Hand in Hand zurück ins Leben
Heinz Deuser (Herausgeber):
»Bewegung wird Gestalt; Der Handlungsdialog in der ARBEIT AM TONFELD®«.
W. und W. Doering Verlagsgesellschaft, Bremen,
2004,
262 Seiten,
ISBN 3-934557-04-X.
20 €
Bewegung hinterlässt Spuren – nicht immer sichtbar, aber vorhanden. Sie gehört zu den Grundbedürfnissen des Menschen, genauso wie Essen und Schlafen. Ihre Verbindung zum Inneren eines Menschen lässt sich nicht leugnen, ebenso wenig wie ihre Funktion als Kommunikationsmedium: Bevor der Mensch ein einziges Wort sagt, hat er sich schon monatelang bewegt.
Über die »Arbeit am Tonfeld®« treten Patient und Therapeut in einen Handlungsdialog. Während seine beiden Einzelteile, Handlung und Dialog, im Normalfall die Hauptbestandteile einer Gestalttherapie darstellen, kann in einer solchen Therapie auch allein durch die Handlung etwas ausgesagt werden. Patient und Therapeut treten in Kontakt – über Bewegung, Sprache, Bilder und über den Ton. Er wird im wahrsten Sinne des Wortes »begriffen«.
Das Tonfeld besteht aus einem rechteckigen Holzkasten, der mit feuchtem und somit formbarem Ton gefüllt ist. Dieses Material bietet gleichzeitig Halt und Widerstand. Es kann geknetet und gerollt, ausgestrichen und gedrückt werden, zerrissen und geboxt. Ton vermittelt Wahrnehmung, denn er ist »eine bewegte Masse, die unserer eigenen Bewegung nachgibt, mit ihr mitgeht und sie wiedergibt«. Die Bewegungen der Hände hinterlassen also Spuren im Ton.
An diesem Punkt setzt die »Arbeit am Tonfeld®« als Therapie an. Ob nun pädagogisch oder therapeutisch, wichtig ist vor allem das Vertrauen zwischen »Arbeitendem« und »Begleiter«. Sie gehen Hand in Hand, genau wie die Hände des Patienten im Tonfeld Hand in Hand arbeiten. Das entstehende »Ton-Bild« lässt den Entwicklungsstand des gestaltenden Menschen erkennen und ermöglicht so eine Therapie, die einzelne Entwicklungsstufen nachholen, andere noch einmal intensivieren und wieder andere verarbeiten helfen kann. »In der Gestalt finden Seele und Welt zusammen« heißt es bei Heinz Deuser, dem Herausgeber des Buches, seit 1989 Professor am Hochschul-Studiengang Künstlerische Therapien – Nürtingen [der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU)]. Gestützt auf die analytische Psychologie C.G. Jung´s schildert er den Entwicklungsprozess und die Grundlagen der »Arbeit am Tonfeld®« und stellt anschaulich dar, wie »bewegte Wahrnehmung« den gestaltenden Menschen zu seinem Selbst führen kann.
Der Beitrag von Sigrid Kühn-Eschenbach, die in Meerbusch als Werklehrerin mit dieser Methode therapeutisch arbeitet, beschreibt ein Förderprojekt mit hörgeschädigten Kindern und Jugendlichen. Gerade sie seien durch ihre eingeschränkten Wahrnehmungs- und Ausdrucks-Möglichkeiten häufiger als andere junge Menschen in ihrer Persönlichkeits-Entwicklung gefährdet. In der »Arbeit am Tonfeld®« fanden sie eine Möglichkeit, sowohl zur Kompensation und Verarbeitung von Störungen in ihrem Umfeld als auch zu einer verbesserten Wahrnehmung und daraus resultierender Selbst- und Identitätsfindung zu kommen. Die Tonfeld-Arbeit ermögliche nicht nur eine Persönlichkeit-Stärkung sondern auch »ein tieferes Erleben und Verstehen ihrer selbst«.
Gerade für Menschen mit Hörschädigung, die in ihrer Kommunikationsfähigkeit eingeschränkt sind, scheint diese Methode eine ernstzunehmende nonverbale Alternative zur Psychotherapie darzustellen.
Wen also die Jungianische Orientierung der Therapieform nicht stört, dem wird es sicher eine Bereicherung sein, dieses praxisorientierte und reich bebilderte Werk zu lesen.
Weitere Informationen, auch über eine berufsbegleitende Ausbildung im Bereich der »Arbeit am Tonfeld®«, erhalten Sie auf der Homepage von Heinz Deuser www.arbeit-am-tonfeld.com. Hier gibt es einen Link zu den Instituten [für Haptische Gestaltbildung] in Hinterzarten, Bremen, München und Meerbusch [, sowie] den Verein für Gestaltbildung e.V. Letzteren finden Sie auch direkt unter www.tonfeldatelier.de.
Autorin: Katrin Barthel