»Dialog im Dunkeln« (To be Insider in 4 Minute n)

Besuch einer ungewöhnlichen Ausstellung

»Haben Sie schon mal im Dunkeln geküsst ..?«

DIALOG IM DUNKELN®
EINE AUSSTELLUNG ZUR ENTDECKUNG DES UNSICHTBAREN
AB APRIL 2000 SPEICHERSTADT HAMBURG
BOOKINGLINE 0700. 44 33 2000
WWW.DIALOG-IM-DUNKELN.DE

Wer solches noch nicht erlebt hat, sollte dies unbedingt nachholen. Spaß beiseite, aber wie lebt man als Nichtsehender? Wie erfühlt und erhört man seine Umgebung ohne Licht? Der Umgang mit hörbeeinträchtigten Menschen ist dem Hörgeräte-Akustiker vertraut. Wie erfährt aber ein blinder Mensch seine Umwelt? Welche Probleme treten beim Blindsein auf im alltäglichen Leben, im Straßenverkehr, beim Einkaufen, im Restaurant? »Dialog im Dunkein«, eine Ausstellung, die in Hamburg besucht werden kann, ist eine sehr gelungene Darbietung von Lebensausschnitten in der Welt ohne Licht, eine Selbsterfahrung für Sehende in der absoluten Dunkelheit. Die derzeitigen Jahres-Meisterstudenten der Akademie für Hörakustik (afh) waren mit ihrem Dozenten Dipl.-Ing. Ulrich Voogdt nach dem Besuch dieser Einrichtung tief beeindruckt.

Nehmen wir einmal einige Situationen des normalen Lebens, wie einen Spaziergang im Wald: unwegsames Gelände, Steine, Bäume, Sträucher, wenn Sie auf dem Weg bleiben, können Sie hoffen, an Ihr Ziel zu kommen. Doch wenn Sie vom Weg abkommen? Gehen wir lieber zum Einkaufen: Im Tante Emma – Laden können Sie noch Ihre Wünsche vortragen, doch heute gibt es diese Art des persönlichen kommunikativen Broterwerbs – im ursprünglichen Sinne – nicht mehr. Versuchen Sie einmal, in einem modernen Supermarkt die Regalreihen nach Ihren Lieblings-Cornflakes, -Puddings oder -Schokobonbons abzutasten. Und die Kleidungswahl? Wie erfährt man eine touristische Reise? Eine Bootsfahrt oder einen Besuch in einem Restaurant, inklusive Getränkeausschank gegen Bezahlung, alles bei absoluter Dunkelheit? Vieles ist heute sehr anonym und ich-bezogen, Blinde haben es nicht einfach. Diese schwierige Lebenslage zu meistern erfordert eine ungeheuere Konzentration auf das Gehörte und Ertastete und natürlich Mut und Erfahrung. Enttäuschungen bleiben nicht aus – darum helfen Sie, aber fragen Sie vorher. Das alles zu erleben, war schon eine kleine Exkursion wert – und abends ist Hamburg auch sonst interessant. Ein blinder Guide, bei uns eine sehr sympathische, seit ihrer Geburt blinde Dame, die man aber infolge der totalen Dunkelheit leider nicht zu sehen bekam, führte die bis zu 9 Personen starken Gruppen durch die Finsternis, Mit den bekannten weißen Stöcken wurde die unterschiedlichen Bodenarten, Stufen und Kanten, mit den Händen aber auch alle möglichen Gegenstände, wie Marktstände, Fahrrad, Auto, Straßenlampe und anderes mehr erkundet. Unser(e) Guide beantwortete freimütig Fragen aus ihrem Leben. Das »Sehen«, aber auch Farben etc., sind ihr gänzlich unbekannt. Wir Sehende können uns Derartiges nicht vorstellen. So ist sie z.B. bei der Auswahl ihrer Kleidung, wie auch beim Einkauf im Supermarkt auf die Beratung Sehender angewiesen, auf hilfsbereite und vor allem ehrliche Helfer. Andererseits verfügte unsere Führerin über ein phantastisches Gehör und hatte unsere Namen sogleich mit unseren Stimmen verbunden und gespeichert, so dass sie uns gezielt mit unseren Vornamen ansprechen konnte. Eine schwache, für uns aber zunächst grell blendende Lampe am Ende des Rundganges brachte uns wieder in die Welt des Sehens zurück. Lobenswert war der gelungene Eintrag der jungen angehenden Meister in das Gästebuch. Übrigens, die Ausstellung ist als Dauer-Veranstaltung konzipiert.

Autor: Dipl.-Ing. Ulrich Voogdt

 

 

FGH aktiv (To be Insider in 3 Minute n)

Erfolgreiche Aktionen
und neue Materialien

Frühjahr war bei der Fördergemeinschaft Gutes Hören (FGH) schon einiges los: Zahlreiche Landespolitiker ließen ihr Gehör von FGH-Partnern testen, zudem drehte sich eine Woche lang bei einem Frankfurter Fotografen alles ums Hören. Fertiggestellt wurden außerdem neue Vortragsmaterialien für die Schulung von AltenpflegerInnen.
Wie gut hören deutsche Politiker?

Die 1. Veranstaltung fand im März im kleinsten Bundesland Deutschlands, dem Saarland, statt. Landtags-Präsident Hans Ley brachte zu seinem Hörtest gleich ein Kamerateam des Saarländischen Rundfunks mit. Am Ende waren es 70 % aller Saarländischen Volksvertreter, die an der Aktion teilnahmen.

Im April folgten dann 2 Hörtest-Aktionen im Hessischen und Rheinland-Pfälzischen Landtag. Alle Fraktionsvorsitzenden der vier im Hessischen Landtag vertretenen Parteien besuchten den Stand der Fördergemeinschaft und ließen ihr Gehör testen. Der Hessische Rundfunk (Fernsehen und Hörfunk), RTL, RheinMain.TV, die Nachrichtenagentur dpa und die BILD-Zeitung berichteten über die Veranstaltung.

Im Landtag Rheinland-Pfalz kamen der Landtagspräsident Christoph Grimm sowie die Fraktionsvorsitzenden von SPD und CDU zum Hörtest. Auch dort erhielt die FGH Besuch von einem Fernsehteam (SWR) und einem privaten Radiosender. In allen drei Landtagen hörten rund ein Drittel der Volksvertreter nicht mehr optimal.

Weitere Hörtestaktionen in Landtagen finden im Mai in Niedersachsen und Bremen, im Juni in Thüringen statt. Im Herbst folgen Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern und Bayern.

Neue Schulungsmaterialien und moderne Hören-Fotos

Druckfrisch und ab sofort bestellbar für FGH-Partner sind die neu konzipierten Schulungsmaterialien für AltenpflegerInnen. Ziel dieser FGH-Schulungsunterlagen ist es, FGH-Partner bei bereits bestehenden Aktivitäten zu unterstützen und Pflegepersonal in Senioreneinrichtungen und Pflegeheimen für das Thema Hörminderungen und den Umgang mit Hörsystemen zu sensibilisieren. Erhältlich sind ein Power Point – Vortrag auf CD-Rom, Faltblätter und ein Leitfaden.
Das Ergebnis eines einwöchigen Fotoshootings mit professionellem Fotografen und Fotomodellen ist bereits im Internet zu bewundern und kann ab Juli auch als CD-Rom bestellt werden: Neue moderne Fotos rund um das Thema Hören.

Pressestelle der FGH
Dr. Christina Beste
Schuhmarkt 4 / D-35037 Marburg
Tel.: 0 64 21 / 29 36-0
Fax: 0 64 21 / 29 36-60
eMail: fgh@kilian.de

Geschäftsstelle der FGH
Untere Kanalstr. 1a / D-90530 Wendelstein
Tel.: 0 91 29 / 55 57
Fax: 0 91 29 / 97 79
eMail: fgh.gutes-hoeren.@t-online.de

GUTES HÖREN

 

 

 

»Lieber Frankie!« – poetisches Kinoerlebnis (To be Insider in 8 Minute n)

Kinofilm über die Gefühlswelt einer Familie und ihren gehörlosen Sohn:

 

Ein Juwel.
Voller Zärtlichkeit,
Tiefe und Weisheit.

HOLLYWOOD REPORTER

 

CANNES
FILM FESTIVAL
OFFICIAL SELECTION

 

TORONTO
INTERNATIONAL
FILM FESTIVAL
OFFICIAL SELECTION

 

LOS ANGELES
FILM FESTIVAL
OFFICIAL SELECTION

 

TRIBECA
FILM FESTIVAL
OFFICIAL SELECTION

Der neue Kinofilm »Lieber Frankie!« erzählt die bewegende Geschichte von Lizzy (Emily Mortimer) und ihrem Sohn Frankie (Jack McElhone) mit viel Gefühl, starken Momenten und in wunderbaren Bildern. Gefühlvoll zeigt Emily Mortimer die Schwierigkeiten einer jungen Mutter, die ihren Sohn mit aller Kraft zu beschützen versucht und aus diesem Grund eine Scheinwelt für ihn aufbaut. Gerard Butler zieht als mysteriöser Fremder die Zuschauer in seinen Bann. Jack McElhone mimt den introvertierten und doch unglaublich liebenswürdigen Frankie. Beim Festival de Cannes war »Lieber Frankie!« einer der großen Publikumshits und wurde überschwänglich gefeiert.

Kurzinfo

Der 9-jährige Frankie muss wie so oft in seinem Leben die Koffer packen und mit Mutter und Oma erneut von einem Städtchen in Schottland zum nächsten umziehen. Seinen Vater, der auf HMS »Accra« als Matrose um den Erdball reist, kennt er nur aus Briefen. Leidenschaftlich oft schreibt ihm der Junge und erzählt darin alles, was ihn bewegt.
Was Frankie nicht weiß – seine Mutter ist es, die ihm antwortet. Sie erwähnt später gegenüber dem Fremden, der seinen Vater mimen soll: »Dies sind die Momente, in denen ich seine Stimme hören kann und deshalb ermuntere ich ihn immer wieder, seinem Vater zu schreiben.« Mit bunten Briefmarken und exotischen Abenteuern schmückt sie diese Briefe aus. Mit der Geschichte über den Vater, die sie für den gehörlosen Jungen erfunden hat, versucht Lizzy, die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Doch als die »Accra« quasi vor ihrer Haustür vor Anker geht, muss sie sich entscheiden: Soll sie Frankie die Wahrheit erzählen – oder einen Mann suchen, der sich als Frankie’s Vater ausgibt – nur einen Tag lang …

Stille Welt

Um den Zuschauern die Probleme eines gehörlosen Neunjährigen näher zu bringen, werden diverse Beispiele aufgezeigt: So soll Frankie, kaum in der neuen Stadt angekommen, in den Fish & Chips – Shop gehen und Essen besorgen. In dieser Einstellung merkt der Zuschauer auch zum ersten Mal, dass Frankie gehörlos ist. Seine Mutter schreibt ihm die Besorgungen auf ein Blatt Papier. Als Frankie den Raum verlässt, bittet seine Oma Lizzy: »Er hat so eine schöne Stimme, bitte ermuntere ihn zu sprechen,« Doch Frankie spricht während des gesamten Filmes nur ein einziges Mal und seine Lautsprache lässt sehr zu wünschen übrig. Das Hörgerät ist eher ein Schubladen-Gerät, bis seine Mutter ihn inständig bittet, es doch regelmäßig zu tragen. Im Laufe des Films wird die zunächst ungeliebte Hörhilfe regelmäßig getragen. Immer wieder erwähnt die Mutter, er sei Weltmeister im Lippenlesen.
An seinem 1. Schultag, in einer Regelschule, bereitet die Lehrerin die Kinder auf Frankie vor. Sie fragt die Kinder, wie sie sich denn Taubheit vorstellen. Darauf ein Junge: »Wunderbar, dann hört er nicht das Gemecker seiner Mutter.«

Der Film hat die Grundtendenz eines zwischenmenschlichen Dramas, doch ein wenig beinhaltet er auch Aspekte eines Mystery-Thrillers, denn dass Lizzy sich versteckt, merkt man nicht alleine daran, dass sie immer wieder umzieht, sondern an den immer wieder ins Bild gebrachten Zeitungsannoncen mit ihrem Bild und der ins Auge springenden Unterzeile »Vermisst«. Nach und nach drängen sich dem Zuschauer Fragen auf wie: »Warum ist Frankie taub?«, »Was ist mit Frankie’s richtigem Vater?«, »Wer ist der Fremde?«, »Warum ziehen die drei immer wieder um?«, »Warum wird die Vermisstenanzeige von Lizzy immer wieder in der Zeitung veröffentlicht?«.

Keine Sorge – am Ende des Films werden alle Fragen beantwortet (der Auflösung wollen wir hier nicht vorgreifen) und der Zuschauer verlässt den Filmsaal mit ein paar Tränen im Augenwinkel, aber auch mit einem Schmunzeln auf den Lippen. Auf Spezialeffekte und großes Brimborium wird in dem Streifen gänzlich verzichtet, dafür steht das Zwischenmenschliche im Mittelpunkt. Die Geschichte überzeugt durch ihre brillanten Darsteller, in vielen Augenblicken wird in diesem Film nicht gesprochen, sondern durch Gestik und Blicke die Sprache ersetzt.

Film-Fakten

Großbritannien, 2004
Originaltitel: »Dear Frankie«
Regie: Shona Auerbach
Darsteller: Emily Mortimer, Gerard Butler, Jack McElhone, Sharon Small, Mary Riggans
Prädikat: besonders wertvoll
FSK: ohne Altersbeschränkung
Länge: 105 min.

Hintergrund-Information

Andrea Gibb ist die Drehbuchautorin. Sie verrät, dass sie es als Autorin schätzt, gewisse Aspekte aus ihrem eigenen Leben in ihre fiktiven Stoffe einzuarbeiten. Die Figur des Frankie macht da keine Ausnahme, denn sie hat einen tauben und stummen Cousin, mit dem sie groß geworden ist. Gibb stellte für die Drehbucharbeit intensive Recherchen an und suchte immer wieder Rat bei einem Taubstummen-Lehrer.

Shona Auerbach (Regie, Kamera) erläutert, dass sie sich noch gut erinnert, wie Andrea Gibb bei der Arbeit am Drehbuch vorschlug, dass Frankie taub sein könnte. Das empfand sie als sehr mutig, und sie war aufgeregt, denn vor nicht allzu langer Zeit hatte sie 1 Jahr lang die Zeichensprache tauber Menschen gelernt. Wichtig war ihr, dass nicht nur Jack, der den Frankie spielt, sondern alle Kinder mit Rollen in dem Film soviel wie möglich über gehörlose Menschen wussten. Bei den Proben unterhielten sie sich darüber, wie es sich wohl anfühlt, wenn man nicht hören kann. Darüber hatte zuvor noch keiner der jungen Darsteller einen Gedanken verloren. Die Regisseurin ließ sie beim Spielen einen nach dem anderen überlegen, wie sie sich verhalten würden, wenn sie taub wären. Das war interessant, weil sie sich voll und ganz auf ihre Vorstellungskraft verlassen mussten. Dann verbrachten sie einige Zeit in einem Club für gehörlose Jugendliche. Das hat am meisten gebracht, denn ungeheuer schnell lernten die Kinder zu adaptieren und gezielt Augenkontakt zu suchen, sowie mit ihren Teammitgliedern mithilfe von Handzeichen zu kommunizieren.

Als die Dreharbeiten begannen, wurden zwei taube Berater angestellt. Als Frankie’s Mutter Lizzy musste Emily Mortimer ebenfalls in der Lage sein, in Zeichensprache zu kommunizieren. Sie besuchte eine Freundin in Amerika, die einen 3-jährigen gehörlosen Sohn hat, und ließ sich unterrichten. Sie hat intensiv den Umgang zwischen Mutter und Sohn studiert und beschreibt diese Beziehung als besonders eng.

Autorin: Anja Werner

 

 

 

American Academy of Audiology in Washington D.C. (To be Insider in Minute n)

Selbstbewusst und engagiert

Auf ihren verschlungenen Wegen durch die U.S.A. ist die A.A.A. Rotations-Karawane diesmal im Zentrum der politischen Macht angekommen. Washington D.C. (das D.C. steht für District of Columbia – es gibt auch noch einen Bundesstaat Washington, aber der liegt an der Westküste) macht auf den Besucher (von denen im Jahr 20’000’000 hierher kommen) prima vista einen sehr großzügigen Eindruck. Hier wurde ein stadtplanerisches Gesamtkonzept konsequent in die Tat umgesetzt – Washington ist die 1. geplante Hauptstadt der Welt. Es leben hier, wer hätte das gedacht, etwa gleichviel Einwohner wie in Stuttgart, ansonsten weisen beide Städte keine weiteren Ähnlichkeiten auf.

3 Takte über Washington

Von den rund 580’000 Einwohnern sind 70% schwarz, was dem Besucher aber kaum auffällt, weil er sich vorwiegend in den von Weißen dominierten Vierteln aufhält. Das professionelle Gesicht Washingtons ist konservativ, was daran liegen mag, dass hier so viele Anwälte (50’000!) zugange sind.
In den zahllosen Bars trifft man am Abend jede Menge junge, fröhliche Regierungsangestellte, die eine optimistische Atmosphäre verbreiten, wie überhaupt in den U.S.A. das von zuhause gewohnte Jammerklima völlig zu fehlen scheint.

Einst war Washington bei vielen Politikern nicht besonders beliebt. John F. Kennedy soll bemerkt haben, die Stadt verbinde die Effizienz der Südstaaten mit dem Charme der Nordstaaten: nichts würde funktionieren, und die Bewohner seien obendrein noch unfreundlich. Doch das hat sich inzwischen wohl zum Besseren gewendet, denn die lange verspottete Kapitale ist mittlerweile ein international anerkanntes Kulturzentrum mit zahllosen Events und Festivals, dazu einer hervorragenden Gastronomie.

Nirgendwo kann man Kultur so preiswert bis gratis bekommen wie in der Kapitale am Potomac River – es gibt mehr als 60 Sehenswürdigkeiten und Museen, die keinen Eintritt kosten. Dass dem so ist, verdanken die Einwohner und Besucher der Stiftung Smithsonian Institution. James Lewis Smithson war … Engländer!

Und er ist nie in Amerika gewesen! Aber bei seinem Tod im Jahr 1829 hat er sein beachtliches Vermögen ausgerechnet der amerikanischen Hauptstadt überlassen. Man vermutet, dass er damit gegen die verstaubte englische Klassengesellschaft protestieren wollte. 75 Jahre nach seinem Tod ist der Herr doch noch in die U.S.A. gekommen, denn seine Gebeine ruhen heute im Smithsonian Institution Building (The Castle) in Washington.

Machtvolle Demonstration

So war es nur eine Frage der Zeit, bis die American Academy of Audiology (A.A.A.) aufihrer Convention-Tour – West – Mitte – Ost – in der U.S.- Hauptstadt tagen würde. Und diese Tagung geriet zu einer machtvollen Demonstration einer Organisation, die vor Selbstbewusstsein aus allen Nähten platzt.

Man will in diesem Jahr auf 10’000 Mitglieder kommen, verriet uns die stets auskunftsbereite Pressesprecherin der A.A.A., Sydney Davis. Und man ist auf dem besten Wege hierzu. Über 75 % der Mitglieder sind weiblich, über 50 % haben einen Masters Degree, und während ca. eine Hälfte zwischen 21 und 40 Jahren alt ist, bildet die Gruppe zwischen 40 und 60 Jahren die andere Hälfte. Aber man hat den Eindruck, dass vornehmlich die Jungen zum Kongress kommen (Hört, hört!).
Laut Information des A.A.A.-Pressebüros wurden in diesem Jahr ca. 6’500 Teilnehmer gezählt.

Dass sich die U.S.-Audiologen aktiv in die amerikanische Gesundheitspolitik einmischen, weiß man nicht erst seit heute. Schon im vergangenen Jahr in Salt Lake City war der »Direct Access« (so eine Art Initiativrecht) ein wichtiges Thema. Diesmal nun hatte man den Senatoren und Abgeordneten signalisiert, man möge sich am Mittwoch bereithalten, weil die Audiologen sie zu sprechen wünschten. Und so zogen die Kongressteilnehmer in Richtung Capitol Hill, um dort ihr Anliegen bei denjenigen, welche die Gesetze machen, vorzutragen. Man stelle sich etwas ähnliches in Deutschland vor!

Dass die Infrastruktur in Washington für einen großen Kongress hervorragend ist, bedarf keiner besonderen Erwähnung. Ein großes freies Feld mit ein paar Trümmerresten erinnert an das alte Kongresszentrum, welches abgerissen wurde, weil man ein neues und schöneres haben wollte. Dies steht seit kurzem unweit der alten Tagungsstätte, stellt aber nicht gerade ein architektonisches Glanzlicht dar. Zweckmäßig jedoch ist es allemal und wirkt mit seinen Raumgrößen gelegentlich ein wenig beklemmend. Aber alles vor die Türe. funktioniert. Zum Rauchen geht man vor die Türe.

Von schick bis angestaubt

Im Umkreis des Walter E. Washington Convention Center’s, meist nur wenige Gehminuten entfernt, liegen die Hotels mit ihren riesigen Gästekapazitäten. Nicht alle sind so schick und modern wie das Hyatt, in dem ich untergekommen war. Peter David Schaade hatte mit dem Marriott eine leicht angestaubte Herberge erwischt. Wem der Weg zum Kongresszentrum zu weit oder wegen des regnerischen Wetters zu feucht war, konnte den kostenfreien Shuttle benutzen, den – wie in all den Jahren zuvor – der Sponsor Widex zur Verfügung stellte.

Die Eröffnungsveranstaltung stellte für einen, der schon zahlreiche deutsche Ereignisse dieser Art mitgemacht hat, ein Schockerlebnis dar. Als ich gegen 10 Uhr in Richtung Festsaal strebte, waren außer mir nur wenige Leute unterwegs, und ich hatte schon das beklemmende und eigenartig vertraute Gefühl, in eine halbleere Halle zu geraten. Aber der Mensch kann sich täuschen. Denn als ich in den riesigen Raum kam, waren dort bereits über 2’500 Teilnehmer versammelt. Kein Stuhl mehr frei.

Disziplin ab der Eröffnung

Punkt zehn Uhr ging’s los. Alle erheben sich, die Fahnen der verschiedenen Waffengattungen werden hereingetragen, jemand singt die Nationalhymne, die Fahnen marschieren wieder ab. Ich möchte hier beileibe keine Handlungsanweisung für deutsche Kongresseröffnungen ableiten, aber der Unterschied fällt schon schmerzlich auf, vor allem, was die Disziplin des Publikums angeht. Die ganze Veranstaltung dauerte genau 2 Stunden, währenddessen haben etwa zwei Dutzend Leute den Saal vorzeitig verlassen.

Nachdem die diversen Funktionäre Rechenschaft abgelegt hatten, diverse Ehrungen und Medaillen-Überreichungen bei zum Teil stehenden Ovationen zelebriert worden waren, alles kurz und zackig, wurde die Kongressstadt des kommenden Jahres (Minneapolis) in einer flotten Power Point – Präsentation vorgestellt. Auf großen Bildleinwänden konnte jeder in der Halle das Geschehen gut verfolgen. Die Akustik war exzellent. Und die Redner sprachen offenbar alle frei – der Teleprompter macht’s möglich.

Und dann kam der Senator Tom Harkin, ein bekannter Gesundheitspolitiker, der sich seit Jahren für Verbesserungen im amerikanischen Gesundheitswesen einsetzt. Er sagte den Anwesenden genau das, was sie hören wollten, und er sagte es glaubhaft. Die Audiologen wollen erreichen, dass Schwerhörige künftig nicht zuerst zum Hals-Nasen-Ohrenarzt gehen müssen, wenn sie eine Hörgeräteversorgung mit Kassenbeteiligung wünschen, sondern dass sie gleich zum Audiologen gehen dürfen (Direct Access). Die Angelegenheit ist weit gediehen und bereits im Gesetzgebungsverfahren. Neben Tom Harkin sind eine Reihe weiteren Senatoren, Demokraten wie Republikaner, auf Seiten der Audiologen und unterstützen deren Vorstellungen.

Als sogenannte Keynote Speakers hatten sich die Veranstalter ein seltsames Paar ausgeguckt: James Carville und Mary Matalin.
Die beiden sind bekannte Persönlichkeiten in den U.S.A., man kennt sie als Buchautoren, als Fernsehkommentatoren, als Journalisten. Beide beraten führende Politiker bis hoch zum Präsidenten. Sie ist strikt republikanisch, er absolut demokratisch. Und beide sind miteinander verheiratet. Ihre Darbietung, ein politischer Disput, war für einen Gast aus Europa ein bisschen zu ausschweifend. Aber den Leuten hat’s offenbar gefallen, denn fast alle blieben sitzen.

Die ganze Eröffnungszeremonie war eine politisch geprägte Veranstaltung. Immer wieder wurden die Teilnehmer aufgerufen, auf ihre Abgeordneten Einfluss zu nehmen. Geld sollen sie sammeln, um die ihnen genehmen Politiker zu unterstützen: »Ein Scheck auf dem Konto Ihres Abgeordneten ist eine hervorragende Investition.« In Amerika gehen die Uhren eben anders.

European global players dominate

Die Industrieausstellung schien mir im Vergleich zum Vorjahr ein bisschen kleiner, war aber trotzdem von beeindruckender Größe. Dominierend wieder die europäischen Global Player, fast überall gibt’s was zu gewinnen, iPod’s sind in diesem Jahr der große Renner. Aber nirgends wird Kaffee ausgeschenkt – da hat sich wohl (siehe Bericht aus dem Vorjahr) der Hallengastronom durchgesetzt.

Am Stand von Starkey trifft man, wie jedes Jahr, einen strahlenden Bill Austin, der dort schon fast wie eine Ikone wirkt. Sein neuester Hit nennt sich »da Vinci« und soll solchen Patienten helfen, die eigentlich schon für ein CI in Frage kommen. Auch das bereits in Deutschland vorgestellte »Aspect« ist einer der Hoffnungsträger von Starkey.

Von Oticon erwartet man inzwischen fast jede Woche eine Neuheit, und natürlich ist man auch nach Washington nicht mit leeren Händen gefahren. Für’s Syncro gibt es bereits ein update, eine Power-Variante mit DataLogging-Funktion. Dazu kommt noch ein »automatischer Anpassungsmanager«, der hoffentlich den Akustiker nicht völlig arbeitslos macht… Und da sind noch »Tego« und »Tego Pro« – sehr viel Leistung im Mittelpreissegment. Torben Lindø schien sichtlich vergnügt und zufrieden.

Interton, wo Hellmuth Türk wieder stärker in der Pflicht ist, führt das bereits in Deutschland vorgestellte Produkt »Bionic« nunmehr in den U.S.A. ein. Nach einem, wie Herr Hörning sagte, überraschenden Erfolg in Deutschland blickt man bei Interton zuversichtlich in die Zukunft.

Auch am Stand von Hansaton, wo die Herren Fischer jr. und Weiß Stall- wache halten, freut man sich über eine zufriedenstellende Resonanz. Da Amerika vorwiegend ein ImOhr-Markt ist, legt man hier das Gewicht auf ein semi-modulares Produkt namens »Fusion«.

Bei Bernafon war ein schickes BMW-Cabrio zu sehen, anbieten will man aber auch weiterhin Hörgeräte. Swiss Ear nennt sich ein neues Produkt für total offene Versorgung mit kanalfreier Signalverarbeitung. Die Werbeaussage zu dieser Novität lautet: »Very Heidi«, worunter sich jeder vorstellen darf, was ihm gerade in den Sinn kommt, z.B. einen Gruß vom Geisenpeter. Dann gibt es das schon bekannte »Symbio« und dazu noch ein neues digitales Gerät in der Einstiegsklasse, welches »Win« heißt.

Bei Siemens war – natürlich – »acuris« der Mittelpunkt des gut besuchten Standes, während bei ReSound ein Produkt names »Metrix« die Attraktion darstellte. »Wir haben den Code geknackt« behaupten die Münsteraner resp. Kopenhagener. Bei Phonak hingegen ist es natürlich die weiße Eule, um die sich seit Wochen alles dreht. Am Widex-Stand, wo wie bei nahezu allen anderen Ausstellern verbissen gedaddelt wurde, war – neben dem neuen Produkt »élan« – der Fokus wieder auf Senso Diva gerichtet. Die Ruhe vor dem Sturm?

Einen relativ großen Ausstellungsstand mit einer gewaltigen Freitreppe, die einem Hollywood-Ausstattungsfilm entlehnt zu sein schien, leistete sich Newcomer Sonic Innovations. Da dessen Produkte in Deutschland – und nur in Deutschland – nicht über den Fachakustiker, sondern lediglich im verkürzten Versorgungsweg angeboten werden, was man auch beibehalten möchte, sind sie für unsere Leserschaft nicht von Interesse.

Meetingpoint A.A.A.

Von Frankfurt aus kann man täglich mehrere Male direkt nach Washington fliegen, was aber offenbar nur für wenige deutsche Kongressbesucher einen Anreiz darzustellen vermochte. Das deutsche Kontingent war heuer fast so dünn wie voriges Jahr in Salt Lake City, wenn man von ein paar »geladenen« Gästen (»I buy where I fly«) einmal absieht.

Aber wenigstens eine V.I.P. aus Good Old Germany war zu begrüßen: Prof. Ludwig Moser, der seit kurzem emeritierte, schaute in Washington vorbei, ehe er sich auf den Weg in die Südstaaten machte, um dort im Sattel einer Harley nunmehr das freie Leben zu genießen.

Den Veteranen Winfried Katz aus Kreuztal traf ich im Foyer, wo er sich bitter darüber beklagte, dass auf der hiesigen Ausstellung keine Kinder zugelassen sind. Der deutsche Kongress sei da viel kinderfreundlicher. Herr Katz hat inzwischen seinen Aktionsradius ausgeweitet und bearbeitet nun den Markt in der Türkei.

Einer der treuesten Kongress-Besucher aus Germany, Martin Blecker, musste vorzeitig wieder abreisen, weil seine Pro Akustik sinnigerweise für das Wochenende ein großes Meeting anberaumt hatte. Und als eine kleine Akustiker-Delegation, die sich von Siemens die Sehenswürdigkeiten der Gegend hatte zeigen lassen, am Samstag schließlich auf der Ausstellung erschien, waren die deutschen Manager Peter Schaade und Stefan Lengning bereits wieder auf dem Heimflug. Perfektes Timing… Der Samstag erwies sich übrigens, nach einem sehr guten Donnerstag und einem mäßigen Freitag, als ziemlich schwacher Ausstellungstag.

Notizen vom Kongress-Geschehen …

Nach wie vor ist das A.A.A.-Vortragsprogramm schier unüberschaubar. Etwa 250 »Presenter« tummeln sich auf der Liste, und die Themen enthalten alles, was auch nur im entferntesten für einen Audiologen von Interesse ist. So kann man u.a. auch erfahren, wie man ein Geschäft oder eine Praxis einrichtet, oder wie man zu seinem Geld kommt, wenn sogenannte third party’s (Krankenkassen) im Spiel sind.

Was bei unserem letzten Kongress in Frankfurt am Samstag als Industrie-Workshops stattfand (und nicht besonders erfolgreich war) ist in den U.S.A. ins Vortragsprogramm integriert. Es gibt anscheinend keine Berührungsängste gegenüber der Industrie, die mit zahlreichen Referenten das Programm auffüllt.

Eine zusätzliche Aktivität der A.A.A. war auch in diesem Jahr ein Seminar für die Einwohner der Kongressstadt. Zu den Themen Gleichgewichtsstörungen, Zusatzgeräte zum Hören im Alltag, Lärmvermeidung u.a. wurde gegenüber vom Kongressgebäude im Renaissance Hotel ein Workshop für jedermann abgehalten, der allerdings – wohl wegen des sehr unfreundlichen Wetters – ziemlich schwach besucht war. Um so glänzender war die Besetzung des Podiums, wo hochrangige Militärs aus dem nahen Walter Reed National Military Medical Center zu den Referenten zählten. Auch direkt auf dem Kongress waren die Mediziner der Army präsent: »Lektionen vom Schlachtfeld. Vom Krieg in die Sprechstunde.« Hier ging es um Armee-Veteranen, die aus dem Mittleren Osten mit Schädigungen des Gehörs zurückgekehrt sind.

… und vom Rahmenprogramm

Das übliche Party-Gewimmel am Freitagabend gehört natürlich untrennbar zur Convention, und diesmal war auch Widex als Großveranstalter wieder mit von der Partie. Man ist ernsthaft bemüht, ins Guinness-Buch der Rekorde zu kommen: »Die lauteste Party aller Zeiten!« Da muss man gar nicht erst in den Irak-Krieg ziehen.

Einer der Gäste, mit dem ich ins Gespräch kam, war der Meinung, ich sei aus Brooklyn. Er glaubte dies aus meinem Dialekt schließen zu können. Seitdem grüble ich, ob ich mich darüber freuen oder deswegen beleidigt sein soll.

Des Schreibers Fazit

Als Fazit der A.A.A.-Convention bleibt festzuhalten: Eine hochpolitische Veranstaltung, die neben zahlreichen fachlichen Themen ganz klar die Stoßrichtung vorgibt: Emanzipation vom HNO-Arzt. Dabei zieht die gesamte Organisation augenscheinlich an einem Strang. Man ist gut aufgestellt, hat seine Verbündeten in der hohen Politik und besitzt ein enormes Selbstvertrauen, welches fast greifbar in der Luft liegt. Fachlich gibt’s für uns in Übersee kaum was zu lernen, aber ansonsten …

Autor: Gerhard Hillig

 

 

 

»Technologie im Dienste der Kundenzufriedenheit« (To be Insider in 12 Minute n)

Markteinführung von GN ReSound Metrix™

Im Rahmen einer beeindruckenden Industriekulisse präsentierte GN ReSound am 9. Mai das neue Hörsystem ReSound Metrix™ in Essen. In der Zeche Zollverein, genauer, in den Hallen des red dot design museums, fand die offizielle und symbolische Übergabe des Systems von Konzernchef Jesper Mailind an Rienk Keuning, ReSound-Geschäftsführer Deutschland, statt. Damit ist der deutsche Markt ab sofort um ein HighEnd-Hörsystem reicher.
Zwischen Geschichte und Aufbruch

Sich die Frage zu stellen, wieso ein Unternehmen gerade diesen oder jenen Ort zur Präsentation seiner Produkte wählt, kann mitunter interessante Ergebnisse hervorbringen. Manche Orte verfügen über eine eigene Symbolkraft, sie schlagen Brücken zwischen Tradition und Innovation.
So steht die Zeche Zollverein für die Wirtschaftskraft vergangener Zeiten; schon bald nach ihrem Bau 1932 wurde sie zur leistungsstärksten Zeche weltweit. Seit ihrer Stilllegung 1986 gilt sie als beachtliches Denkmal der Industriekultur. Von den Vereinten Nationen 2001 zum Weltkulturerbe erhoben, ist sie trotz ihrer historischen Bedeutung zugleich ein Symbol für Innovation.
Im Zuge des Vortrages von Konzernchef Jesper Mailind kam deutlich zum Ausdruck, dass man bei [der] GN Hearing GmbH über Traditionsbewusstsein verfügt, schließlich reichen die Wurzeln des Unternehmens weit zurück. Der Verdacht liegt nahe, dass der Schlüssel für diese gewachsene Tradition nicht zuletzt in der hohen Innovationskraft des Unternehmens liegt.
Ein weiterer Punkt mag für den Standort gesprochen haben: Die Zeche Zollverein ist zugleich Treffpunkt für Design, Kultur und Wirtschaft. Auf dem riesigen Gelände befindet sich unter anderem das Design-Zentrum Nordrhein-Westfalen e.V. mit dem red dot design museum. Es ist die weltweit größte Ausstellung zeitgenössischen Designs. Zu den Ausstellungsexponaten gehört auch das Hörsystem ReSound AIR™. Es erhielt den Red Dot Award 2004 für beste Designqualität.
Wie sich zeigen sollte, hat sich das Unternehmen nicht auf seinen Lorbeeren ausgeruht, es erhebt den Anspruch, dem Markt auch künftig mit außergewöhnlichen Produkten Impulse zu geben.

Gute Aussichten

Wie Jesper Mailind, Präsident und CEO der GN Group, ausführte, soll auch Metrix™, das jüngste Kind des Hauses, dazu beitragen, die Lebensqualität für den Hörgeräteträger zu verbessern. Stets stünden nicht nur die Endverbraucher-Zufriedenheit, sondern auch die Zufriedenheit des Hörgeräte-Akustikers im Mittelpunkt der Unternehmens-Aktivitäten. Mit ReSound AIR™ habe man bereits zahlreiche Designpreise gewonnen und der Wettbewerb bemühe sich, das Produkt zu kopieren.
Das Unternehmen durchbreche Barrieren. Liege beispielsweise das Erstversorgungs-Alter im Durchschnitt bei 69 Jahren, so sei es mit den Produkten aus seinem Hause gelungen, dieses Alter auf 61.62 Jahre herabzusenken. Darüber hinaus habe man eine hohe Innovationsrate aufzuweisen. Er nannte die Einführung der Hörsysteme Canta (2001), ReSound Air™ (2003), Canta Open (2004) und schließlich ReSound Metrix™ als wesentliche Meilensteine der Firmengeschichte.

Entsprechend positiv sieht man in die Zukunft. Man kann davon ausgehen, dass ab den Jahren 2008/2009 die geburtenstarken Jahrgänge, die »Babyboomer«, in das Alter der Erstversorgung kommen und damit ist mit einem großen Wachstum des Marktes zu rechnen.
Seine Ausführungen endeten mit der symbolischen Übergabe von Metrix™ in die Hände von Rienk Keuning, dem Geschäftsführer von ReSound Deutschland. Damit wurde der offizielle Teil der Veranstaltung feierlich besiegelt.

Die 5. Generation

Die Besonderheiten des neuen Hörsystems, der fünften Hörgeräte-Generation aus dem Hause, wurden von Henrik Wibolt, Senior Vice President, und von Dr. Bernhard Dannhof, Leiter Produkt-Management und Marketing von GN ReSound Deutschland, im Rahmen einer ausführlichen Präsentation dargestellt.
Bei der Entwicklung von Metrix™ galt es, einerseits den hohen Ansprüchen an das Design gerecht zu werden und andererseits ein System hervorzubringen, das bestes Sprachverstehen auch unter akustisch schwierigen Bedingungen bietet – zugleich sollte durch eine offene Lösung der zumeist als unangenehm empfundene Verschlusseffekt vermieden werden. Metrix™ soll über eine Reihe einzigartiger technologischer Features verfügen.
Die Besonderheit der im Folgenden vorgestellten Produktfeatures liege nicht allein in deren Konzeption und Realisation, sondern vor allem in deren harmonischem Zusammenwirken. Das letztlich sei der Schlüssel für das große Plus an Lebensqualität und Hörkomfort, für das Metrix™ stehe.

Das neue Hörsystem verfügt über eine so genannte Realitätsbasierende Dynamische Direktionalität, die auf Sprache von vorn fokussiert ist. Wird der Hörgeräteträger angesprochen, konzentriert sich das Gerät automatisch auf die Worte des Gegenübers. Dies geschehe, ohne dass der Hörgeräteträger das überhaupt wahrnehme. Darüber hinaus kann das System auch mehrere, sich schnell bewegende Störgeräusche verfolgen und lässt dann unerwünschte Stimmen oder Störgeräusche verblassen. Diese Technik soll es ermöglichen, dass der Hörgeräteträger genau das hört, was er hören möchte.

Ferner enthält das System einen DualStabilizer™, eine Rückkopplungs-Unterdrückung. Das Besondere daran: Sie schließt erstmals beide Mikrofone mit ein. Das erlaube entspanntes Hören ohne Rückkopplungs-Pfeifen oder reduzierte Verstärkung.

Auch im Hinblick auf die Klangqualität soll Metrix™ einiges Neues zu bieten haben: Ein NoiseTracker™ sorgt für eine automatische Störgeräusch-Reduzierung; eine 17-kanalige Warp-Signalverarbeitung für einen klaren und natürlichen Klang. Laut Hersteller werde der Klang, ob eigene oder fremde Stimme, unverfremdet und ohne Verzerrungen wiedergegeben, wobei Störgeräusche akustisch in den Hintergrund treten. Damit soll es dem Hörgeräteträger ermöglicht werden, sich mühelos auch in akustisch anspruchsvollen Situationen auf die Sprache zu konzentrieren.

Intelligente Datenbank im Dienst der Anpasspräzision

Integriert in ReSound Metrix™ ist ein OnboardAnalyzer™. Er registriert jede Hörsituation in mehr als 200 Variablen. Nimmt der Träger Programmwechsel vor oder ändern sich andere Parameter, wird das von der Datenbank gespeichert. So werden die spezifischen Bedürfnisse und Hörgewohnheiten des Hörsystemträgers kontinuierlich registriert. Das gesammelte Datenmaterial schließlich ist eine wertvolle Hilfe für den Hörgeräte-Akustiker, der Metrix™ so einstellen kann, wie es dem Hör-Alltag des einzelnen entspricht, da das Gerät erkennt, in welcher speziellen Hör-Situation sich der Hörgeräteträger befindet.

In den meisten Fällen kann Metrix™ so angepasst werden, dass der Gehörgang offen bleibt, aber auch bei einer geschlossenen Anpassung soll das System hohen Tragekomfort bieten.

Innovativ informativ

Einen feinen Akzent im Programm setzte der sehr lebhafte Vortrag von Professor Dr. Heinz Riesenhuber zum Thema Innovation. Als ehemaliger Bundesminister für Forschung, Technologie und Raumfahrt (von 1982 bis 1993) hatte er einiges zum Thema zum Besten zu geben. Er schlug einen Bogen von der griechischen Philosophie bis heute und nannte als wesentliches Merkmal der Innovation den Durchbruch in die Welt des Machbaren. Denn es zeigt sich erst in der Umsetzung einer Idee, dass man deren Grundprinzipien verstanden habe. Wer immer Verständnis für neue Erkenntnisse aufbringe und in der Lage sei, diese in Produkte umzusetzen, habe die Nase vorn.
Getragen werden Innovationen stets von einzelnen Menschen, die dafür kämpfen, ihren Ideen Taten folgen zu lassen. Er hegte deutliche Zweifel daran, dass Innovationen im Rahmen einer geregelten 38 Stunden-Woche zur Entfaltung gebracht werden können.
Wer etwas ändern, etwas entwickeln und umsetzen möchte, sollte auch die Freiheit dazu haben. Der Staat tue gut daran, wenn er die Leute einfach in Ruhe arbeiten lasse. Nicht ganz unberechtigt ist seine hypothetische Frage, wie wohl die Karriere eines Bill Gates in Deutschland ausgesehen hätte, Gates hatte seine Ideen anfangs in einer Garage ausgetüftelt. In Deutschland hätte das sicherlich Probleme gegeben, denn schließlich gebe es hier ja eine Garagenverordnung, von der Arbeitsplatzverordnung ganz abgesehen. Er plädierte für eine Welt, die offen sein sollte, die optimale Bedingungen für Innovationen schaffe. Als unerwünschten Gegenentwurf dazu nannte er China, wo der Zugriff auf Wissen verweigert und staatlich kontrolliert wird.

Er thematisierte unter anderem die nicht-kommerzielle Organisation des Club of Rome, und dessen legendäres Buch Die Grenzen des Wachstums, das 1972 erschien. Die in dem Werk enthaltene Systemanalyse kommt zu dem Schluss, dass innerhalb des betrachteten Zeitraums bis zum Jahr 2100 das Volumen menschlichen Wirtschaftens seine Wachstumsgrenze erreichen wird. Damit sei die menschliche Existenz im geschlossenen System der Erde in Gefahr.
Riesenhuber merkte an, dass die dort beschriebenen 270 Regelkreise zwar sehr schlüssig sind, man nicht ins Kalkül gezogen habe, dass der Mensch inzwischen Lösungen zu verschiedenen Szenarien entwickelt habe und nannte die Umwelttechnologie als Beispiel. Er versteht die Ressource Wissen als immer größer werdend und sieht diese als Potenzial, das stets Neues hervorzubringen in der Lage ist. Somit gibt es für Wachstum keine Grenzen.

Kulturelles Schmankerl

Am Ende der Veranstaltung hatten die Besucher Gelegenheit, sich von modernem Design inspirieren zu lassen. Denn eine interessante Führung durch das red dot design museum rundete das Programm ab. Sie wurde von vielen Gästen gerne angenommen.

Autorin: Claudia Pukat