Geglückte thematische Einführung (To be Insider in 5 Minute n)

Prof. H. Kuttruff »Akustik – Eine Einführung«, S. Hirzel Verlag, Stuttgart, ISBN 3-7776-1244-8, 450 Seiten, gebunden, 98 €. Auch erhältlich im Buchvertrieb des Median-Verlages.

Es ist immer ein Glücksfall, wenn ein erfahrener akademischer Lehrer seine erprobte Vorlesung als Grundlage für ein Buch verwendet. Ein solcher Fall ist nun wieder eingetreten. Prof. Dr. rer. nat. Dr. E. h. Heinrich Kuttruff, emeritierter Professor für Technische Akustik der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen University, hat ein einführendes Lehr- und Nachschlage-Buch über sein Fachgebiet geschrieben. Das klar und anschaulich geschriebene Werk ist didaktisch hervorragend aufgebaut. Die Grundlagen der Akustik werden umfassend behandelt, wie die folgende Auflistung der Hauptkapitel-Überschriften zeigt:

  1. Was ist Schall?
  2. Die akustischen Grundgleichungen
  3. Ebene Wellen
  4. Kugelwellen und Schallabstrahlung, Reflexion und Brechung, Beugung und Streuung
  5. Akustische Leitungen
  6. Schallfelder in geschlossenen Räumen
  7. Schallwellen in isotropen Festkörpern
  8. Musik und Sprache
  9. Das menschliche Gehör
  10. Raumakustik
  11. Bauakustik
  12. Grundzüge der Lärmbekämpfung
  13. Wasserschall und Ultraschall
  14. Elektroakustische Wandler
  15. Mikrophone
  16. Lautsprecher und andere elektroakustische Schallquellen
  17. Elektroakustische Schallübertragung

Während der 1. Teil des Buches also die theoretischen Grundlagen der Akustik legt, zeigt die 2. Hälfte einen klaren Anwendungsbezug. Hinsichtlich der Stoffauswahl ist z. B. erwähnenswert, dass Beugung und Streuung ausführlicher behandelt werden als es in deutschsprachigen Einführungs-Vorlesungen üblich ist. Andererseits werden die perzeptiven und physiologischen Aspekte der Akustik eher knapp diskutiert, hierzu gibt es allerdings an anderer Stelle geeignete deutschsprachige Einführungstexte, auf die in dem knappen, aber sorgfältig zusammengestellten Literaturverzeichnis auch hingewiesen wird.

Ein besonderes Kennzeichen der Darstellungsweise von Kuttruff – die wir schon aus seinen früheren Büchern kennen – ist, dass er theoretische Zusammenhänge nicht nur mathematisch formal, sondern immer auch in anschaulicher, aber dennoch sehr präziser Sprache darlegt. Der Leser wird dadurch nicht mit Mathematik überfrachtet, muss aber trotzdem nicht auf die notwendige Exaktheit der Darstellung verzichten. Das Buch ist dadurch auch für solche Leser gut lesbar, die keine akademische Ausbildung in Mathematik genossen haben. Dies ist für ein Einführungswerk ein außerordentlich positives Merkmal.

Das Werk kann somit allen empfohlen werden, die sich in die Wissenschaft von der Akustik und in ihre Anwendungsgebiete einarbeiten wollen oder ihre Kenntnisse hierzu auffrischen möchten. Als Leser kommen so zum Beispiel

  • Ingenieure,
  • Physiker,
  • Biologen,
  • Audiologen,
  • Musiker,
  • Tonmeister,
  • Umwelttechniker,
  • Kommunikations-Wissenschaftler,
  • Architekten und
  • Sound-Designer in Betracht.

Das Buch ist reich bebildert, mit einem ausführlichen Sachverzeichnis versehen, drucktechnisch hervorragend ausgestattet und solide gebunden. Sein nicht gerade geringer Verkaufspreis erscheint deshalb gerade noch angemessen. Da davon auszugehen ist, dass das Buch sich u.a. auch als vorlesungsbegleitendes Lehrbuch bewähren wird, sei dem Verlag geraten, bei Zeiten über eine weniger aufwendig ausgestattete, aber preiswertere »Textbook«-Version nachzudenken.

Autor: Jens Blauert

 

 

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Tanz mit Hörgeschädigten (To be Insider in 20 Minute n)

Hörgeschädigten-Pädagogik als Persönlichkeitsentwicklung

Tanz mit Hörgeschädigten – ein Weg zu neuem »Selbst-Bewusstsein« – Teil 1

Eine ganzheitliche Erziehung von Kindern und Jugendlichen mit Hörschädigung verlangt nach vielfältigen Entwicklungsgebieten. Rhythmisch-musikalische und tänzerische Erziehung sollten daher wichtige Bestandteile des Lehrplans sein. Ihre multisensorische Ausrichtung fördert die Schüler:innen optimal und hilft ihnen bei der Entwicklung eines gesunden Körperbewusstseins. Rhythmusgefühl kann genauso gefördert werden wie Ausdrucksfähigkeit und Kreativität. Für die Unterrichtspraxis gibt es vielfältige Bewegungsmöglichkeiten, die die Kinder und Jugendlichen an den kreativen Tanz heranführen.
1. Einleitung

Seit vielen Jahren streiten sich Hörgeschädigten-Pädagogen um die Frage, welche Kommunikationsform für Kinder mit Hörbeeinträchtigung wohl am sinnvollsten ist. Die Diskussion kreist um Laut- oder Gebärdensprache.
Befürworter der letzteren sind der Meinung, ein »Verbot der Gebärden sei gleichzusetzen mit einer Abwertung des Menschen mit Hörschädigung, Verfechter der Lautsprache vertreten dagegen die Auffassung, nur Lautsprache könne den Hörgeschädigten tatsächlich in die Gesellschaft integrieren.

Doch dieser Frage möchte ich mich im vorliegenden Beitrag nicht widmen. Ganz ab von der Diskussion über Laut- oder Gebärdensprache wenden wir uns einem anderen Kommunikationsmedium zu:

Tanz ist eine Sprache, die jeder verstehen kann – ob normal hörend oder hörgeschädigt. Wir können unsere Gedanken, Gefühle und Erfahrungen mit Hilfe unseres Körpers als Instrument der Sprache ausdrücken. Und wir sind in der Lage, die Bewegungen anderer zu interpretieren.

Voraussetzung für jegliche Art von Kommunikation ist jedoch ein gemeinsamer Code, damit der »Empfänger« – um im Publizistik-Jargon zu sprechen – die »Message« des »Senders« entschlüsseln kann. Jede Sprache besteht aus einem komplexen System von Zeichen. Die »Zeichen« des Tanzes sind ebenso vielfältig wie unsere Bewegungsmöglichkeiten und sollen an Hand von so genannten Bewegungsqualitäten näher beschrieben werden. Wie drücke ich Sehnsucht aus? Welche Art von Bewegung symbolisiert Aggression? Und woher kommt eigentlich der Impuls für meine Bewegungen?

Tanz mit Hörgeschädigten ist nicht so absurd, wie es vielleicht im ersten Moment scheinen mag. Auch wenn Tanz in großem Maße mit Musik »zusammenspielt«, so gibt es mannigfache Wege, um Menschen trotz ihrer Hörbeeinträchtigung »zum Tanzen zu bringen«.
Auch darauf soll hier eingegangen werden. Doch beginnen wir zunächst mit einigen theoretischen Erklärungen zum Sinn und Zweck tanzpädagogischer Arbeit mit Kindern und Jugendlichen mit Hörschädigung.

2. Theoretische Hintergründe

2.1 Tanz als Therapie? Wie Tanz Schülerinnen und Schülern mit Hörschädigung helfen kann

Tanzen weckt die Lebensgeister. Wer tanzt, bewegt sich aus einem bestimmten Gefühl heraus. Er ist glücklich, traurig, vielleicht verliebt oder voller Sehnsucht. Durch Tanz lassen sich Gefühle zum Ausdruck bringen. Gerade Hörgeschädigte, deren lautsprachliche Entwicklung durch die eingeschränkte auditive Wahrnehmung gehemmt ist, können Tanz als Kommunikationsmedium für sich entdecken und es als weitere Verbindung zur Außenwelt verwenden. Schon Schiller´s Forderung beinhaltet den Kernpunkt des so genannten Ausdruckstanzes, denn »alles Innere [soll] veräußert und alles Äußere geformt [werden]«.
Die Hörschädigung spielt im folgenden Abschnitt eine untergeordnete Rolle – nicht, weil man sie etwa in den Hintergrund verdrängt, sondern weil sie bei der Schulung von Kreativität nebensächlich werden kann.

Ein Tanz entsteht meist aus einer Improvisation. Hierbei werden spontan Bewegungen erfunden. Der Tanzende probiert, versucht, experimentiert – und entdeckt. Eine Improvisation braucht einen Impuls von außen. Dieser muss aber nicht über Musik erfolgen, sondern man kann auch Bilder, Gedichte, Liedtexte oder Themen »vertanzen«. Der Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt. Insofern haben Hörgeschädigte die Möglichkeit, auf visuelle Reize einzugehen oder sich von geschriebener Sprache, eigenen Erfahrungen und dergleichen inspirieren zu lassen, so dass sie nicht auf auditive Wahrnehmung angewiesen sind, um im und durch Tanz kreativ zu sein.

Die Schüler:innen sollen lernen, Inspirationen aufzugreifen und eigene Erfahrungen kreativ umzusetzen. Dies fördert nicht nur die Phantasie, es hilft auch bei der Bewältigung persönlicher Probleme. Indem man sich Gedanken macht, wie man ein bestimmtes Gefühl tänzerisch ausdrückt, wird es einem erst richtig klar. Vielleicht gewinnt man während der intensiven Beschäftigung mit dem Problemthema sogar neue Perspektiven, um dann besser mit einer Situation umgehen zu können. Dies stärkt das Selbstwertgefühl und fördert die Identitäts-Entwicklung.

Der Körper fungiert also als tänzerisches Bewegungsinstrument. Dadurch wird die Wahrnehmung des eigenen Körpers und damit von sich selbst ermöglicht. Der Tanzende stößt an die Grenzen seiner Fähigkeiten und lernt seine Gedanken und Gefühle kennen. Wichtig zu betonen ist die Tatsache, dass es im kreativen Tanz kein Richtig oder Falsch gibt. Die Interpretation der verschiedenen Bewegungsimpulse ist subjektiv und hängt somit von individuellen Erfahrungen, Neigungen und Gefühlen ab. Technikschulung ist natürlich ebenfalls eine Komponente des Tanzes, steht jedoch hier nicht im Mittelpunkt. Besonders für Schüler:innen mit Hörschädigung ist es wichtig zu erkennen, dass jeder Mensch einzigartig ist. Ihre Hörbeeinträchtigung ist ein Merkmal ihrer Persönlichkeit, das sie in keiner Weise degradiert. Sie sind genauso wie Hörende in der Lage, die Tanzsprache zu verwenden – wenn nicht noch besser!

Gerade das Beispiel Tanz zeigt, dass Menschen mit Hörbeeinträchtigungen über eine stark ausgeprägte visuelle Wahrnehmungsfähigkeit verfügen, so dass sie sich Bewegungssequenzen sehr schnell merken können. Zudem sind sie durch die Verwendung der Gebärdensprache an eine Kommunikation über Bewegung gewöhnt.
Durch Tanz wird außerdem nicht nur die Selbst-, sondern auch die Fremdwahrnehmung geschult. Über Beobachtung und Analyse der Bewegungen anderer lernen die Schüler:innen, ihre eigenen Bewegungen realistisch einzuschätzen, zu beurteilen und dadurch zu verbessern. Zusätzlich lernen sie, konstruktive Kritik zu üben sowie selbst Kritik anzunehmen und bestenfalls umzusetzen.

Tanz vermittelt eine bewusste Wahrnehmung des eigenen Körpers. Diese Kontrolle hat positive Auswirkungen auf die Persönlichkeit des hörgeschädigten Menschen, denn:

Familarity with and control in body movement aids total development. Control of one’s own body can mean the beginning of self-control in general.

Aida Pisciotta, 1980

Wichtig für das Verständnis der Praxisbeispiele für den Tanz mit Hörgeschädigten ist die Beschäftigung mit den Grundlagen des Tanzes. Aus diesem Grund werde ich im Folgenden auf einen bedeutenden Tänzer, Tanzpädagogen und -Theoretiker eingehen und seine Erziehungs-Philosophie sowie seine Theorie der so genannten »Effort- Kontrolle« erläutern.

2.2 Rudolf von Laban – Vater des kreativen Tanzes und der »Antriebslehre«

2.2.1 Die Erziehungs-Philosophie Laban´s

Rudolf von Laban lebte von 1879 bis 1958. Er zählt zu den für die moderne Tanzerziehung bedeutendsten Figuren der Welt. Seine Arbeit ist grundlegend für die Beschäftigung mit dem Tanz und beeinflusst ihn in vielfältiger Weise.
Laban´s Tanzerziehung zeichnet sich durch sein starkes Interesse an Menschen und den engen Kontakt zu seinen Schüler:innen und Tänzer:innen aus. Seiner Meinung nach sind eine »echte Beziehung und Empathie« (Friedmann, 1989) zwischen Lehrer:in und Schüler:in sowie gegenseitiges Vertrauen notwendig, damit die erzieherischen Ziele erreicht werden können. Wie jeder Mensch brauchen natürlich auch Schüler:innen mit Hörschädigung eine feste Bezugsperson, die sie an den Tanz heranführt und sie in ihrem Entwicklungsprozess begleitet.

Laban gilt als »Quelle der Inspiration, [als] Genie der Bewegung«. Seine Vitalität, die Klarheit und Weite seiner Vision, seine Fähigkeit zur Improvisation sowie die Vielfalt seiner Ideen und Bewegungsübungen werden hoch gelobt. Er habe die »Gabe, die künstlerische Ausdrucksfähigkeit seiner Schüler:innen befreien zu können, sie zu befähigen, ihre eigenen Wurzeln zu finden, ihr eigenes Potenzial zu entdecken«. Gerade für Kinder mit Hörschädigung ist es wichtig zu merken, wie reichhaltig ihre inneren Ressourcen sind, auch wenn ihre schulischen Leistungen oftmals weit unter dem Niveau Hörender zurückbleiben. Das Gefühl des Versagens im Vergleich zu hörenden Schüler:innen kann durch Tanz zumindest teilweise kompensiert werden, denn:

To help overcome the insecurities failure causes, children need experiences, such as creative dance, in which success is intrinsic.

Aida Pisciotta, 1980

Laban´s pädagogisches Konzept sieht die Entwicklung von Selbstbeherrschung, von bewusster Wahrnehmung und Kreativität vor. Die Harmonie in der Gruppe wird bei ihm groß geschrieben, so dass seine Schüler von »Freude und Glücksgefühl« in seinem Unterricht sprechen. Er lehrt den Bewegungsausdruck allein, in Paaren und in großen Gruppen, wobei man sich wortlos zusammen durch den Raum bewegt – vorwärts und rückwärts, hoch und tief, eng und weit, gebunden und frei, schnell und langsam, etc. Hierauf komme ich später noch einmal zu sprechen.
Laban´s Grundprinzip besteht in der erzieherischen Kraft der Bewegung. Es herrscht das Ziel, »durch Bewegung das volle Potenzial jedes Menschen als einheitliches Ganzes zu entwickeln – Körper, Geist und Seele« (Friedmann, 1989). Zur Verdeutlichung füge ich folgendes Zitat ein, das den Kernpunkt seiner Philosophie einer sinnvollen Erziehung aufzeigt:

Das Ziel der Tanzerziehung ist, sich der eigenen Gefühle bewusst zu werden, den Fluss der spontanen Bewegung steuern zu lernen, Gleichgewichts-Sinn und Richtungsgefühl im Raum zu wecken […] und eine harmonische Persönlichkeit zu entwickeln.

Elly D. Friedmann, 1989

Da vestibuläre Reize bekanntlich durch das Gleichgewichts-Organ im Innenohr aufgenommen werden, kommt dem Erziehungsziel Laban´s, den Gleichgewichts-Sinn zu fördern, bei Hörgeschädigten eine besondere Bedeutung zu. Die Gleichgewichts-Wahrnehmung beeinflusst zudem die Bewegung und Aufrichtung des Menschen. Normalerweise kompensieren der taktile, visuelle und kinästhetische Wahrnehmungsbereich die Einschränkung in der auditiven Wahrnehmung, so dass auch bei Kindern mit Hörschädigung eine »normale« Bewegungsentwicklung stattfinden kann. Daher ist der multisensorische Ansatz ausgesprochen geeignet und – wie wir später sehen werden – durch Tanz wunderbar umzusetzen. Ist dieser Ausgleich der Hörbeeinträchtigung durch andere Sinnesbereiche nicht möglich, so entstehen gravierende Probleme in der Motorik. Insofern können »seh- und hörgeschädigte Kinder ihre Bewegungsmöglichkeiten durch die fehlenden Sinnesreize nicht voll entfalten […]. Ohne spezielle Maßnahmen bliebe das Kind bewegungsbehindert, obwohl seine Motorik intakt ist« (Shirley Day-Salmon, 2003).

In seinem Buch »Des Kindes Gymnastik und Tanz« geht Laban auf den natürlichen Bewegungsdrang jedes Kindes ein. Kindergarten- und Grundschul-Kinder haben viel Spaß daran, zu entdecken, was ihr Körper und die einzelnen Teile desselben alles können. Aida Pisciotta (1980) spricht in diesem Zusammenhang ganz treffend von einem »hunger for movement«. Dieser Bewegungsdrang und die Motivation für Sportunterricht nehmen im Laufe der Schulzeit ab. Man muss daher bei den Schüler:innen – wie zuvor erwähnt – die Fähigkeit fördern, die Qualität der eigenen Bewegungen und damit sich selbst zu beobachten. Nur so kann man das Bewegungsverhalten beeinflussen und Motivation erzeugen. Es ist demnach wichtig, dưrch Analyse eine Veränderung der Haltung und der Gewohnheiten herbeizuführen sowie Gewichtsverlagerung zu lernen. Dies führe zu einem »gesunden und schönen Körper«, zum Bewusstsein seiner selbst und zu »Glück und Erfüllung« (Friedmann, 1989), denn:

Die Hauptursache der Abwendung vom heiteren Weltbild der Kindheit ist eine seelische Trübung, und diese seelische Trübung ist im Großen und Ganzen das Resultat unserer unharmonischen Körperlichkeit.

Rudolf von Laban, 1926

Es lässt sich also festhalten, dass Bewegungserfahrung im Sportunterricht und besonders im Tanz wichtig ist, um die Bewegungen des eigenen Körpers und damit sich selbst bewusst wahrzunehmen – »Tanzen erfordert den ganzen lebendigen Menschen«.
Doch wie kann die Kreativität dieses ganzen Menschen zum Vorschein kommen? Tänzerische Erziehung muss sehr breit gefächert sein, damit das Kind ein möglichst großes Repertoire an Bewegungen erlernt. Nur auf der Grundlage vielfältiger Bewegungsmöglichkeiten kann es sein Potenzial voll ausschöpfen und im Tanz kreativ sein.

2.2.2 Die Antriebslehre

Im Tanz lenkt der Geist die Bewegung. Doch woher kommt dieser Impuls für die Bewegung? »Der Impuls, der unseren Nerven und Muskeln gegeben wird, welche die Gelenke unserer Gliedmaßen bewegen, entspringt inneren Antrieben.« (Laban, 1981). Aus diesem Ansatz hat Laban seine Theorie der Antriebslehre entwickelt, in der er den Einfluss des inneren Antriebs bzw. des Efforts auf die menschlichen Bewegungen untersucht:

Effort ist der innere Antrieb, der uns veranlasst und es uns ermöglicht, uns zweckmäßig und richtig zu bewegen.

Elly D. Friedmann, 1989

Antrieb bedeutet also Aufwendung bzw. innere Anstrengung, die unterteilt wird in solche geistiger, emotionaler und körperlicher Natur. Man kann über etwas nachdenken, emotional von etwas berührt sein oder physische Arbeit verrichten. Es leuchtet ein, dass es auch Kombinationen aus den 3 Komponenten gibt, dass demnach beispielsweise emotionale mit körperlicher Anstrengung einhergehen kann. Anders ausgedrückt: »An einem Antrieb ist die ganze Person beteiligt.« (Claude Perrottet, 1983), was uns wieder zu Laban´s Philosophie der »Einheit« des Menschen führt.

2.2.3 Die 4 Bewegungsfaktoren und ihre Bewegungselemente

Auf der Grundlage langer Studien und darauf basierender Erfahrungen mit Alltagsbewegungen erkannte Laban, dass sich jede menschliche Aktivität über die vier Faktoren Raum, Kraft, Zeit und Fluss charakterisieren lässt. Die Handlungen müssen nicht notwendigerweise alle Faktoren gleichermaßen beinhalten, sondern die Schwerpunkte verlagern sich von Bewegung zu Bewegung. Man kann demnach von unterschiedlichen Akzenten einer jeden Handlung sprechen. Diese können bewusst oder unbewusst gesetzt werden.

Infolgedessen sind die Antriebs-Aufwendungen jeweils von unterschiedlicher Energiequalität, d.h. man kann eine Bewegung mit starkem oder geringem Kraftaufwand ausführen, schnell oder langsam usw. Insofern steht auf der einen Seite die »ankämpfende« und auf der anderen Seite die »erspürende« innere Einstellung. Erstere ist mit einer sehr hohen Intensität an Bewegungsqualität verbunden, während diese bei letzterer niedriger ist.

Eine Bewegungsanalyse hilft uns, den Effort unserer Aktivität zu kontrollieren, was wiederum zu einem vertieften Bewusstsein unserer Handlungen führt. Das Wissen um die Qualität des Antriebs ermöglicht es, eine Aktion derart zu gestalten, dass sie beinahe mühelos erscheint. Man spricht in diesem Zusammenhang von der »Ökonomie des Efforts« (Friedmann 1989, 28). Das Verständnis unserer inneren Impulse ist also in vielen Situationen des täglichen Lebens nützlich, denn »Effort eröffnet einen neuen Weg zur Verbesserung körperlicher und geistiger Aktivitäten«.

2.2.4 Konsequenzen für den Unterricht – (Weiter-)Entwicklung der Persönlichkeit

Alle Aktionen werden von jedem Menschen individuell verschieden ausgeführt. Jeder Mensch hat im Normalfall in seinem Bewegungsrepertoire sowohl »ankämpfende« als auch »erspürende« Bewegungsformen. Trotzdem hat man Vorlieben für Bewegungen des einen oder des anderen Pol´s.

Ziel von Laban´s Erziehung ist die Entwicklung einer Bewegungsvielfalt und ihre Erweiterung. Daher ist es sinnvoll, in der tänzerischen Erziehung die Techniken mehrerer verschiedener Tanzstile kennen zu lernen und sie im wahrsten Sinne des Wortes »am eigenen Leibe zu erfahren«.

Dennoch geht es Laban nicht nur um die Vielfalt der Techniken der unterschiedlichen Richtungen im Tanz, sondern er betont immer wieder die Wichtigkeit der persönlichen Bindung zwischen den Personen, die sich miteinander bewegen, sowie die Individualität des Tanzenden. Erst diese Individualität ist es, die eine Bewegungsfolge persönlich und damit einzigartig macht. Sie kann nicht von jeder Person beliebig wiederholt werden, da sie die persönliche Handschrift des Tanzenden trägt.

Ein solcher Tanz hängt stark von der momentanen inneren Gemütsverfassung ab, um wieder auf die so oft erwähnte »Einheit« des Menschen zurück zu kommen. Wichtig bei jeder Art der tänzerischen Erziehung ist daher die »wohltuende Auswirkung der schöpferischen Tätigkeit des Tanzens auf die Persönlichkeit« (Laban, 1981). So kann Tanz dazu beitragen, dass wir unseren Körper bewusst wahrnehmen, ihn als wertvollen Teil unseres Ich´s begreifen und ihn einsetzen, um durch Tanz die in uns schlummernde Kreativität hervor zu locken, denn:

Das Glück liegt nicht in den Umständen, das Glück liegt in uns. Das Glück liegt in der Kraft, die wir in uns selbst gewinnen und erzielen können.

Rudolf von Laban, 1926

 

Autorin: Katrin Barthel
(Fortsetzung folgt)

Katrin Barthel ist unseren Lesern nicht unbekannt. Sie absolvierte in unserer Redaktion ein Praktikum und fiel bereits durch mehrere glänzend recherchierte und gut geschriebene Beiträge positiv auf. Kurz vor einem längeren Auslandsaufenthalt schrieb sie für uns diesen eine relevante Thematik einmal aus völlig anderer Perspektive beleuchtenden Artikel. Katrin Barthel studiert Deutsch und Sport für das Lehramt an Gymnasien an der Georg-August-Universität Göttingen.

 

 

Gesundheitsmanagment (To be Insider in 20 Minute n)

Gesundheitsmanagement am Arbeitsplatz

»Gesunder Geist in gesundem Körper«

»Rund 47.5 Milliarden € gehen der deutschen Wirtschaft pro Jahr durch kranke oder angeblich kranke Mitarbeiter verloren« (Professor Dr. Peter Nieder in Personalmagazin 5/2003). »Doch Fehlzeiten lassen sich reduzieren: Eine sorgfältige Analyse und präventive Maßnahmen sorgen für mehr und effektivere Anwesenheit!«

»Mehr und effektivere Anwesenheit«

Zwar ist die krankheitsbedingte Fehlzeitenrate auf einen sehr niedrigen Stand gesunken. Die Beiträge, die für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall aufgewendet werden müssen, sind jedoch immer noch zu hoch. Uber die Kosten, die durch »nicht effektive Anwesenheit« entstehen, scheint sich jedoch kaum jemand Gedanken zu machen. Die Hauptsache: Die Mitarbeiter:innen sind am Arbeitsplatz. Nur die körperliche Anwesenheit scheint zu zählen. Wie steht es aber um die Leistungs-Fähigkeit und -Bereitschaft von Menschen, die, um die wichtigsten Krankheitsbilder zu nennen, unter Schulter-, Nacken-, Rücken-, Kreuz- und Kopf-Schmerzen, Augen-, Kreis- lauf-, Magen- und Darm-Beschwerden, Erkältungskrankheiten oder Schlafstörungen leiden?

Nur um ein Beispiel herauszugreifen: Erkältungskrankheiten. »Wir sind auch nicht bei jedem Schnupfen oder Husten zu Hause geblieben« – so die Meinung vieler Arbeitgeber, die auch oft lautstark geäußert wird. Darüber, dass auch andere – noch gesunde – Mitarbeiter:innen angesteckt werden, machen sie sich keine Gedanken.

Die Fallzahlen bei psychiatrischen Krankheiten haben sich ständig erhöht. Dabei dauern Neurosen oder Persönlichkeitsstörungen oft sehr lange. Der Erkrankungsgipfel liegt bei der Altersgruppe zwischen 30 und 50 Jahren. Hauptursache: Leistungsdruck und vor allem Mobbing.

Maßnahmen der Arbeitgeber

Arbeitgeber tun viel zu wenig, um den Gesundheitsstatus in ihrem Bereich zu verbessern. Wenn überhaupt etwas getan wird, dann geht es vor allem um bereits »krankheitsauffällig« gewordene Mitarbeiter:innen. Rückkehrgespräche nach der Krankheit werden geführt. Dabei geht es in der Praxis sehr oft nicht um die Ursache der Krankheit, sondern darum, ob überhaupt eine Krankheit die Ursache des Fernbleibens war und warum man so lange dem Arbeitsplatz fern geblieben ist. Nach solchen Gesprächen überlegen sich nicht Wenige, ob es nicht besser ist, selbst bei ernsthaften Beschwerden lieber doch am Arbeitsplatz zu erscheinen als zu Hause zu bleiben, um sich auszukurieren. Man will Ärger mit der:m Chef:in nicht riskieren oder gar auf die »Abschussliste« geraten.

Handlungsbedarf

»Sind Sie der Meinung, dass in dem Betrieb, in dem sie arbeiten, genügend für den Gesundheitsschutz getan wird?«
Ganze 7% der in Frankfurter Dienstleistungs-Unternehmen befragten 4´000 Arbeitnehmer:innen antworteten mit »ja«, 46.3 % mit »nein« und 45 % mit »kann ich nicht beantworten«.
„Wird in Ihrem Betrieb alles getan, Ihren Beschwerden abzuhelfen?« Mit »wird alles Erdenkliche getan« antworteten 7.4%, »wird wenig getan« 37.7 %, »wird nichts getan« 16.3 % und »weiß ich nicht« 33.7 %.
Offenbar wird der Stellenwert des Kostenfaktors Gesundheit vielfach überhaupt noch nicht erkannt. Oder scheut man etwa Kosten, die mit dem Gesundheits-Förderungsprogramm verbunden sind? Verhindert die »Sparwelle« auch hier, aktiv zu werden? Dabei ist in vielen nationalen und internationalen Untersuchungen erwiesen, dass Investitionen gerade auf dem Gebiet der Gesundheits-Förderung besonders lohnend sind, ganz gleich, ob es sich um Suchtbekämpfung, Fitnessprogramme oder Informationsveranstaltungen handelt, um nur einige Beispiele zu nennen.

Sorgfältige Vorbereitung

Maßnahmen der Gesundheits-Förderung müssen sorgfältig vorbereitet werden. Ein Vorgehen nach dem »Gießkannenprinzip« birgt die Gefahr in sich, dass Mittel sinnlos vergeudet werden, ohne dauerhafte Erfolge zu erzielen. Gezieltes Vorgehen – in jedem Betrieb liegen die Verhältnisse anders – verspricht dagegen gute Erfolgsaussichten.

Gesundheits-Vorsorge

Präventive Maßnahmen dienen vor allem der Information der Mitarbeiter:innen. Sie sollen das Gesundheits-Bewusstsein wecken und verstärken. Dazu gehört einmal die Information über die finanziellen Auswirkungen von Leistungs-Minderungen und -Ausfall sowohl bei den einzelnen Mitarbeitern:innen als auch bei dem Betrieb und damit wiederum für den Arbeitsplatz jeder:s einzelnen Mitarbeiter:in. Die Gesundheits-Förderung ist ein wichtiges Anliegen der gesamten Leistungsgemeinschaft eines Betriebes, die ja auch als Verantwortungsgemeinschaft zu verstehen ist.

Gesundheits-Förderung an allen Arbeitsplätzen

Eine wichtige Aufgabe der Gesundheits-Förderung ist das gezielte Angehen der Ursache von Gesundheits-Schäden und das Hinwirken auf ihre Beseitigung. Das Erkrankungsgeschehen muss sorgfältig beobachtet und ausgewertet werden, um eine gezielte und dem gesundheitlichen Bedarf entsprechende Gesundheits-Förderung zu planen und entwickeln zu können.

Bei allen Planungen gilt es vor allem eines zu beachten: Maßnahmen der Gesundheits-Förderung sollten nie einseitig von »oben« geplant und »verordnet« werden. Gesundheits-Förderung ist nur dann erfolgreich, wenn sie gemeinsam mit allen Mitgliedern der Leistungsgemeinschaft entwickelt und dann auch konsequent durchgeführt wird. Nur so ist es möglich, alle Arbeitsplätze in ein Konzept einzubeziehen, das sich an den spezifischen Belastungen orientiert. Gesundheits-Förderung muss systematisch betrieben werden, denn nur dann lohnt sich auch der Einsatz finanzieller Mitel. Ein Kurs »Rückengymnastik reicht da ebenso wenig aus, wie Informationen über »richtige Ernährung«.

Ursachenforschung

Vor gezielten Maßnahmen muss die Ursachenforschung betrieben werden. Auf diese Anamnese folgt die Gesundheits-Diagnose und dann erst die Therapie. Ansatzpunkte für eine gezielte Gesundheits-Förderung bietet die Krankheits-Statistik.

Häufen sich bestimmte Krankheiten? Welche Krankheiten können arbeitsplatzbedingt ausgelöst werden?
Der »Belastungsstatus« wird mittels einer anonymen Mitarbeiter-Befragung erhoben. Dabei wird man mit der allgemeinen Frage: »Welche Belastungen erfahren Sie an Ihrem Arbeitsplatz?« nicht weiterkommen. Hier müssen detaillierte Fragen gestellt werden. Fragenkomplexe sind insbesondere die Bereiche Arbeitssicherheit, Gesundheits-Schutz, Betriebsklima, Weiterbildung und Aufstiegsmöglichkeiten, Führungsverhalten, Organisation der Arbeit, Arbeits-Inhalt, -Bedingungen und -Umgebung.
Sehr wichtig ist es, alle Mitarbeiter:innen bei der Gestaltung des Fragebogens zu beteiligen. Sämtliche Mitarbeiter:innen müssen davon überzeugt sein, dass hier etwas zu ihrem Wohl geschieht und nicht nach Mitteln und Wegen gesucht wird, sie auszuhorchen, um Material gegen sie zu gewinnen. Es kann nicht oft und eindringlich genug betont werden: Gesundheit geht alle an, sie ist ein Anliegen sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer.
Beim »Belastungsstatus« dürfen »heikle Fragen« nicht ausgeklammert werden. Fragen zum Alkoholgenuss am Arbeitsplatz müssen ebenso gestellt werden, wie zum Führungsverhalten der Vorgesetzten. Wer Gesundheits-Förderung am Arbeitsplatz wirklich will, darf die Augen davor nicht verschließen, dass Leistungsminderung und Leistungsausfall als Folge von gesundheitlichen Belastungen sehr oft hausgemacht sind. Nicht irgendwelche Alibiprogramme sind gefordert. Das Übel muss an der Wurzel angepackt wereden.

Konkrete Maßnahmen

Arbeitgeber und Arbeitnehmer, beide müssen aktiv werden. Es geht um gesundheitliche Belastungen, die z.B. durch Zugluft, schlechtes Raumklima, mangelhafte Beleuchtung oder Lärm entstehen, ebenso wie um Probleme, die durch unergonomische Stühle oder nicht blendfreie Bildschirme auftreten. Zentrale Themen sind aber auch das Führungsverhalten der Vorgesetzten und die zwischenmenschlichen Beziehungen am Arbeitsplatz mit dem Ziel, Konfrontationen abzubauen, das gegenseitige Verständnis zu fördern und die Hilfsbereitschaft zu verstärken. Welcher Handlungsbedarf hier besteht, zeigt allein schon das Mobbingproblem, von dem nach dem Mobbing-Report der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) in Dortmund von 2002 mehr als 1 Million Arbeitnehmer in der Bundesrepublik im wahrsten Sinne des Wortes aktuell »betroffen« sind.
Auch über die Folgen – am besten die möglichen Folgen – von Rationalisierungs-Maßnahmen wie Hektik, innerbetrieblichem Konkurrenzdruck, Über- und Unterforderung, Versagensängsten für die Kundenbetreuung muss diskutiert werden. Besonders Letzteres ist wichtig, hält man sich vor Augen, dass nur gesunde Mitarbeiter:innen, die weitgehend von Stresseinflüssen frei sind, eine optimale Kundenbetreuung gewährleisten.
Nicht zu unterschätzen sind die – kurzfristig nicht in € und Cent – darstellbaren Erfolge derartiger Programme auf dem Gebiet der »inneren Führung«. Mitarbeiter:innen spüren deutlich, dass man sich um sie im wahrsten Sinne des Wortes kümmert und nicht nur als reinen Kostenfaktor betrachtet. Gesundheits-Förderungsprogramme fördern die Identifikation mit dem Arbeitgeber und damit auch mit der Arbeitsaufgabe. Die Leistungsbereitschaft wird verstärkt und damit auch die Leistung verbessert.
Gerade auf diesem Gebiet muss dringend etwas geschehen. Nach dem Ergebnis der letzten großen Gallup– Untersuchung 2003 identifizieren sich immer weniger deutsche Arbeitnehmer:innen mit ihrem Arbeitgeber. Der Anstieg der Arbeitnehmer:innen, die sich ihrem Arbeitgeber kaum oder überhaupt nicht verpflichtet fühlen, stieg zwischen 2001 und 2003 von 84 % auf 88 % an.

Return on investment ROI

Maßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheits-Förderung müssen langfristig angelegt sein und bringen auch nur langfristig Erfolg. Haben Arbeitgeber und Mitarbeiter:innen einen langen Atem, sind Erfolge greifbar, durch Zahlen belegbar. Die Lohnfortzahlungs-Kosten können deutlich gesenkt werden, und zwar sowohl bei Arbeitgebern als auch bei den Krankenkassen. Eine Halbierung des Krankenstandes wird in der Praxis als durchaus möglich angesehen. Wenn man einmal bedenkt, dass z.B. durch Reduktion von Zugluft bereichsweise auftretende Erkältungskrankheiten stark reduziert werden können, zeigt allein schon dieses winzige Beispiel, was durch Maßnahmen der aktiven Gesundheits-Förderung erreicht werden kann.
Zwei der häufigsten Krankheits-Verursacher sollen kurz behandelt werden: Arbeiten an Bildschirmgeräten und Belastung durch Passivrauchen am Arbeitsplatz.

Bildschirm-Arbeitsplätze

In allen Bereichen der Wirtschaft wächst die Bedeutung der elektronischen Datenverarbeitung. Um die Jahrhundertwende ist davon auszugehen, dass sich etwa 20 Millionen Mitarbeiter und Führungskräfte mit der Informationsgewinnung und der Be- und Verarbeitung von Informationen befassen. Wichtigstes Hilfsmittel: Die elektronische Datenverarbeitung, deren Bedeutung in allen Wirtschaftsbereichen weiter zunimmt.
Der ergonomischen Gestaltung von Bildschirm-Arbeitsplätzen trägt die »BildschirmarbeitsVerordnung« Rechnung, die am 20. 12. 1996 in Kraft getreten ist.

Überprüfung der Bildschirm-Arbeitsplätze

Wie notwendig der Erlass der BildschirmarbeitsVerordnung war, zeigt das Ergebnis einer vom ias Institut für Arbeits- und Sozialhygiene Stiftung in Karlsruhe durchgeführten Überprüfung von 14´000 PC-Arbeitsplätzen.

Nur ganze 8% der untersuchten Bildschirmarbeitsplätze hatten nach arbeitsmedizinischen Maßstäben keine Mängel, bei 92% gab es Beanstandungen mit folgenden Fehler-Schwerpunkten:

  • 38 % wiesen Fehler bei der Aufstellung des Bildschirms auf,
  • 21 % hatten organisatorische Defizite, wie das Fehlen der in der Rechtsverordnung geforderten Unterweisung und Schulung zum sicheren und gesundheitsgerechten Arbeiten, sowie nicht durchgeführter arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen,
  • bei 13% waren unzureichende Lichtverhältnisse festzustellen, insbesondere Blendung,
  • bei 11 % zeigten sich Mängel am Arbeitsstuhl.
  • Weiter waren Defizite in der Softwareergonomie mit unterschiedlicher Ausprägung festzustellen.
Effizienz der Arbeitsleistung

Die Arbeit an Bildschirm-Arbeitsplätzen erfordert hohe Konzentration und körperliche Fitness. Leistungsausfall und Leistungsminderung kann sich bei zunehmender Globalisierung und ständig wachsendem Wettbewerbs-Druck kein Arbeitgeber leisten.
Die Tätigkeit an Bildschirm-Arbeitsplätzen kann insbesondere dann, wenn die Arbeitsplätze mangelhaft sind, zu erheblichen Befindlichkeitsstörungen, ja zu Krankheit führen.

Leistungsausfall

Körperliche Fehlhaltungen am Bildschirm-Arbeitsplatz führen oft zu Verspannungen, langfristig zu Wirbelsäulenschäden. Defizite in der Softwareergonomie haben vorzeitige Ermüdung, Konzentrationsmängel und Nervosität zur Folge. Im Zusammenhang mit der Bildschirmtätigkeit ist vor allem das RSI-Syndrom (Repetitive Strain Injury – Schmerzen aufgrund wiederholter Tätigkeiten) zu beobachten. Weiterhin treten häufig Augenbeschwerden auf.
Der Anteil der Mitarbeiter, die über derartige Beschwerden klagen, ist erschreckend hoch und bewegt sich zwischen 40 und 75 Prozent, wobei die Beschwerden je nach Dauer der Tätigkeit am Bildschirm zunehmen und Frauen dabei stärker als Männer betroffen sind.

Leistungsminderung

Besonders schwer wiegen die mit der Tätigkeit am Bildschirm oft zu beobachtenden Leistungsminderungen. Kann man von Mitarbeitern:innen, die unter Muskelverspannungen, Nacken- und Kopf-Schmerzen leiden, die Hörstörungen infolge Umwelt-Lärm ausgesetzt sind, denen das Kreuz, die Arme und die Handgelenke weh tun, deren »sandige« Augen brennen, die blendempfindlich sind, die doppelt sehen, vorzeitig alterssichtig werden, erwarten, dass sie den hohen Anforderungen der Arbeit am PC gewachsen sind?

Medikamente

Nach dem Ergebnis von Untersuchungen versucht ein Großteil – je nach Altersgruppe 40 bis 80 Prozent – die Arbeitsfähigkeit durch die Einnahme von Medikamenten aufrechtzuerhalten und Spannungen abzubauen. Kurzfristig mag dies möglich sein, mittel- und langfristig scheint diese Form der Bewältigung unzulänglicher Arbeitsbedingungen sehr bedenklich, weil Schmerz-, Beruhigungs- oder Aufputsch-Mittel mehr oder weniger starke physiologische und psychische Nebenwirkungen haben.
Die Wirkung dieser Medikamente wird häufig unterschätzt, besonders ihre langen Wirkungszeiten. Vor allem Beruhigungsmittel wirken bewusstseins- und gefühls-mindernd. Sie dämpfen die Angst zu versagen, den Ansprüchen nicht gewachsen zu sein. Manche wirken bewusstseinstrübend, ermüdend, setzen die Konzentrationsfähigkeit herab. Eingabefehler häufen sich, Informationen, Signale werden übersehen oder nicht vollständig aufgenommen. Dazu kommen Einschränkungen der Reaktionsfähigkeit, verstärkte Trägheit, verringerte Kreativität, eingeschränkte Motivation, Gedächtnislücken und Sehstörungen. Experten schätzen, dass die Leistungsfähigkeit von Menschen, die unter dem Einfluss von Beruhigungsmitteln stehen, um etwa 20 % gemindert ist.

Dicke Luft am Arbeitsplatz

Etwa drei bis vier Millionen Arbeitnehmer sind ständig Tabakrauch am Arbeitsplatz ausgesetzt. »Unfreiwilliges Mitrauchen kann zu Herzinfarkt und Lungenkrebs führen. Wer sich als Nichtraucher in Räumen aufhält, in denen geraucht wird, kann durch die verunreinigte Atemluft so viel krebserregende Stoffe aufnehmen, als hätte er selbst einige Zigaretten geraucht«, so die Warnung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).
Nichtraucher werden durch den Gesetzgeber ausdrücklich geschützt. § 3 a der ArbeitsStättenVerordnung bestimmt: »Der Arbeitgeber hat die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nichtrauchenden Beschäftigtenin Arbeitsstätten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch geschützt werden. Diese neue Regelung – so die Begründung der ArbStättV – geht grundsätzlich von einer krebserzeugenden Wirkung des Passivrauchens aus. Nichtrauchende Arbeitnehmer brauchen damit nicht mehr nachzuweisen, dass sie durch rauchende Kollegen gefährdet sind. Vielmehr müsste der Arbeitgeber, trifft er keine Vorkehrungen zum Nichtraucherschutz, beweisen können, dass eine solche Gefahr ausnahmsweise nicht besteht.
Hilfe für Arbeitgeber bietet die Broschüre »Rauchfrei am Arbeitsplatz, die kostenlos bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, D-51101 Köln bezogen werden kann.

Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper!

Mens sana in corpore sano

lateinische Redewendung

Die alte Lebensweisheit gilt es neu zu beleben. Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper ist kreativ, bringt neue Ideen. Verbesserungsvorschläge, Interesse am Wachstum und Gedeihen des Betriebes setzen einen gesunden Geist im wahrsten Sinne des Wortes voraus, einen gesunden Geist, der nur in einem gesunden Körper wohnen kann.

Wem fällt noch etwas ein oder wer will sich etwas einfallen lassen, wenn er sein Leistungsziel nur noch mit Mühe unter erheblichem Zeitdruck mit Hilfe von Psychopharmaka erfüllen kann oder seine Kopfschmerzen, hervorgerufen durch Arbeit an unergonomischen Bildschirm-Geräten, mit Schmerztabletten bekämpfen muss? Auch darüber sollten Arbeitgeber nachdenken, die heute noch auf dem Standpunkt stehen: »Um seine Gesundheit muss sich jeder selbst kümmern, das geht den Arbeitgeber nichts an.«

Autor: Georg Wolff

 

 

Schlechtere Leistung durch Fluglärm (To be Insider in 1 Minute)

Fluglärm kann bei Kindern die Leistungsfähigkeit herabsetzen. Nach Angaben der »Psychological SCIENCE« haben Kinder, die in Flugplatznähe aufwachsen, zum Beispiel ein schlechteres Langzeitgedächtnis und ein verringertes Lesevermögen. Wechseln die Kinder in eine ruhigere Umgebung, steigt ihre Leistung wieder an. Auch die »Gegenkontrolle« bestätigt den schädigenden Einfluss von Lärm: Bei Kindern aus ehemals ruhigem Umfeld, in das dann ein Flugplatz gebaut wurde, sinkt die Konzentrationsfähigkeit durch den Lärm deutlich ab.

Quelle: red