Glanzlicht: Die Helix-Verleihung
Eine gute Idee zu haben ist eine Sache, ihr Leben einzuhauchen, eine andere. Wird eine gute Idee jedoch umgesetzt, hat sie das Potenzial, zu einer schönen Tradition zu werden. Dem Forum Besser Hören ist es mit der Helix-Verleihung gelungen, eine solche Tradition zu begründen.
Schließlich wurde der Preis am 7. November bereits zum zweiten Mal verliehen. Ort des Geschehens war diesmal die Hamburger Musikhalle und der Preisträger war kein geringerer als Mario Adorf, Deutschlands beliebtester Schauspieler.
Wir sind, wie zahlreiche Kollegen anderer Redaktionen, gerne der Einladung nach Hamburg zur Preisverleihung gefolgt.
Hanseatisch stilvoll: Im Brahms-Foyer
Schlichte Eleganz ist zeitlos. Das gilt auch für die Hamburger Musikhalle. Im Jahre 1908 erbaut, bietet sie nach wie vor ein besonderes Flair. Die Gäste der Preisverleihung wurden im stilvollen Brahms-Foyer mit jazzigen Klängen des Regina Ebinal Trios empfangen.
Bekannte Gesichter der Branche hatten sich eingefunden, vor allem aber zahlreiche Vertreter der Presse, so dass das Thema Hören und seine Bedeutung eine breite Öffentlichkeit gefunden haben dürfte. Das Geheimnis dieser großen Resonanz lag in der glücklichen Wahl eines hochkarätigen Preisträgers, der die mit dem Preis verbundene Summe von 10’000 Euro an die Schule für Hörgeschädigte Hamburg weitergab.
Nicht nur die Dankesrede von Mario Adorf, auch die kluge Laudatio auf den Preisträger und ein äußerst erfreuter Beschenkter machten die Veranstaltung zum Erlebnis.
Die Kunst des Hörens
»Nur keine falsche Bescheidenheit«, schien sich Gerhard Hillig (FGH) gedacht zu haben, als er das Auditorium auf die Preisverleihung einzustimmen verstand. Brachte er doch die Helix-Verleihung mit der Verleihung des bayrischen Verdienstordens in Verbindung. Das allerdings war gar nicht so weit hergeholt.
Denn, wie er bemerkte, handelte es sich bei dem diesjährigen Preisträger nicht nur um einen vielfach Ausgezeichneten (tatsächlich sind es weit über 30 Preise – Red.), sondern auch um einen, der sogar als Nicht-Bayer erst unlängst von Edmund Stoiber mit dem bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet wurde.
Der Club der solchermaßen bayrisch Ausgezeichneten würde nicht selten als sehr exklusiv bezeichnet, da sich deren Zahl auf nur 2’000 belaufe. Unter diesem Aspekt handle es sich beim Club der Helix-Preisträger ja dann um einen noch weit exklusiveren, da der Preis nicht nur erst seit letztem Jahr und nur einmal jährlich verliehen werde. So ist Mario Adorf nun in bester Gesellschaft mit Udo Jürgens, dem Helix-Preisträger des letzten Jahres.
Es versteht sich von selbst, dass Gerhard Hillig auf die zentrale Aufgabe des Forum Besser Hören als Informationsplattform abzielte, und damit der Verbreitung und Förderung des Hörbewusstseins. Da heute mehr denn je die Optik mit ihren Reizen im Mittelpunkt stehe, laufe der Gehörsinn Gefahr, ins Hintertreffen zu geraten, obwohl gerade zu hören und zu verstehen die Grundlagen einer erfolgreichen Kommunikation darstellten.
Bei Hörverlust frühzeitig gegenzusteuern sei daher das A und O, da das Intelligenzpotential sonst langsam verkümmere.
Hören aber kann ein Erlebnis sein. Ein Erlebnis, das der Preisträger über Jahre hinweg zu bescheren wusste und weiß – Mario Adorf.
Als Gerhard Hillig die Preisübergabe durch Ingrid Steinl ankündigte und an die Presse die Aufforderung richtete »Meine Damen und Herren, machen Sie Ihre Kameras scharf!« musste mancher Ellbogen eingesetzt werden, um im Gedränge der Fotografen nicht unterzugehen.
Ein Meister des Wortes
Musik ist Liebe, die man hören kann.
Mario Adorf
Nicht nur diese Liebeserklärung von Mario Adorf an die Musik und das Hören macht ihn zu einem würdigen Preisträger. Im Laufe seines Schaffens sorgte er mit seiner markanten Stimme selbst für genussvolle Hörerlebnisse.
Deutschlands beliebtester Schauspieler nahm den Helix-Preis mit Dank entgegen. Dank vor allem deshalb, so Adorf, weil er das Preisgeld von 10’000 Euro an eine Einrichtung weitergeben könne, die sich der Idee vom besseren Hören besonders verpflichtet hat, der Schule für Hörgeschädigte in Hamburg.
Es gehe nicht nur darum, den Menschen bessere Hörerlebnisse zu verschaffen, eine »vornehme Idee«, der er gerne nachkomme, es gehe vielmehr darum, etwas gegen das Nicht-mehr-gut-hören-können zu unternehmen.
Die Tatsache, dass der Mensch nicht ewig jung bleibe, brächte auf der einen Seite zwar einen selbstverständlichen Umgang mit der Brille hervor, auf der anderen Seite werde eine Hörschwäche aber immer noch tabuisiert. Das schwache Auge gilt, im Vergleich mit dem schwachen Ohr, als attraktiv und gesellschaftsfähig.
Kein Wunder also, dass sich die Industrie bemühe, immer kleinere, immer unauffälligere, aber auch immer wirksamere Geräte zu entwickeln. Medizinisch-chirurgisch werde die Operation am Innenohr eines Tages ebenso einen Routineeingriff darstellen, wie die Laserbehandlung am Auge.
Bis dahin gelte es, die Schwerhörigkeit mit allen Mitteln zu bekämpfen.
Tiefgang versus Sinnentleerung
Eine Lanze für das mit Bedacht gesetzte und inhaltsreiche Wort brach im Anschluss Ernst Elitz, Intendant des Deutschlandfunks Radio Köln/Berlin in seiner Laudatio auf Mario Adorf. Der Preisträger lade mit seiner markanten Stimme, seiner intelligenten Phrasierung in besonderem Maße zum Zuhören ein.
Der Laudator diagnostizierte dem öffentlichen Reden – sei es im Bundestag, in den Länderparlamenten oder in die Parteikonventen, in Fernseh-Talkshows oder im Radio – einen eklatanten Mangel an inhaltlicher Substanz. Ein Umstand, der die öffentliche Kultur mit beeinflusse. So ist es nach seiner Auffassung nur ein Zeichen seelischer Gesundheit, bei oft sinnentleerter Reizüberflutung seine Ohren auf Durchzug zu schalten.
In der wohlgesetzten Pause, im Kontrast zum ständigen Rauschen der seichten Inhalte, offenbare sich manche Sinnentleerung. Würde man sich auch die Zeit zu schweigen und damit zum genauen Hinhören nehmen, zeige sich, wie viel des gesprochenen Wortes sich tatsächlich zu hören gelohnt habe.
Die Kunst Mario Adorfs, so Elitz, liegt nicht nur in der intensiven, gehaltvollen Übermittlung von Sprache, er ist ebenso ein guter Zuhörer und damit Beobachter akustischer Details, wie er in seinem Buch »Der Mäusetöter« bewiesen hat. Er verstehe es, lautmalerisch zu schreiben und sein Publikum mit seiner Sprache in seinen Bann zu ziehen.
Preisgeld in guten Händen
Der Leiter der Schule für Hörgeschädigte in Hamburg, Johannes Eitner, (unseren Lesern auch als Autor des Akademie-Fachbuches »Psychologie Schwerhöriger« bekannt – Red.) nahm das Preisgeld von Mario Adorf in Empfang. Derart beschenkt zu werden, war ihm offensichtlich Freude und Ehre zugleich.
Er stellte die Arbeit an seiner Schule vor und verwies auf die Chancen, die auch schwerhörigen, gehörlosen oder ertaubten Kinder heute eröffnet sind. Die meisten erreichten trotz Hörschädigung einen Haupt- oder Real-Schulabschluss. Schüler:innen mit Lernproblemen erhalten eine besondere Förderung. Mehr als 100 Schüler:innen werden in Hamburg in den allgemeinbildenden Schulen gefördert und begleitet.
Hören will gelernt sein. Nach den Erkenntnissen der Neurophysiologie bestehen dazu die besten Chancen, wenn eine Hörschädigung bereits in den 1. Lebensmonaten erkannt wird. Für die sprachliche, geistige und soziale Entwicklung eines Kindes mit Hörproblemen ist also ein früher Zeitpunkt der Erkennung von größter Wichtigkeit.
Ein kleiner Sprechgesang der Klasse 5b brachte deren Dank zum Ausdruck und rundete die Verleihung durch ihren Bezug zur Praxis wunderbar ab.
Autor: C. P.