sprechen, wodurch sich das eine Gerät wohl im Ohr gelockert hatte, und plötzlich, bei Beginn des zweiten Aktes, fing es an zu pfeifen. Ich dachte mir, wenn ich das höre, hören die Leute da unten es auch! Ich unterbrach meinen Text, nahm das Gerät heraus und steckte es in meine Hosentasche. Ich sagte dem Publikum: „Wissen Sie, ich bin jetzt in einem Alter, wo man nicht mehr alles hören muss!“ Da erhoben sich die Leute, die alle über 60 Jahre alt waren und wussten wovon ich spreche, von ihren Plätzen und klatschen minutenlang!
Audio Infos: Einige Kollegen hätten die Situation nicht so souverän gemeistert und sich wahrscheinlich ihrer Schwerhörigkeit geschämt…
Nielsen: Ja, es ist schon interessant, wie manche Leute damit umgehen. Sie fühlen sich wohl gebrechlich und finden das peinlich. Mit der Brille ist es ja genauso. Was mich betrifft, ich nutze jede Technik, die mir hilft. Ich muss meinen Körper in jeder Beziehung am Laufen halten, wie eine Maschine!
Audio Infos: Wir verstehen Sie übrigens sehr gut. Sie sprechen sehr deutlich, ganz im Gegensatz zu vielen anderen Amerikanern…
Nielsen: Ich bin überzeugt, wer nuschelt, der will gar nicht, dass man ihm zuhört. Ich spreche zu den Menschen immer so laut und deutlich, wie ich möchte, dass sie zu mir sprechen.
Audio Infos: Macht es eigentlich einen Unterschied, ob Sie auf der Bühne oder vor der Kamera sprechen? Wir fragen das, weil wir das Gefühl haben, dass in amerikanischen Filmen besonders leise gesprochen und genuschelt wird.
Nielsen: Ja, das stimmt leider. Die jungen Schauspieler wollen vor der Kamera besonders cool wirken, aber in Wirklichkeit fühlen sie sich unsicher. Sie sprechen dann zu leise, zu schnell und zu undeutlich, nur um den Text schnell hinter sich zu bringen.
Audio Infos: Haben Sie schon mal einen ausländischen Film synchronisiert?
Nielsen: Ja, ich habe gerade mit Robin Williams zusammen einen Zeichentrickfilm synchronisiert. Das war ziemlich schwer, weil die Lippenbewegungen anders sind als bei einem wirklichen Menschen. Man muss bei dieser Arbeit gut hören und sehen können, sonst geht es nicht. Ich habe deshalb im Studio meine Brille und meine Hörgeräte dabei.
Audio Infos: Haben Sie sich schon einmal mit einer ausländischen Stimme gesehen?
Nielsen: Ja, in Spanien hat mich ein Sprecher synchronisiert, der hatte eine Stimme wie Humphrey Bogart. Alle haben gesagt, er habe das sehr gut gemacht. Aber mir gefiel das überhaupt nicht. Es handelte sich nämlich um eine Komödie, und da gehen in einer anderen Sprache die Pointen verloren. Auch die Mimik des Schauspielers passt plötzlich nicht mehr mit der fremden Sprache zusammen. Der Synchronsprecher muss mit seiner Stimme nämlich dieselben Gefühle ausdrücken wie der Schauspieler auf der Leinwand mit seiner Mimik. Das können viele Sprecher nicht.
Audio Infos: Herr Nielsen, wir danken Ihnen für das Gespräch und wünschen Ihnen für Ihre Arbeit alles Gute.
Das Gespräch wurde am 22. August 2003 bei der Firma Starkey in Eden Prairie in Minnesota in englischer Sprache geführt. Die Fragen stellte Rainer Hüls von der Fachzeitschrift „Audio Infos“, der auch die Übersetzung besorgte.
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