Binaurales Hören ist für die Menschen von entscheidender Bedeutung, damit sie sich in ihrer akustischen Umwelt zurechtfinden können. Im Verlauf der Hörbahn finden spezielle Verschaltungen und Verarbeitungsschritte der Signale beider Ohren statt, die es dem Gehirn ermöglichen, eine Schallquelle zu orten und sich bei einem Hintergrundgeräusch, ja sogar im Stimmengewirr, auf einen Gesprächspartner zu konzentrieren. So können normalhörende Menschen ihre Hörfähigkeit den ständig wechselnden Hörumgebungen, z.B. einem Gespräch in ruhiger Umgebung oder im Restaurant oder Musikhören, immer optimal anpassen.
Wie ist dies nun bei Menschen mit einem Hörverlust? Ca. 80 % der Schwerhörigen sind von einem binauralen Hörverlust betroffen und kämen für eine beidohrige Hörgeräte-Anpassung infrage. Es sind aber nur 40 % von ihnen mit zwei Hörgeräten versorgt. Ist der Hörverlust nicht zu groß, können sie Schallquellen nahezu so gut lokalisieren wie Normalhörende (besonders mit individuell gefertigten IdO-Geräten). Allerdings empfinden bilateral versorgte Patienten den Klang angenehmer und ihre Hörumgebung normaler als mit nur einem Hörgerät. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Lautheitssummation der Signale beider Ohren von 3 – 10 dB, die eine Reduzierung der Verstärkung und damit auch eine geringere Rückkopplungs- und Übersteuerungs-Neigung der Hörgeräte bewirkt. Effekte des Kopfschattens, der hohe Frequenzen um 12 – 15 dB dämpfen kann, wirken sich bei einer monauralen Anpassung auf das Sprachverstehen negativ aus, wenn sich der Sprecher auf der unversorgten Seite des Schwerhörigen befindet. Diesen Nachteil kann eine bilaterale Anpassung ausgleichen.
Schwerhörige Patienten haben also von einer bilateralen Versorgung große Vorteile. Sie wird auch als binaural bezeichnet, obwohl es sich bei der herkömmlichen Versorgung mit 2 unabhängig voneinander arbeitenden Geräten nicht um eine echte binaurale Anpassung handelt.
Acuris™ mit e2e wireless™-Technologie
Die Lösung hierfür heißt Acuris™ – das erste binaurale Hörsystem der Welt, das eine Lösung für ein auditorisches System anstelle von 2 voneinander unabhängigen Hörgeräten für 2 Ohren bietet. Acuris arbeitet mit der e2e (ear to ear) wireless™-Technologie, dem kleinsten Funksystem der Welt. Dies ist das erste Mal, dass 2 Hörgeräte miteinander kommunizieren und in ein System integriert sind. Über e2e wireless™ werden 2 unabhängige Hörgeräte zu 1 binauralen Hörsystem. Das rechte und das linke Horgerät tauschen ständig Steuersignale untereinander aus und bewerten diese. Basierend auf den so gewonnenen Informationen wählt das Hörsystem automatisch und synchron die entsprechenden Einstellungen wie den Modus des Mikrofonsystems und das Sprach- und Geräusch-Management für die jeweilige Hörsituation.
Binaurale Steuerung der automatischen Funktionen
Acuris verfügt über vielfältige automatische Funktionen der digitalen Signalverarbeitung, die binaural gesteuert werden. Beide Hörgeräte überprüfen ständig die jeweilige Hörsituation und tauschen Informationen zur Klassifikation der aktuellen Hörumgebung aus. Basierend auf diesen Ergebnissen erfolgt die Einordnung der Hörsituation durch eine binaurale Klassifikations-Matrix und die entsprechende Einstellung der digitalen Signalverarbeitung. Dabei gilt, dass Sprache immer Vorrang hat. Der Modus des mehrkanaligen, adaptiven TriMic-Mikrofonsystems bei Acuris P wird je nach dem Pegel des Hintergrundgeräusches auf omni-direktional, TwinMic oder TriMic geschaltet. Um Rückkopplungen zu eliminieren, analysiert das Hörsystem ständig die Eingangs- und Ausgangs-Signale und löscht Rückkopplungs-Signale gegenphasig aus. Alle Bauformen von Acuris verfügen über eine automatische Sprachanhebung und Störgeräusch-Unterdrückung sowie ein 16-kanaliges Kompressionssystem. Zusätzlicher Komfort wird durch eine besonders effiziente Windgeräusch-Unterdrückung und eine verminderte Berührungsempfindlichkeit erreicht.
Binaurale Steuerung der manuellen Bedienelemente
Trotz der automatischen Arbeitsweise verfügt Acuris typabhängig über einen Lautstärkesteller und eine Programmtaste. Warum sind diese bei einem automatisch arbeitenden System erforderlich?
Verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen und Befragungen belegen, dass die Hörgeräteträger in einigen Situationen eine manuelle Steuerung der Hörgeräte wünschen, da die automatische Arbeitsweise nicht immer ihre Anforderungen in allen Hörumgebungen erfüllt. Besonders langjährige Hörgeräteträger möchten gern selbst auf die Arbeitsweise des Hörsystems Einfluss nehmen. Bei einer bilateralen Versorgung mit Acuris bewirkt jede manuelle Änderung der Lautstärke in beiden Hörgeräten gleichzeitig eine Lautstärkeänderung. Das Gleiche gilt auch für die Auswahl des Programms über die Programmtaste. Sobald diese an einem Hörgerät betätigt wird, erfolgt die gleiche Programmänderung auch in dem anderen Hörgerät. Der Hörgeräteträger kann das System also schneller einstellen, da er Lautstärkeänderung und Programmwahl immer nur an einem Gerät vornehmen muss und das andere automatisch diesen Änderungen folgt.
Das Telefonieren mit Acuris ist durch die e2e wireless™-Technologie ebenfalls einfacher als mit herkömmlichen Hörsystemen. Schaltet der Hörgeräteträger auf das Telefonprogramm um, wählt das gesamte System automatisch eine individuell programmierte, für das Telefonieren geeignete Einstellung. Es aktiviert z.B. auf einem Ohr die Telespule und reduziert auf dem anderen Ohr die Verstärkung. Damit keine störenden Rückkopplungen auftreten, passt sich die automatische Rückkopplungs-Unterdrückung extrem schnell an jede Situation an.
Vorteile der e2e wireless™-Technologie
Die binaurale Steuerung hat den Vorteil, dass beide Hörgeräte wie ein einziges System funktionieren. Änderungen in einem Hörgerät führen automatisch auch zu Änderungen in dem anderen Gerät. Für den Schwerhörigen bedeutet das eine einfachere Bedienung und eine diskrete Arbeitsweise, da er nicht gleichzeitig an beiden Hörgeräten hantieren muss. Zudem wird eine Fehlbedienung zuverlässig unterbunden.
Die binaurale Steuerung bewirkt auch eine bessere Schallortung. Da für jede Funktion des binauralen Hörsystems nur ein Lautstärkesteller und eine Programmtaste erforderlich sind, können die Bedienelemente von ImOhr-Geräten getrennt voneinander angebracht werden, also in einem Gerät der Lautstärkesteller und in dem anderen die Programmtaste. Diese Bauweise spart Platz. Außerdem wird die Verwechslungsgefahr der Bedienelemente bei Patienten mit eingeschränkter Fingerfertigkeit vermieden.
Zur Vereinfachung der Bedienung dient die Fernbedienung ePocket, die das einzige Gerät mit einer bi-direktionalen Funktionsweise darstellt. ePocket verfügt neben einer Steuerungs- auch über eine Auslese-Funktion. Sie zeigt für jedes Hörgerät den Ladezustand der Batterie sowie die Programmauswahl und die Höhe der Lautstärke an. Gleichzeitig kann der Hörgeräteträger die Lautstärke und Programmwahl über ePocket steuern. So ist es erstmals möglich, CIC-Geräte mit mehreren Programmen und Lautstärkestellern anzubieten. ePocket ist klein, leicht und passt in jede Hand- oder Jacken-Tasche. Bei Kinderanpassungen können Eltern und Lehrer über ePocket Lautstärke, Programmwahl und Batteriestatus eines Hörsystems schnell überprüfen.
Acuris ist in einer kompletten Hörgeräte-Familie vom Power-HdO bis hin zum CIC-Gerät lieferbar und so für vielfältige Hörverluste geeignet. Alle Geräte verfügen über die e2e wireless™-Technologie.
Autorin: Ulrike Seifert-Kraft