1. Platz für Einschlafhilfe für Tinnitus-Patienten
In der »Hörakustik« veröffentlichten wir bereits über den Wissenspreis, der vom TV-Sender ProSieben ausgeschrieben wurde. Wir führten ein Gespräch mit den Siegern Werner Hoffmann und Sebastian Berndi – die den 1. Platz mit einem Lesegerät für Taube geschafft hatten. Nun folgt der zweite Teil – wir unterhielten uns mit Marcel Krause, Daniel Wagner und Marco Sillmann über deren Einschlafhilfe für Tinnitus-Patienten, die der Jury einen 1. Platz in ihrer Kategorie wert war.
Hörakustik: Wie kamt Ihr auf die Idee, eine Einschlafhilfe für Tinnituspatienten zu erfinden? Ist jemand im Familien- oder im Freundeskreis betroffen?
Marcel Krause: Ich leide seit meinem 19. Lebensjahr an Tinnitus und habe immer Probleme beim Einschlafen, da ich durch den ständigen Pfeifton im Ohr gestört werde. Ich ließ aus diesem Grund während der Einschlafphase Musik laufen, um mein Gehör abzulenken. Doch dies führt langfristig zu Schlafstörungen. Dann kam mir die Idee, die Musiklautstärke und die Dauer der Einschlafphase anzupassen.
Hörakustik: Wie lange habt Ihr gebraucht, bis Eure Idee umsetzungsfähig war?
Daniel Wagner: Die Entwicklungsphase begann Ende Oktober 2002 und endete vorläufig im Februar 2003 zum Regionalwettbewerb von »Jugend forscht«. Das Gerät wurden ursprünglich für den »Stiftung Jugend forscht e.V.« – Wettbewerb 2003 entwickelt, wobei wir bei diesem Wettbewerb sogar die Bundes-Entscheidung erreichten. Nach diesem Wettbewerb wurde bis heute ständig daran weiterentwickelt.
Hörakustik: Gab es am Anfang Schwierigkeiten mit der Umsetzung, die Ihr nicht bedacht hattet?
Marco Sillmann: Das größte Problem war es, eine einfach messbare Körperfunktion zu finden, die dem Einschlafverhalten entspricht. Da wird ein Brustgurt zur Pulserfassung verwendet und die Übertragung erfolgt per Funk; es war ebenso ein großes Problem, dieses Signal störungsfrei zu empfangen.
Hörakustik: Durfte Euch jemand helfen?
Marcel Krause: Da wir während dieses Projektes zusammen in der Ausbildung zum Kommunikations-Elektroniker waren, wurden wir von unserem Ausbilder und der Ausbildungs-Abteilung unterstützt.
Hörakustik: Könnt Ihr mir und unseren Lesern erklären, wie es funktioniert?
Daniel Wagner: Wir haben für »Jugend forscht« und den Wissenspreis von ProSieben eine ziemlich umfassende Dokumentation zu unserem Projekt geschrieben. In der auch die Funktion erklärt wird. Teilweise geht es ziemlich ins Detail.
Wir haben diese Dokumentation und einen Flyer, welcher eine Kurzbeschreibung des Projektes enthält beigefügt. (Anm. d. Red.: Leider ist der Text zu umfangreich, um ihn abzudrucken, doch interessierte Leser können mit den drei Entwicklern in Kontakt treten unter der eMail-Adresse info.pge@gmx.de Unsere drei Gesprächspartner – denen wir hier noch einmal herzlich gratulieren – beantworten Ihnen gerne alle Fragen.)
Hörakustik: Ist das Gerät in der Herstellung teuer?
Marco Sillmann: Die Materialkosten für den Prototyp betrugen ca. 500 €. In der Serienreife könnten die Kosten aber erheblich reduziert werden.
Hörakustik: Wird es dieses Gerät irgendwann irgendwo zu kaufen geben?
Marcel Krause: Die Anfrage nach unserer Erfindung war nach dem Wissenspreis sehr groß, wobei wir zuvor schon einige Anfragen hatten. Deshalb haben wir uns schon Gedanken gemacht, unser Gerät zu vermarkten.
Hörakustik: Hat eine Firma ihr Interesse an Eurer Erfindung bekundet?
Daniel Wagner: Es gibt eine Firma, die Interesse an unserer Erfindung bekundet hat, und wir sind momentan in Vertragsverhandlungen mit diesem Unternehmen.
Hörakustik: Wie hat sich Euer Leben durch diese Erfindung verändert? Habt Ihr dadurch irgendein Stellenangebot bekommen?
Marco Sillmann: Wir drei haben eine Ausbildung zum Kommunikations-Elektroniker bei der Sick AG absolviert und sind seit Februar nach der Ausbildung in verschiedene Abteilungen übernommen worden. Somit kommen für uns andere Stellenangebote nicht in Frage, zumal wir uns schulisch weiterbilden möchten.
Hörakustik: Wurde ein Patent auf Eure Erfindung angemeldet?
Marcel Krause: Wir haben ein Gebrauchsmuster auf unser Gerät angemeldet, das ist sozusagen eine kleinere Form des Patentes. Eine Anmeldung zum Patent war nicht mehr möglich, da wir die Erfindung beim Regionalwettbewerb von »Jugend forscht« schon der Öffentlichkeit vorgestellt hatten. Nach dem Regionalwettbewerb haben wir dann das Gebrauchsmuster angemeldet.
Hörakustik: Hattet Ihr gehofft, den 1. Preis zu bekommen?
Daniel Wagner: Als das Fernsehteam bei uns war, um unsere Erfindung zu filmen, hatte man uns gesagt, dass es über 1’000 Einsendungen gäbe. Zu diesem Zeitpunkt denkt man natürlich noch nicht daran, unter die ersten 3 bzw. ins Finale zu kommen und als wir dann mitbekommen haben, dass wir unter die letzten 3 gekommen sind, und somit in der Live-Sendung dabei sein werden, hat uns das schon riesig gefreut, überhaupt so weit gekommen zu sein. Und zum Schluss war schon eine gewisse Zuversicht gegeben, letztendlich auch den Hauptpreis zu gewinnen.
Hörakustik: Eure Erfindung wurde von den Zuschauern per Telefonvoting gewählt. Das zeigt, wie wichtig Eure Erfindung für große Teile der Zuschauer ist. Was habt Ihr dabei empfunden?
Marco Sillmann: Uns freut es natürlich zu sehen, wie vielen Menschen wir mit unserer Erfindung helfen können, was auch an den vielen Anfragen für unser Gerät abzulesen ist.
Hörakustik: Seid Ihr schon am Tüfteln für eine neue Erfindung?
Marcel Krause: Da wir alle drei seit Anfang Februar im richtigen Berufsleben stehen, also nicht mehr in der Ausbildung sind, ist es mit der Zeit für neue Erfindungen recht knapp. Außerdem sind wir ja immer noch mit der Weiterentwicklung unseres Projektes bis zur Prototypen-Reife beschäftigt.
Hörakustik: Habt Ihr die Einschlafhilfe schon bei Tinnitus-Patienten ausprobiert?
Daniel Wagner: Während der Entwicklungsphase wurde das Gerät immer wieder getestet, jedoch hatten wir noch nicht viel Zeit, dieses Gerät auch bei anderen Tinnitus-Patienten zu testen, da wir dauernd damit unterwegs sind oder es noch weiterentwickeln. Aber Marcel, der an Tinnitus leidet, hat sehr gute Erfahrungen damit gemacht.
Hörakustik: Wenn jemand unruhig schläft und sich dauernd wälzt, verliert man dann nicht ständig den Pulsmesser bzw. entstöpseln sich dadurch die Kabel?
Marco Sillmann: Der Pulsmesser wird um den Brustkorb gespannt und überträgt die Signale per Funk weiter an unsere Regel- und Auswerte-Elektronik. Somit haben wir keinerlei Probleme mit irgendwelchen Kabeln. Der Brustgurt ist flexibel, sodass er über den Rücken beliebig fest gespannt werden kann.
Hörakustik: Wie alt seid Ihr?
Marcel Krause: 21 Jahre…
Daniel Wagner: …20 Jahre…
Marco Sillmann: …21 Jahre.
Hörakustik: Euer Preis ist ein Toyota Prius mit Hybrid Synergy Drive (HSD). Wer behält ihn und wie fährt es sich damit? Ganz ehrlich!
Marcel Krause: Wir sind noch nicht damit gefahren und werden wahrscheinlich nur eine Probefahrt damit absolvieren, da wir vorhaben, das Auto zu verkaufen.
Hörakustik: Vielen Dank für die Zeit, die Ihr Euch genommen habt, und noch einmal unsere besten Wünsche für Eure Zukunft!
Autorin: Anja Werner