dies- und jenseits der Reling (To be Insider in 12 Minute n)

Whale watching ist ein faszinierendes Erlebnis. Die Begegnung zwischen den dahingleitenden Giganten der Meere und dem Menschen könnte friedvoller nicht sein – so erscheint es jedenfalls für diejenigen, die sich mit dem Beobachtungs-Boot aufgemacht haben, um die Tiere in freier Natur zu sehen.

Es ist jedoch anzunehmen, dass diese Begegnung nur diesseits der Reling Vergnügen bereitet. Denn die Tiere leiden zunehmend unter dem durch die Boote verursachten Lärm. Den Beweis für diese These liefert eine aktuelle meeresbiologische Untersuchung, die man vor der Küste Kaliforniens vornahm. Dort stehen vor allem die Orcas oder Schwertwale (ignorant auch als Killer-Wale bezeichnet) im Mittelpunkt touristischer Aufmerksamkeit.

Wie sich in besagter Studie herausstellte, versuchen die Schwertwale den Lärm der Boote durch noch lautere und vor allem längere Rufe zu übertönen. Offensichtlich werden die Tiere durch den Lärm erheblich in ihrer Kommunikation gestört.

Schwertwale gehören zur Gruppe der Delfine. Sie leben im Verbund mehrerer Familien zusammen, Fachleute sprechen von so genannten Schulen oder Pods. Diese Gruppen sind äußerst stabil, wobei die gruppeneigene Kommunikation, mit der sie sich verständigen, ein wesentlicher Faktor ist, um den Zusammenhalt zu sichern. Gruppenrufe machen rund die Hälfte der Kommunikation der Tiere aus. Jeder Pod verfügt über einen eigenen Dialekt, die Orcas sind jedoch auch in der Lage, Dialekte eines anderen Pod zu erlernen. Seit das Whale-watching immer mehr in Mode kam, haben sich diese Gruppenrufe drastisch verlängert.

Die Dosis macht das Gift

Was gut gemeint ist (und womit sich – das sei nicht vergessen – auch gutes Geld verdienen lässt), zeigt nicht immer die gewünschten Ergebnisse für alle Beteiligten. Es ist eine Frage des rechten Maßes. Allein vor der Küste Kaliforniens hat sich die Zahl der registrierten Wal-Beobachtungsboote im Jahr 1990 bis 2003 verfünffacht (und hat damit eine bedenkliche Entwicklung genommen, der man im Mittelmeer seitens der Schutzmächte Italien, Monaco und Frankreich mittelsstaatlicher Begrenzung der Anzahl und Größenbeschränkung der Boote zuvorgekommen ist – Red.). So ist es dann auch wenig verwunderlich, dass die Zahl der gesichteten Orcas seit 1996 drastisch zurückgegangen ist.

Sinnlich betrachtet…

Wale wurden von der Natur hinsichtlich ihrer Sinnesorgane ausgezeichnet ausgestattet. So verfügen Orcas über Augen, die denen des Menschen deutlich überlegen sind. Um sich einen Überblick ihrer Umgebung auch über Wasser zu verschaffen, heben sich Schwertwale oft aus dem Wasser – ein zweifellos dramaturgischer Höhepunkt jeder Wal-Beobachtung. Und sie dürften dann die sie beäugenden Menschen wahrscheinlich schärfer sehen als das umgekehrt der Fall ist: Für einen gestochen scharfen Blick dies- und jenseits des nassen Elements sorgt eine veränderbare Krümmung der Sehlinse. Außerdem ziehen sich die Pupillen bei starkem Licht zu einem winzigen Strich zusammen, so dass ohne Blendung eine starke Sehschärfe erreicht wird.

Eine akustische Welt

Vor allem akustisch ist der Schwertwal optimal an seine Umgebung angepasst. Die Ohren wurden Stromlinien-förmig zurückgebildet und sind nur als zwei kleine Löcher unmittelbar hinter den Augen liegend erkennbar.

Geräusche werden über mit Öl gefüllte Hohlräume im Unterkiefer und über Bereiche an der Seite des Kopfes zum Innenohr des Wals geleitet. Die beiden inneren Ohren sind akustisch voneinander getrennt. Das ermöglicht dem Wal, Töne ganz genau zu lokalisieren. Er nimmt Kommunikationslaute seiner Artgenossen selbst in großen Entfernungen wahr. Orcas können acht- bis zehnmal höhere Frequenzen wahrnehmen als Menschen.

Darüber hinaus sind – wie alle Zahnwale – auch die Orcas mit einer hoch entwickelten Form des Sonars ausgestattet. Mit der so genannten Echo-Ortung senden die Wale Schallimpulse ins Meer. Diese werden von einem Gegenstand oder Lebewesen als Echo zurückgeworfen, vom Wal aufgefangen und ausgewertet. Ausgesendet werden die Signale in Form von Klicklauten aus der so genannten »Melone«, ein spezielles Fettdepot, das sich am Kopf des Orcas befindet und wie eine Art »Schall-Linse« funktioniert. Die Melonenform und damit ihre Brennweite kann durch bestimmte Kopfmuskeln verändert werden. Dank der Echo-Ortung können Wale die Lebewesen um sie herum exakt wahrnehmen. Dass der zunehmende Lärm in den Weltmeeren die Orientierung der Wale schwer beeinträchtigt und zu Strandungen führen kann, ist hinreichend bekannt. So steht der Mensch als Verursacher erschwerter Lebensbedingungen heute trotz Artenschutz-Verordnungen nach wie vor in der Verantwortung, wenn auch nicht mehr so unmittelbar wie einst.

Von der Wertstoff- zur Freuden-Quelle

Bekanntermaßen war der Betrachtungswinkel auf die Wale nicht immer mit so viel Wohlwollen begleitet, wie sich das heute bei den Wal-Beobachtungen zeigt. Verstand man den Wal doch Jahrhunderte lang vor allem als schwimmende Rohstoff-Quelle, die es möglichst effizient auszubeuten galt.

Die Basken waren das erste Volk, das eine Art kommerziellen Walfangs in der Bucht von Biskaya betrieb. Ihre Kenntnisse machten sich später unter anderem Engländer und Holländer zunutze. Mitte des 17. Jahrhunderts waren auch die Friesen vor der norddeutschen Küste in Sachen Walfang unterwegs.
Später verschob sich das Jagdgebiet immer mehr in Richtung Spitzbergen, aber 1820 lohnte sich das mangels Masse kaum noch.

Und an der Ostküste Amerikas brach eine neue Zeit für die dort lebenden Wale an. So sollte es ein schwarzer Tag vor allem für Pottwale werden, als einst ein Ureinwohner der Insel Nantucket, einem Neueinwanderer den Walfang zeigte. Schon kurz darauf wurde der erste Pottwal erlegt, dessen Fett zu einem qualitativ hochwertigeren Tran verarbeitet werden konnte, als das anderer Wale.

Der kommerzielle Walfang in ganz großem Stil hatte in Amerika damit seinen Anfang genommen. Und nicht nur auf Nantucket brannten aus Tran gewonnene Kerzen bald als Sinnbild neu gewonnenen Wohlstands. Die Folgen sind hinreichend bekannt.

Noch in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurden 60’000 Wale jährlich abgeschlachtet. Dagegen nehmen sich die 6 Exemplare, die die Basken einst pro Jahr zur Strecke brachten doch recht bescheiden aus.

Erst das Jahr 1982 markiert einen wesentlichen Wendepunkt aum Schus der Wale: Die Internationale Walfang-Kommission (IWC) setzte die Fangquoten auf 0.

Dessenungeachtet steht der Wal nach wie vor auf der Abschussliste einiger sich vom Artenschutz unbeteiligt zeigender Staaten: In Japan steht Walfeisch nach wie vor auf dem Speisezettel und inzwischen ist man – ein juristisches Schlupfloch nutzend – offiziell »im Dienste der Wissenschaft auf der Jagd. Auch in Norwegen schippern Walfänger unverdrossen weiter. Hier wird gleichfalls ein Schlupfloch der Internationalen Konvention zur Regulierung des Walfangs (ICRW) genutzt: Denn es ist jedem Mitglied gestattet, gegen einen unliebsamen Beschluss innerhalb einer angemessenen Zeit Widerspruch einzulegen. Dieser Widerspruch hat dann zur Folge, dass der angefochtene Beschluss für das widersprechende Land nicht gilt.

So betrachtet ist das Wal-Beobachten eine naturfreundliche Alternative, die dem Menschen einen anderen Zugang zu den Meeresriesen erlaubt. Der Unterschied zwischen seriösen und unseriösen Anbietern erkennt der Laie an folgenden Kriterien: An Bord ist mindestens ein wissenschaftlich ausgebildeter »Kenner«, ein spezialisierter Biologe, der über entsprechende Equipment verfügt; auch entsprechendes Informationsmaterial über die Wale ist vorhanden. Ein gutes Indiz für einen seriösen Anbieter ist immer die Zusammenarbeit mit regionalen Fakultäten bzw. Bildungseinrichtungen und spezielle Angebote für dieselben. Auch die Sicherheit der Passagiere an Bord sollte selbstverständlich gewährleistet sein. Trifft dies alles zu, steht der glücklichen und möglichst lärmarmen Begegnung zwischen Tier und Mensch nichts mehr im Wege.

Autorin: Claudia Pukat

 

 

Autor: Thomas Keck

Thomas Keck ist durch seinen Beruf als Hörsystemakustiker bestens mit der Präzision und Sorgfalt vertraut, die sowohl für die technische Arbeit als auch für den direkten Kundenkontakt erforderlich sind. Sein Werdegang zeugt von einer kontinuierlichen Entwicklung und einem hohen Maß an Fachwissen, unterstrichen durch den Meisterbrief und die Selbstständigkeit. Er verfolgt seine Interessen mit Leidenschaft und widmet sich einer Vielzahl von Aktivitäten, von Musik über die Beschäftigung mit Oldtimern bis hin zur Werteschätzung der Bibel. Thomas bewundert Menschen, die in ihrem Feld Spitzenleistungen erbringen, wie diverse Musiker und Schauspieler. Dies deutet auf eine hohe Wertschätzung für Expertise und handwerkliches Können hin.

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