In memoriam Peter C. Werth (To be Insider in 8 Minute n)

Wir sind traurig! Denn wir bekamen zum […] Weihnachtsfest [2003] noch eine wunderschöne Weihnachtskarte aus London, die von Peter und Lawrence Werth veranlasst war, freilich nur von Lawrence original unterschrieben. Und dann erreichte uns auf Umwegen die Nachricht, dass unser Freund Peter Werth am 10. Dezember 2003 im Alter von 82 Jahren verstorben ist und die Familie dieses traurige Ereignis sehr diskret behandelt hat.

Peter fehlte uns bereits beim [48.] Kongress in Nürnberg und sein Sohn Lawrence deutete an, dass es dem Papa nicht sonderlich gut gehe, dass er den Tod seiner Ehefrau Joan nicht verwinden könne. Doch wir hofften, dass die Zeit diese seelische Verwundung heilen könnte – es sollte nicht sein…

»Unser Mann in London« war uns seit vielen Jahren verbunden, dem Berufsstand sogar seit dessen Anfängen – Gerhard Hillig berichtete kürzlich vom ersten Akustiker-Treffen im November 1956, als der Deutsche Hörmittelring nach Köln, ins Althoff Dom-Hotel, geladen hatte. Unter der ausländischen Prominenz befand sich auch bereits Peter C. Werth aus London. Für uns schrieb er die Kolumne »From the desk of P. C. Werth«, in Lübeck sorgte er in der gerade entstandenen Akademie für das im Foyer beheimatete Portrait des Berufsgründers Dr. phil. nat. Werner Pistor.

Mit Peter C. Werth hat uns hörakustisches Urgestein für immer verlassen. Für alle, die ihn nicht mehr persönlich näher kennen lernen konnten, hier die Laudatio unserer Redakteurin Christina Osterwald zu Peters 80. Geburtstag:

Der Engländer Howard Carter entdeckte im Tal der Könige das Grab des Tut-Ench-Amon, der Quantenphysiker Niels Bohr erhielt den Nobel Prize, Hitler landete wegen Land-Friedensbruchs im Knast, in Italien übernahm Mussolini die Macht. In Berlin waren die »Goldenen 20er« in vollem Gange,
Murnaus legendärer Vampirfilm »Nosferatu« wurde bei der Uraufführung in Berlin stürmisch gefeiert – und dort, in der alten und nun wieder neuen Hauptstadt, erblickte auch, am 14. Februar 1922, Peter C. Werth das Licht der Welt als Sohn des Verlagsjuristen Ernst Werth. Dieser weitblickende Mann ahnte politisch Furchtbares, sammelte seine Familie und ging 1937 mit ihr, am 15. Geburtstag seines Sohnes Peter, nach England, arm wie eine Kirchenmaus, denn das Familienvermögen hatte er nicht retten können.

Im United Kingdom ernährte er seine Familie, indem er unter anderem für den Hörgeräte-Hersteller »Ardente« Hörgeräte-Etuis aus Holz fertigte. Dort verschaffte er seinem hoffnungsvollen Sprössling Peter eine Lehrstelle, allerdings im technischen Bereich. »Ich bekam 22 Shilling die Woche«, erzählte P. C. Werth in einem Interview mit Rainer Hüls: »Das war aber auf die Dauer zu wenig und ich wechselte zu dem Hörgeräte-Hersteller ›Thirsk‹ in Croydon, wo ich Röhrengeräte der Marke Emitones zusammenbaute.«

»P. C.« bekam Kontakte zu Schwerhörigen, fing an, ihre Hörgeräte zu reparieren, während sein Vater Geräte verkaufte. Von Anpassung im heutigen Sinne keine Spur, die Frage war nur: Hörrohr, Kohlemikrofongerät oder Röhrengerät? 1945 ließ sich Peter C. Werth als selbstständiger Hörgeräte- Akustiker in London nieder, ein Jahr später führte er »Beltone-Geräte, die ersten, bei denen Verstärker, Mikrofon und Energiequelle in einem Gehäuse untergebracht waren: »Geliefert wurde bei Nacht und Nebel, bezahlt wurde in bar.« Dennoch lief das Geschäft mäßig, ganze 21 Geräte verkaufte er 1946. Um sich und seiner Frau Joan Butter auf die Scones bieten zu können, jobbte er nebenbei als Elektriker und Jazzpianist.

Das Geschäft ging langsam besser, 1947 stieg Peter Werth als Grossist ein, baute sich einen zunehmend größeren Kundenstamm auf und schuf in England den Beruf des Hörgeräte- Akustikers. Die Wohnung in Mayfair wurde zu klein, 1952 eröffnete er das erste Akustiker-Fachgeschäft im Lande, im renommierten Kaufhaus »Selfridges&Co.« Besser sein als die einzigen ernsthaften Konkurrenten, der 1950 eingeführte National Health Service (bei dem auch mal die Sprechstunden-Hilfe oder der Pförtner die Hörgeräte »anpassten«) – das war das Gebot der Zeit. Da gab es Krisen und Erfolge, doch die Firma PC Werth Ltd. schlug sich durch, auch durch den Handel mit Audiometern. 1980 zog das Unternehmen um, ins »Audiology House« in die 45 Nightingale Lane, während das Fachinstitut im Zentrum von London, unweit der Harley Street, blieb. Dort hatte früher so mancher Prominentenarzt seine Praxis – jene, welche die »Royals« und andere hochgestellte Mitglieder der oberen Zehntausend behandelten. Auch P. C. Werth zählte in seinem Metier dazu. 1960 versorgte er höchst persönlich den schwedischen König Gustav VI. Adolf mit einem Hörgerät – der wahrhaft krönende Abschluss von Peter’s Anpasser-Karriere. Danach überließ er diese Arbeit seinen Mitarbeitern und seinem Sohn Lawrence, der heute die Geschicke der Firma weiterführt. Im Hause Werth erhielten Promis wie die Schauspieler Sir Laurence Olivier, John Mills und Cyril Cusack, aber auch die Bestseller-Autorin Barbara Cartland ihre Hörhilfen, der Rennfahrer Stirling Moss einen Gehörschutz.

P. C. Werth ist dieser Zeitschrift von Beginn an verbunden, in der er mit seinem immensen Fachwissen und eloquenten Stil und durchaus subjektiv europäische Ereignisse rund um den Berufsstand aufgriff – ein Vorreiter der Europäischen Union in Sachen Hörakustik. Und wer nicht den Vorzug hatte, ihn kennen zu lernen, dem sei hier gesagt, dass P. C. nicht nur ein eminent viel wissender, sondern auch ein geistreicher, gewitzter und ungemein sympathischer Mann war.

Wir trauern mit seinem Sohn Lawrence um eine außergewöhnliche Persönlichkeit und einen liebenswerten Menschen!

Autoren: Christina & Kurt Osterwald

 

 

Autor: Thomas Keck

Thomas Keck ist durch seinen Beruf als Hörsystemakustiker bestens mit der Präzision und Sorgfalt vertraut, die sowohl für die technische Arbeit als auch für den direkten Kundenkontakt erforderlich sind. Sein Werdegang zeugt von einer kontinuierlichen Entwicklung und einem hohen Maß an Fachwissen, unterstrichen durch den Meisterbrief und die Selbstständigkeit. Er verfolgt seine Interessen mit Leidenschaft und widmet sich einer Vielzahl von Aktivitäten, von Musik über die Beschäftigung mit Oldtimern bis hin zur Werteschätzung der Bibel. Thomas bewundert Menschen, die in ihrem Feld Spitzenleistungen erbringen, wie diverse Musiker und Schauspieler. Dies deutet auf eine hohe Wertschätzung für Expertise und handwerkliches Können hin.

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